Die Shopping-Prinzessinnen
wie du seinetwegen leidest, habe ich einfach nicht anders gekonnt. Ich wollte den Weg für dich freimachen, damit du über ihn wegkommst.« Sie suchte ängstlich nach Reaktionen in meinem Gesicht, und es war deutlich zu sehen, dass sie sich fragte, ob es richtig gewesen war, mir die E-Mail zu zeigen.
»Ich weiß, es tut jetzt sehr weh«, sagte sie. »Doch du musst es auch positiv sehen. Vielleicht wart ihr ja nie füreinander bestimmt. Vielleicht ist der Mann deiner Träume stattdessen hier in Paris!«
Ich versuchte, mein Gehirn zur Ruhe zu bringen, obwohl ich am ganzen Leib zitterte. Hast du dein wichtigstes Mantra vergessen?, fragte mich eine innere Stimme. Du musst deinem Schicksal vertrauen! Ich habe meinem Schicksal immer vertraut, und es hat mich auch nie im Stich gelassen bisher.
»Hör zu«, meinte Evie. »Meine Eltern fliegen morgen zurück nach New York. Sie überlassen mir den Schlüssel zu ihrer Hotelsuite, und ich habe freien Zugang zu ihrem Konto. Ab morgen werden du und ich die verrücktesten Sachen hier machen!«
Ich lächelte matt und wischte die Tränen aus meinem Gesicht.
»Shopping, Sightseeing, das beste Essen der Welt«, grinste Evie. »Und das Allerbeste ist: Boy-Watching !«
Es dauerte nicht lange, und die Mischung aus Jetlag und Beziehungstragödie gab mir den Rest. Überwältigt sank ich ins Bett, schlief sofort ein, als mein müdes Haupt auf das Kopfkissen fiel – und träumte die ganze Nacht von Paolo.
19. Juni, 6:00 morgens
An: Priscilla
Von: Imogene
Thema: Kündigung
Liebe Priscilla,
aufgrund von Umständen, für die wir jede Verantwortung ablehnen, insbesondere grobe Undankbarkeit, sehen wir uns ohne jedes Bedauern gezwungen, dein Imogenius -Abo hiermit fristlos zu kündigen. Etwaige Nachfragen bitten wir an den Verräter Paolo zu richten.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Deine Exfreundin
Imogene
D a es unser erster Besichtigungstag in in Paris war, brachen Evie und ich sehr früh auf. Da man nie zweimal Gelegenheit hat, einen ersten Eindruck zu machen, ließ ich meinen kleinen Imogenius hochfahren. Während ich im letzten Sommer noch das »rich little poor girl« gewesen war, beschloss
ich, es in diesem Sommer als »rich little rich girl« zu versuchen. Ich wollte diese neue Persönlichkeit zumindest mal ausprobieren.
Wir verbrachten den Tag mit Shopping. Paris am Morgen flößt einem grundlosen Optimismus ein. Alles vibrierte vor Leben. In den Straßencafés begrüßten sich die Leute mit Küsschen, in den jardins gingen Kindermädchen mit Kindern spazieren, die ihre Kaugummis ploppen ließen, während sich elegante Damen in ihren Hundeleinen verfingen. Und alles führte dazu, dass mein Gehirn von Glückshormonen geradezu überschwemmt wurde. Eine freudige Erwartung erfasste mich, alles schien möglich, und ich wusste, dass bald etwas passieren würde, etwas sehr Aufregendes. Trotz der Geschichte mit Paolo fühlte ich mich im Einklang mit dem Universum und glaubte fest an mein Schicksal. Dieses Gefühl erfüllte mich bis in die Haarspitzen, und ich wartete in höchster Alarmbereitschaft darauf, dass mein Glück sich irgendwo manifestierte.
Beim Einkaufen benahm ich mich wie ein Bandit. Ich erbeutete ein paar alte französische Make-up-Kästchen, eine Hermès Kelly Bag von ungefähr 1959 und ein paar neckische Lacroix-Ohrringe in Herzform (die Niedlichkeit lebe hoch!).
Wie sagt mein Freund Oscar: Ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung .
Nachdem wir Evies Eltern im Hotel verabschiedet hatten, blieben wir gleich noch ein bisschen und aßen dort zu Mittag. Dann gingen wir wieder zum
Shoppen, bis Toy schlappmachte und wir auf der Straße umfielen. Jedenfalls beinahe. Paris hatte eine bemerkenswerte Wirkung auf Evie. Ich meine, sie wurde regelrecht verrückt nach Jungs. Das und vermutlich auch ihr Bedürfnis, mich von Ihr-wisst-schon-wem abzulenken, führten dazu, dass sie mich auf jeden halbwegs passablen jungen Mann aufmerksam machte, der uns auf zehn Schritte nahe kam. Es war allerdings wirklich lustig, das muss ich zugeben, und heiterte mich total auf.
Vor dem Bon Marché ließ sich die hormongetriebene Evie nicht länger bremsen und stellte sich (und mich) einem höchst französischen jungen Mann vor. Gerard, so hieß der jeune homme, war Schaufensterdekorateur und stand mitten auf dem Bürgersteig, um sein Werk zu bewundern. Evie und ich postierten uns neben ihn und taten das Gleiche. Das Fenster war aber auch wirklich ein Meisterwerk. Es sei
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