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Die Shopping-Prinzessinnen

Die Shopping-Prinzessinnen

Titel: Die Shopping-Prinzessinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Barham
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Das eine Ufer der Seine heißt Rive Gauche , obwohl es in Wahrheit das südliche ist, und das nördliche Ufer heißt stattdessen Rive Droite . Und das Wort haute wird zwar so ähnlich wie »out« ausgesprochen, besonders wenn man aus Kanada kommt, aber in Wirklichkeit ist es absolut »in«.
    Als geborene Greenwicherin bin ich es natürlich gewohnt, auch mal rückwärts zu denken, und habe kein Problem, mich den komplizierten Pariser Gehirnwindungen anzupassen. Also hörte ich auf, die Nummern auf der linken Straßenseite anzustarren, und warf einen vorsichtigen Blick auf die rechte. Tatsächlich! Da waren die geraden Nummern!
    Ich schlenderte so unauffällig wie möglich zur Nr. 226 hinunter und starrte zu meinem Entsetzen auf die wackeligste Bude der ganzen Gegend. Es war das typische »Haus am Ende der Straße« mit schwarzen Fensterhöhlen und welkem Unkraut im Garten, von dem man lieber nicht wissen möchte, ob dort jemand wohnt. Und damit meine ich, dass es nicht bloß eine Schande in House & Garden gewesen wäre. Es fing damit an, dass es offensichtlich keine frische Farbe mehr gesehen hatte, seit Marie-Antoinette den Kopf verlor wegen eines Stück Kuchens. Der Anstrich war abgeschält wie die Filmstars in einer Beauty Farm in Beverly Hills. Ganz zu schweigen von der hässlichen Rußschicht, den herunterhängenden
Fensterläden und dem zerbrochenen Zaun. Und außerdem war es noch nicht mal ein Haus!
    »Okay«, sagte ich laut zu mir und versuchte, die gute Seite zu sehen. »Keine Panik! Natürlich ist es ein Hausboot. Und es liegt auf der Seine. Aber einen Blick auf den Eiffelturm hat es wirklich.«
    Mit spitzen Fingern kratzte ich an den blechernen Zahlen am Briefkasten. Vielleicht war die 6 ja bloß umgekippt und in Wirklichkeit eine 9? Leider nicht.
    Nach einer weiteren Minute der Unschlüssigkeit raffte ich all meine Kräfte zusammen und zwang meine zitternden Beine, die Treppe zum Kai hinunter- und die wackligen Stufen zum Bootsdeck wieder hinaufzuklettern und schließlich mit einem mutigen Schritt das Wrack zu betreten. Das Hausboot war eine lange hölzerne Schachtel mit einer großen Kajüte, auf der es offenbar einen Dachgarten gab, denn es führte eine weitere wacklige Leiter nach oben. Ich beschloss auf der Stelle, dass ich dort niemals hinaufklettern würde! Ein schmaler Umgang führte zum vorderen Ende, wo sich ein ähnlich geräumiges Deck befand wie am Heck.
    Ich zog meine Videokamera aus der Tasche. Durch eine klapprige Jalousientür, die gut auf eine Plantage in Indochina gepasst hätte, trat ich in einen schmalen Gang und schob mich in eine Art Wohnzimmer aus dem letzten Jahrtausend. Obwohl es ein bisschen dunkel war, ließ ich den Camcorder laufen. Durch meine Linse sah ich zwei schmutzige Panoramafenster, die auf die Seine hinausgingen. Um das
Stimmungstief zu überwinden und meinen berühmten unverwüstlichen Optimismus zu wecken, begann ich mir gut zuzureden: »Ist doch gar nicht so übel«, meinte ich. »Könnte viel schlimmer sein.« Und alles Mögliche andere, was mir so einfiel. Ich meine, die Grundstruktur, also der Knochenbau, war ja in Ordnung! Und in der Welt der Mode ist der Knochenbau alles. Alles, was dieses Boot brauchte, war ein bisschen Liebe und Fürsorge. Oder besser: eine Masse Liebe und Fürsorge.
    Aus irgendwelchen Gründen erinnerte mich der Raum an Paolos Wohn-/Schlafzimmer im East Village (ehe er einzog), und meine leicht verbesserte Stimmung stürzte voll ab. Um nicht wieder in eins der Paolo-Löcher zu fallen, beschloss ich, den Rest des Schiffs abzuchecken. Aber als ich gerade zu einem großen Schwenk ansetzte, um das herrliche Panorama mit meinem Camcorder ganz zu erfassen, prallte ich plötzlich mit etwas zusammen, das gar kein Etwas, sondern ein Jemand war! Ich kreischte erschrocken, machte einen großen Satz rückwärts und knallte mit dem Hinterkopf an einen Balken. Habe ich schon erwähnt, dass die Decke sehr niedrig war?
    »Hey!!«, sagte ich.
    »Tut mir leid«, antwortete er. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    Er war groß und verschwitzt und von Kopf bis Fuß in eine knisternde Staubschicht gehüllt. Er hatte blonde Haare und sah aus, als wäre er ungefähr neunzehn. In den Händen hielt er ein Stemmeisen.

    »Was zum Teufel schleichst du hier rum?«
    »Ist mit deinem Kopf alles klar?«
    »Nein! Mein Kopf tut scheißweh!«, keifte ich und rieb mir die dicke Beule, die innerhalb von Sekunden auf meinem Schädel aufblühte. Sie fühlte sich an wie ein

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