Die sieben Dämonen: Roman
Nachlaßverwalter ergab, daß das Tagebuch sich schon seit Jahrzehnten im Besitz der alten Dame befunden hatte.«
»Wissen Sie, wie es in ihren Besitz gelangt ist?«
»Nein, ich weiß nicht mehr über das Tagebuch als das, was ich darin gelesen habe, und zum Lesen kam ich erst kürzlich. Ich bin schließlich ein vielbeschäftigter Mann.«
»Aber als Sie es dann lasen«, fuhr Mark fort, wobei er die strengen Gesichtszüge seines Gastes eingehend musterte, »waren Sie sich über seine Bedeutung doch im klaren.«
»Ganz im Gegenteil, Dr. Davison. Nachdem ich das Tagebuch zu Ende gelesen hatte, war ich noch immer ziemlich ahnungslos, was ich da eigentlich mitgekauft hatte. Ich interessierte mich eigentlich nur für den antiquarischen Wert des Buches und nicht dafür, was darin stand. Ich wandte mich an einen alten Freund in Boston, einen Assyrologen, und beschrieb ihm das Tagebuch. Er meinte, es könnte sehr interessant sein, und legte mir nahe, einen Spezialisten auf diesem Gebiet zu Rate zu ziehen. Deshalb setzte ich mich mit einem Ägyptologen in New York, einem gewissen Dr. Hawksbill, in Verbindung. Kennen Sie ihn?«
Mark verzog spöttisch die Mundwinkel und griff wieder nach seiner Pfeife. »Allerdings, er ist derjenige, der diese verrückten Theorien verbreitet, denen zufolge die Ägypter mit Astronauten aus einer anderen Galaxie Verbindung gehalten haben sollen.«
»Nichtsdestoweniger ist er ein Ägyptologe.«
»Man könnte bestenfalls sagen, er befindet sich am entgegengesetzten Ende des Spektrums unseres Fachgebiets.«
»Ohne ihm den genauen Inhalt des Tagebuches zu verraten, erläuterte ich Dr. Hawksbill, um welche Art Buch es sich handelte, und er zeigte größtes Interesse. So erfuhr ich, daß Neville Ramsgate sozusagen ein Pionier der Ägyptologie gewesen war, so daß ein von ihm geschriebenes Tagebuch wohl von ungeheurem Wert sein dürfte. Ganz zu schweigen von dem Grab, über das er schrieb.«
»Und daher beschlossen Sie, selbst nach dem Grab zu suchen.«
»Nehmen Sie den Auftrag an, Dr. Davison?«
Mark erhob sich von der Couch und stellte sich vor das Panoramafenster. Ein neuer Sturm peitschte über den Ozean; dicke, schwarze Wolken wälzten sich langsam und bedrohlich auf die Küste zu. Mark wußte, daß es nur eine Frage von Minuten war, bevor das Unwetter über Malibu hereinbrechen würde.
»Sie wußten doch schon, bevor Sie heute abend hierherkamen, daß ich den Auftrag annehmen würde.«
»Dann müssen wir sofort mit den Vorbereitungen beginnen.«
»Wenn Sie tatsächlich im Juni mit der Grabung anfangen wollen«,
meinte Mark nach ein paar Zügen an seiner Pfeife, »dann muß ich mich schon morgen an die Arbeit machen. Ich muß mit einigen Leuten Kontakt aufnehmen. Ich muß in Erfahrung bringen, ob Abdul, mein Vorarbeiter von früher, frei ist. Ich muß mich mit der Behörde für Altertümer in Kairo in Verbindung setzen, Ausrüstung, Vorräte und Zelte kaufen …«
»Ich lasse Ihnen da völlig freie Hand, Dr. Davison.«
»Sie müssen sich aber darüber im klaren sein, daß alles, was wir dort vielleicht finden werden, in Ägypten bleiben muß.«
»Mir liegt nichts an dem Schatz, Dr. Davison. Es geht mir allein darum, die Wahrheit über den geheimnisvollen Echnaton zu erfahren.«
Mark blickte ihn erstaunt an.
Ein verhaltenes Lächeln hellte Halsteads ernste Miene ein wenig auf.
»Überrascht Sie das, Dr. Davison?«
»Nun, um ehrlich zu sein, ich vermutete andere Beweggründe.«
»Dr. Davison, ich bin ein ziemlich vermögender Mann. Ich habe kein Bedürfnis, mich an antiken Schätzen zu bereichern, besonders nicht, wenn sie illegal erworben sind. Mein Interesse gilt neuen Entdeckungen und, wenn Sie so wollen, der wissenschaftlichen Aufklärung. Ich möchte lediglich herausfinden, was sich hinter dem legendären Pharao verbirgt, der mehr Kontroversen unter den Gelehrten auslöste als irgendein anderer König in der ägyptischen Geschichte.«
Mark betrachtete gedankenversunken ein nachgebildetes Kalksteinrelief, das an einer der Wände seines Wohnzimmers hing. Es war eine Profilansicht von Pharao Echnaton bei der Verehrung seines revolutionären Gottes Aton. Mark musterte eingehend den seltsamen Körper des Königs, die weiblich anmutenden Brüste und runden Oberschenkel, den Hängebauch, das lange Gesicht mit dem vorstehenden Unterkiefer, die unübersehbare Häßlichkeit dieses Menschen. Wer oder was war er, dieser rätselhafte Mann, mit dessen Leben und Wirken sich die
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