Die sieben Dämonen: Roman
gedämpfter Stimme.
Marks Taschenlampe beleuchtete einen Gegenstand. Ein winziges Stück Papyrus, das zwischen den Bandagen über der Brust der Toten steckte. Er wußte schon, was es war. Behutsam langte er hinunter und zog den Papyrusstreifen mühelos heraus. Er war vergilbt und brüchig, aber noch ausreichend gut erhalten, um die Schriftzeichen darauf erkennen zu können. Mark richtete den Strahl seiner Lampe auf die Hieroglyphen.
Ron beugte sich darüber, so daß sein langes, blondes Haar den Arm der Königin streifte. »Eine priesterliche Handschrift«, murmelte er, »eilig hingekritzelt. Sieht aus, als wäre es nur ein einziges Wort. Ich glaube, ich kann es lesen …« Ron drehte sich um. Er starrte einen Augenblick auf den Papyrus und wich dann langsam zurück. Er blickte Mark über den Sarg hinweg an und flüsterte kaum hörbar: »Nofretete!«
Mark konnte den Blick nicht von der friedlichen, beinahe heiter wirkenden jungen Frau wenden, die da vor ihm lag, und murmelte: »Deshalb kann sie sich frei bewegen. Deshalb erinnert sie sich …«
»Wie bitte?«
Er hob den Kopf. »Ich denke, wir werden nie erfahren, wer das Papyrus da hineingeschoben hat. Vielleicht eine ihrer Töchter, möglicherweise auch der kleine Tutanchamun. Vielleicht auch ein enger Vertrauter, dem es gelang, einen Priester zu bestechen, oder der sich in das Haus einschlich, in dem die Einbalsamierung vorgenommen wurde, und sein Leben riskierte, um das Papyrus unter den Bandagen zu verstecken. Vielleicht«, er blickte über die Schulter, »vielleicht beabsichtigten sie, für Echnaton dasselbe zu tun, wurden aber dabei erwischt …«
»Wovon redest du eigentlich?«
Ein ferner Donnerschlag durchbrach ihr Schweigen. Erschreckt drehten sich die beiden zu der schwarzen Öffnung um, die in die Vorkammer führte. »Regnet es wieder?« wunderte sich Ron und erschauerte, als er sich an das vorige Mal erinnerte. Doch als das zweite Krachen ertönte, stellte Mark fest: »Das ist kein Donner, das sind Schüsse!«
Sie verließen eilends das Grab und traten in einen leuchtenden, glutroten Sonnenuntergang hinaus. Ron löste schnell das Seil von der Anhängerkupplung und schwang sich in den Landrover, als Mark schon losbrauste. Weitere Schüsse hallten von den Felsen wider, während sie holpernd durch die enge Schlucht ins Hauptwadi jagten. »Los, drück auf die Tube!« brüllte Ron, der bei jedem Ruck vom Sitz hochgeschleudert wurde.
Mark warf einen flüchtigen Blick auf die Tankanzeige und packte das Lenkrad so fest, daß seine Hände schmerzten.
Die Schüsse wurden immer lauter, während Mark und Ron sich mit Vollgas dem Ausgang des Wadis näherten. Vor ihnen lag das gewaltige Ruinenfeld der Arbeitersiedlung im letzten Glühen eines imposanten Sonnenuntergangs. Aber noch bevor sie die Ruinen erreichten, wurde der Landrover langsamer und kam schließlich zum Stehen.
»Warum hast du angehalten?«
Mark sprang mit einem Satz aus dem Wagen. »Kein Benzin mehr! Komm schon!«
Sie legten den Rest des Wegs im Laufschritt zurück, sprinteten durch den Sand, wichen Schotterhügeln aus und sprangen über hüfthohe Mauern. Das Camp, dessen Zelte in der untergehenden Sonne man
darinenfarben leuchteten, schien weiter weg zu sein als je zuvor. Mark und Ron schnappten keuchend nach Luft, stolperten über Felsbrocken und fluchten bei jedem Knall, der zu ihnen herüberdrang.
Als sie das Camp erreichten und sich erschöpft aneinander lehnten, war die Sonne bereits untergegangen. Sie entdeckten Jasmina, die in der Mitte des Lagers im Sand kniete und mit beiden Händen einen Revolver umklammert hielt. Mit ausgestreckten Armen richtete sie die Waffe auf Ron und Mark.
»He!« schrien sie. »Wir sind’s!«
Mark rannte zu ihr, sah sich rasch um und entwand ihr die Waffe. Jasmina rollte wild mit den Augen, ihr Gesicht war verzerrt. »Bestien!« kreischte sie. »Allah! Bestien!«
Mark faßte sie um die Schultern und versuchte ihr auf die Beine zu helfen. Eine schwarze Gestalt rannte im Zickzack durch das Lager. Ron schrie: »Oh, Mist!« und riß den Revolver an sich. Er feuerte blind drauflos.
»Was zum Teufel …«
Bevor Mark reagieren konnte, tauchte eine zweite Kreatur auf, die sich laut kreischend auf ihn stürzen wollte, ein riesiges, häßliches schwarzes Ungetüm. Ron feuerte direkt auf das Tier, doch es rannte weiter.
»Sie sind so groß wie Bernhardiner!« schrie Ron, während er hastig die Patronen aufsammelte, die aus der Schachtel gefallen waren, und in
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