Die sieben Dämonen: Roman
um es vor Fremden zu verbergen. Viele von ihnen waren schwanger oder hielten Kleinkinder auf dem Arm, während sich weitere Kinder an ihre Rockzipfel klammerten. Die meisten Frauen hatten ihrem Haar mit Henna einen rötlichen Ton verliehen und ihre Augen mit schwarzem kohl dick umrandet.
Mark achtete darauf, keine der Frauen zu lange anzusehen, denn ein Vater, ein Ehemann oder ein Bruder hätte dies als Beleidigung auffassen und seinen Zorn sowohl an Mark als auch an der Frau auslassen können.
Er betrachtete aufmerksam die Gesichter der Leute. Die Mehrheit der Ägypter, gerade die Fellachen auf dem Lande, so wußte Mark, gehörten einer uralten Rasse an, die sich seit Jahrtausenden, von der Wüste und den Bergen abgeschirmt, in ihrer Ursprünglichkeit weitgehend erhalten hatte. Ihre typischen Merkmale – breite Schädel und Gesichter, schmale Stirnen, vorstehende Backenknochen, starke Nasen und kräftige Unterkiefer – hatten sich seit fünfzig Jahrhunderten wenig verändert. Sie hatten sich nicht mit Griechen, Römern, Arabern oder Türken vermischt. Diese Menschen, denen es trotz des Eindringens von Islam und Christentum gelungen war, ihre alten Traditionen fortzuführen, arbeiteten und lebten nicht nur in der gleichen Weise, wie ihre Vorväter es schon in der Antike getan hatten, sie waren auch vom Äußeren her gleich geblieben. Als direkte Abkömmlinge der Niltalbauern aus alter Zeit gehörten die Fellachen von El Till demselben Volk an, das einst hier für sich und für den Hof des Pharaos das
Land bestellt hatte. Sie waren das Volk Echnatons, unverändert und unveränderlich.
Ein aufgeregtes Getuschel ging durch die Menge, als ein alter Mann mit dem längsten, weißesten Bart, den Mark je gesehen hatte, auf der Schwelle des Hauses erschien. Er war mit einer weißen Galabia und Sandalen bekleidet und stützte sich beim Gehen auf einen Holzstock. Auf dem Kopf trug der ›Umda ein weißes gehäkeltes Käppchen, was bedeutete, daß er die Pilgerreise nach Mekka unternommen hatte. Die Menschenmenge verstummte und blickte ehrfürchtig zu dem alten Mann auf, als er, einem biblischen Patriarchen gleich, ins Sonnenlicht hinaustrat, einen Moment innehielt und sich dann steif in einem Korbstuhl niederließ, der neben dem Hauseingang stand. Der ›Umda war hier eine Art König.
»Ah-laan wa sahlaan«, rief er mit einer alten, krächzenden Stimme.
Mark erwiderte den Gruß und fügte hinzu: »Sabbah in-nuur.«
Der alte Mann lächelte wohlwollend und hob seine knorrige Hand. Sogleich trat aus dem Innern des Hauses eine junge Frau mit verschleiertem Gesicht und Messingreifen an Hand-und Fußgelenken. Sie trug ein Messingtablett, auf dem Teegläser standen.
Als man ihm das Tablett demütig darbot, nahm Mark seinen Tee, der in einem schlichten Wasserglas serviert wurde, und wußte, bevor er ihn gekostet hatte, daß er gräßlich süß sein würde. Eine Zuckerschicht hatte sich auf dem Boden des Glases abgesetzt. Mark nahm einen kleinen Schluck, leckte sich die Lippen und lobte auf arabisch: »Der Tee schmeckt köstlich. Er ist der beste, den ich je getrunken habe.«
Der ›Umda lächelte verschmitzt, wobei seine dunkelbraunen Zähne hinter seinem weißen Bart zum Vorschein kamen, und antwortete: »Allah möge mir vergeben, daß ich meinem hochverehrten Gast einen Tee vorsetzen muß, der nicht einmal eines Esels würdig wäre, aber es ist alles, was ich habe.«
Mark, der wußte, daß der Tee aus einem Spezialvorrat des ›Umda stammte und daß seine Frau den ganzen Morgen damit verbracht hatte, ihn nach allen Regeln der Kunst zuzubereiten, erwiderte: »Ich bin nicht würdig, ihn zu trinken.«
Eine Frau kam aus dem Haus und stellte sich hinter den Greis. Sie war klein und ebenfalls recht alt, ihr rotes Haar war am Ansatz weiß, ihr
Gesicht wirkte wie verknittertes Pergament, doch ihre Hände waren orangefarben bemalt, und an ihren Handgelenken klirrten Goldarmreife. Sie war die geachtetste Frau in El Till, die von allen anderen Frauen beneidet wurde.
»Das ist meine Frau, Achmeds Mutter«, stellte der ›Umda sie vor.
Mark nickte der alten Fellachin höflich zu, ohne ihr übermäßige Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Bei den Fellachen war es Sitte, eine Frau nicht mit ihrem eigenen Namen zu nennen, sondern mit dem Namen ihres ältesten Sohnes.
Der ›Umda ging nun dazu über, jeden der Männer in Marks Gruppe namentlich willkommen zu heißen, wobei er die beiden Frauen, Alexis und Jasmina, überhaupt nicht
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