Die sieben Dämonen: Roman
den nackten Oberkörpern. Eines fiel jedoch besonders auf: Nirgends standen auch nur ein Wort oder eine Hieroglyphe geschrieben.
Halsteads Stimme bebte. »Was zum Teufel ist das für ein Bild?«
»Ich weiß nicht«, flüsterte Mark. »Eine solche Wandzeichnung ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht untergekommen. Sie steht in völligem Widerspruch zur altägyptischen Religion.«
»Ich verstehe das nicht. Die anderen Wände sind kahl; nur auf die eine hier sind diese greulichen Gestalten gemalt worden! So sehr können sich die Amun-Priester doch gar nicht vor Echnaton gefürchtet haben, oder?«
»Ich weiß nicht.«
»Und wir wissen nicht einmal genau, ob dies hier überhaupt sein Grab ist. Was um alles in der Welt mag sich nur hinter dieser Tür befinden, daß sie uns mit diesen … diesen Monstern vertreiben wollten?«
Mark zwang sich dazu, dem Wandgemälde den Rücken zuzukehren. »Das hier ist Echnatons Grab, Mr. Halstead.«
»Wie können Sie so sicher sein? Vielleicht ist es nicht einmal ein Grab! Vielleicht ist es ein Depot für irgend etwas Schreckliches, dessen Entdeckung die alten Ägypter verhindern wollten!«
»Halstead …«
»Sie sind bis zum Äußersten gegangen, um uns von hier fernzuhalten. Wir sollten besser machen, daß wir hier herauskommen!«
»Sanford!«
Alle sahen Alexis an. Ihre Stimme klang schrill und hysterisch. Sie packte ihren Mann am Arm und rief wütend: »Hör sofort auf damit! Hast du mich verstanden? Niemand verläßt das Grab! Wir werden diese Tür öffnen und nachsehen, was sich dahinter verbirgt!«
Halstead sah sie in heillosem Schrecken an. »Es gefällt mir nicht!« schrie er und fuhr sich mit dem Handrücken über seine blutige Oberlippe. »Ich will nicht sterben …«
»Sie haben ihre Augen auf uns gerichtet«, ließ sich eine ängstliche Stimme vernehmen. Es war Jasmina. »Die Antilope mit dem Vogelkopf. Sie schaut mich direkt an.«
Einen kurzen Augenblick lang starrte Mark sie an, und ihm gefror das Blut in den Adern. Dann klatschte er plötzlich laut in die Hände. »Jetzt aber mal los, wir haben noch jede Menge zu tun!« rief er mit gespielter Munterkeit. »Die Sonne geht bald unter; wir müssen uns beeilen. Ich will die Tür noch vor Anbruch der Dunkelheit aufbekommen!«
Es war ein schlichter Kalksteinblock, der keine andere Markierung trug als die Siegel der Totenstadt Theben. Mark und Ron unterzogen die Tür einer eingehenden Prüfung, beklopften sie an verschiedenen Stellen mit dem Hammer und einigten sich darauf, genau in der Mitte mit der Arbeit zu beginnen.
Mark setzte den Meißel an, hob den Hammer und nahm allen Mut zusammen. Er wußte nicht, was ihn erwartete – vielleicht wieder ein fauliger Luftzug, vielleicht ein Aufheulen des im Schlaf gestörten Toten. Als er den Meißel in den Stein trieb, spannte er jeden Muskel an und machte sich darauf gefaßt, sofort davonzurennen. Die anderen verharrten wie erstarrt am selben Fleck. Sie konzentrierten sich auf die Spitze des Meißels und versuchten, die sieben riesenhaften Gestalten, die von der Wand auf sie herabstarrten, nicht zu beachten.
Die Hammerschläge brachen sich dumpf und mißtönend an den Wänden. Ein ohrenbetäubender Lärm erfüllte die Kammer, drang durch den Gang nach draußen und hallte im Cañon wider. Bei jedem Schlag ging ein Schauer von Splittern und Staub auf die Umstehenden nieder. Alle warteten gespannt.
Mark schlug ein letztes Mal zu, und der Meißel stieß durch die Tür.
Ein Schauer durchfuhr die Gruppe, während sie voll schlimmer Erwartung auf das Loch starrte. Als nichts geschah, atmeten sie erleichtert auf und lösten sich ein wenig aus ihrer Verkrampfung. Mark trat von der Tür zurück und wischte sich mit zitternder Hand übers Gesicht. Sein Bart war schweißgetränkt. Er hob das Werkzeug auf, wappnete sich mit neuem Mut und begann wieder zu hämmern.
Als das Loch groß genug war um hindurchsehen zu können, leuchtete er mit der Taschenlampe in den Raum auf der anderen Seite, konnte aber nichts erkennen.
Als dann mit der Bandsäge der größte Teil der Tür durchschnitten worden war, wurde die Luft in der Kammer so stickig, daß man nur schwer atmen konnte. Doch keiner wollte nach draußen gehen. Langsam, Zentimeter um Zentimeter, tat sich die Grabkammer vor ihnen auf.
Mark setzte die Säge ab, beugte sich mit der Taschenlampe vor und streckte den Kopf durch die aufgesägte Türöffnung.
»Was sehen Sie?« fragte jemand mit einer unnatürlich klingenden
Weitere Kostenlose Bücher