Die Shopping-Prinzessinnen
der kommenden Modewoche gewidmet, sagte Gerard. Es zeigte die Geschichte der Mode vom Höhlenmenschen bis zum recherché.
Gerard schien sich ziemlich für Evie zu interessieren. Er ließ sich ihre Nummer geben und versprach, er würde sie anrufen.
Nach dem Abendessen machten wir einen langen Spaziergang am Seineufer mit Toy, wo mich wieder eine fatale Melancholie überfiel – eine Mischung aus Jetlag, völlig überraschendem Heimweh (vermisste ich echt meine Eltern?) und schrecklichem Liebeskummer.
Nach einem weiteren Versuch, meine Gefühle en détail aufzudröseln, kehrten wir Chez moi zurück. Am Ende sahen wir uns mit Leslie den Paten an und knabberten dazu sein selbst gemachtes französisches Popcorn – besser und süßer als Cracker Jacks. Délicieux!
Und Gerard? Der hat tatsächlich angerufen!
Am Ende war es trotz allem ein höchst erfreulicher Tag.
Kapitel 3
Auf Rädern gegen das Wolfes-Rudel
Datum: 20. Juni
Tick des Tages: Pink
Ich habe eine pathologische Schwäche für Pink. Ich war schon immer überzeugt, dass Pink echte Sektlaune macht. Ich meine, wie kann man so voller Optimismus wie moi sein und dann kein Pink mögen?
I ch war ziemlich nervös, als ich Tante Tamaras niedlichen Smart über das Kopfsteinpflaster zu Hautelaw Paris (HLP) steuerte. So ein Smart ist ganz ideal für die Stadt. Und wenn ich mir vorstellte, wie ich in diesem schicken Flitzer die Avenue runtersauste, dann fand ich mich total süß.
Gleich an meinem ersten Arbeitstag hatte ich drei verschiedene Aufgaben: Als Erstes musste ich an den Ausstellungsständen auf der Première Vision, die Mick mir genannt hatte, Muster und Stoffproben
abholen. Außerdem sollte ich mit meiner Videokamera schicke Pariserinnen und Schaufenster der bekanntesten Modehäuser einfangen. Und schließlich musste ich noch meinen Arbeitsplatz im neuen Hautelaw- Büro organisieren. Nachdem ich etliche Stunden mit den ersten beiden Aufgaben verbracht hatte, wurde es Zeit, bei HLP aufzuschlagen.
Zuerst knallte ich mal in ein Schlagloch, als ich zum Quai kam – der großen Promenade am Ufer der Seine. Nach Ansage von Spring hatte HLP dort ein kleines Büro, und ich wusste jetzt schon, dass es ganz extrem schnuckelig sein würde. Ich fuhr im Schatten der Bäume dahin. Links standen vornehme alte Häuser mit massenhaft kleinen Cafés und Boutiquen. Rechts lag eine ganze Flotte von bunten Hausbooten in allen Größen und Formen am Ufer des Flusses vertäut. Was konnte französischer sein? Ich sah mich schon in meinem megaschicken Büro sitzen und auf diese niedlichen kleinen Läden, die Bäume und die Boote hinunterschauen, über denen der Himmel von Paris sich bis an die Grenzen des Sommers erstreckte.
Hastig versteckte ich meinen Reiseführer (Paris for Dummies) im Handschuhfach und zog den Zettel
hervor, auf dem mir Georges eine kleine Skizze gemacht hatte. Nach seinen Angaben hatte die Nr. 226 einen herrlichen Blick auf das Musée de l’Orangerie, den Jardin des Tuileries und den Eiffelturm. Während ich berauscht von meinen idyllischen Visionen langsam die Straße hinunterfuhr, entdeckte ich allerdings ein kleines, aber sehr unangenehmes Problem: Die Häuser auf der linken Seite hatten alle nur ungerade Nummern! Es gab keine einzige gerade. Für einen Augenblick überlegte ich, ob ich vielleicht am Ende des Blocks wenden könnte, damit das Verhältnis sich umkehrte, aber dann kam mir eine bessere Idee – ich hielt einfach an. Ich holte Georges kleine Karte noch einmal heraus und versuchte herauszufinden, ob ich genauso gefahren war, wie ich gedacht hatte, ob ich auf der richtigen Seite des Flusses war und so weiter. Da konnte doch etwas nicht stimmen! Oder doch?
Natürlich war in Frankreich nichts, aber auch gar nichts verkehrt, das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Aber ein paar eigentümliche charmante Merkwürdigkeiten waren mir seit meiner Ankunft schon aufgefallen. So waren dames in Paris keine Flittchen oder auch nur junge Mädchen, sondern ältere Ladys. Ein concierge war kein Empfangschef in einem Hotel, sondern ein schlichter Hausmeister. Die älteste Brücke in Paris war die Pont Neuf, und das heißt »Neue Brücke«. Die Place de la Concorde war durchaus nicht der »Platz der Eintracht«, sondern die Stelle, wo sie Marie-Antoinette den Kopf abgehackt hatten! Obwohl
die Mehrheit der Pariser Kellner deutlich über vierzig Jahre alt ist, nennt man sie garçons, und das heißt nun mal »Knaben«. Graffiti gelten als Kunstform.
Weitere Kostenlose Bücher