Die Shopping-Prinzessinnen
3000000-Volt-Hass-Laserstrahlen zu atomisieren. Man glaubte, die (Cavalli-)Schlangenhaut förmlich zu spüren. Sie trug enge Caprihosen und eine Bomberjacke, war inzwischen total verbrannt (weil sie jeden Tag in die Sonnenbank rennt) und hatte ihren Eyeliner auf diese suggestive Weise verschmiert, dass man denken
sollte, sie wäre gerade Ihr-wisst-schon-was worden. Mit einem Wort: Brooke hatte sich eigentlich gar nicht verändert. Ihr abwaschbares Wegwerflächeln funktionierte noch immer wie geschmiert.
Die Erinnerungen an letztes Jahr brannten mir auf der Seele. Brooke war die Zicke gewesen, die mir erst das Handy und dann Paolo stehlen wollte. Sie hatte meine Berichte an die Konkurrenz zu verkaufen und sich dann mit fetten Lügen herauszuschwindeln versucht, indem sie behauptete, ich wär’s gewesen. Als sie endlich entlarvt und aus der Redaktion von Hautelaw entfernt worden war, hatte sie prompt bei der Konkurrenz angeheuert, also bei Haute & About, die von Springs lebenslanger Feindin Winter Tan geleitet wird – einer Frau, die in der ganzen Modewelt dafür berüchtigt ist, dass sie allen ihre Ideen klaut (nicht nur Spring).
»Ach, ist das nicht die kleine Dorothy«, sagte Brooke, wie Salzsäure lächelnd. »Schaut mal, Mädels, sie hat einen neuen Freund.« Sie machte eine Kunstpause und legte die Stirn in Falten, als ob sie besorgt wäre. »Sag bloß nicht, du hast den italienischen Hengst bereits satt?«
Mein in Autosuggestion geschultes Gehirn begann sofort zu arbeiten. Ganz ruhig bleiben, sagte es, Frieden und Heiterkeit ausstrahlen, ganz egal, was um dich herum vorgeht.
Leider funktionierte es überhaupt nicht.
»Was machst du denn hier?«, stöhnte ich.
»Das wollten wir dich gerade fragen«, sagte Candy Wolfe, die plötzlich neben Brooke aufgetaucht war, mit einem höhnischen Lächeln. Jetzt war die ganze Bande zusammen.
Candy war die Chefin des Wolfes-Rudels. Sie war Winter Tans rechte Hand und hatte absoluten Alpha-Wolfe-Status bei Haute & About. Als typisches Ralph-Lauren-Girl war sie (auch diesmal wieder) mit leichtem Understatement gekleidet. Sie trug ein blau-weiß gestreiftes Kaschmir-Twinset und dazu weiße Caprihosen.
»Sie ist wegen -«, wollte Evie gerade erklären, aber ich schnitt ihr das Wort ab.
»Ich bin wegen der Fashion Week da«, erklärte ich, denn ich wollte verhindern, dass Evie irgendwas Falsches sagte. »Für Hautelaw .«
»Hothouse?«, fragte Candy Wolfe unschuldig. »Ist das’ne Gärtnerei?«
Fern und Romaine kicherten lauthals.
»Weißt du«, sagte Brooke grinsend zu mir. »Wenn du nicht so blöd wärst, könntest du echt clever sein. Wir wissen längst, dass Spring ein Büro hier eröffnen will, Süße. Warum sie allerdings gerade dich geschickt haben, bleibt wohl für immer ein Rätsel.«
»Aber echt«, knurrte Fern.
»Winter ist euer mickriges kleines Büro völlig schnurzpiepegal«, giftete Brooke. »Aber wenn sie hört, dass ausgerechnet du die hiesige Korrespondentin bist, schläft sie wahrscheinlich noch besser.«
Dax ergriff meinen Arm. »Gehen wir?«
»Ooooh! Der Boyfriend als rettender Engel! Wie reizend«, meinte Brooke höhnisch.
»Das ist nicht mein Boyfriend«, rief ich und zog meinen Arm weg.
»Tatsächlich?«, sagte Brooke lächelnd. »Vielleicht kann ich ihn dann haben? Oder soll ich lieber Paolo nehmen? Der ist ja wohl frei, oder nicht?«
Ich muss wohl instinktiv auf sie losgegangen sein, denn Brooke wich hastig zurück, kam ins Stolpern und hätte Candy fast umgerissen. Evie und ich begannen zu prusten.
»Lach nur, du halbe Portion!«, zischte Brooke und zupfte hektisch an ihren Haaren. »Du hältst dich wohl für besonders schlau, aber du bist doch bloß ein kleines Schulmädchen aus der Provinz. Du und deine glücklose Freundin.«
»Glücklos?«, rief Evie.
»Ja, wie in: geborener Loser«, ergänzte Candy. Brooke überprüfte in ihrem Taschenspiegel ihr Aussehen, dann richtete sie ihre frostigen Blicke auf mich. »Denk bloß nicht, dass wir den letzten Sommer vergessen haben. Spring und den übrigen Nieten bei Hautelaw hast du vielleicht weismachen können, dass du eine große Nummer bist. Aber mich kannst du nicht täuschen. Wahrscheinlich warten sie darauf, dass du ihnen irgendwas lieferst, was sie in ihrem geschmacklosen Blättchen als ›Modetrend‹ ausgeben können …«
»Und wenn?«, fragte ich.
»Lass es mich so sagen, Süße: Paris ist in mancher
Hinsicht ein Dorf. Informationen verbreiten sich schnell. Besonders, wenn
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