Die sieben Dämonen: Roman
hatten. Aber ganz sicher war er sich nicht.
»Ich denke, ich sollte mir jetzt Abduls Bericht anhören. Bitte teilen Sie mir mit, wenn Mr. Halsteads Zustand sich verändert.«
Jasmina erhob sich mit ihm. »Jawohl, Dr. Davison.«
Er schritt auf den zugehängten Ausgang des Zeltes zu und drehte sich im letzten Moment noch einmal um. »Hören Sie, wir werden wahrscheinlich den ganzen Sommer über hier sein und eng zusammenarbeiten. Warum wollen wir uns jetzt nicht gleich mit dem Vornamen anreden?«
Jasmina stand ein paar Schritte von ihm entfernt und ließ eine Hand auf dem Arbeitstisch ruhen. Eine ziemlich lange Weile verging, bevor sie leise erwiderte: »Ich werde es versuchen.«
Sie hatten nichts gefunden. Sechs Stunden Erkundungsarbeit im Gelände hatten absolut nichts ergeben. Aber im Grunde war Mark nicht überrascht. Erst die Arbeit der nächsten paar Wochen, die eingehende Erforschung jedes Gitterquadrats und vielleicht das Ausheben einiger Probelöcher an besonders vielversprechenden Stellen, würde zu Ergebnissen führen. Er saß an seinem kleinen Schreibtisch und las beim Schein des unbeständigen Generatorlichts Ramsgates Tagebuch, wobei er jeden Satz, jedes Wort, in der Hoffnung, etwas zu entdecken, was er übersehen hatte, einer eingehenden Prüfung unterzog. Am 1. Juli war die alte Sebbacha mit dem obersten Fragment einer Stele, in das sieben wunderliche Figuren gemeißelt waren, in Ramsgates Lager gekommen und hatte erklärt, das Grab befinde sich »unter dem Hund«. Am 16. Juli hatte Ramsgate den Sockel der Stelle gefunden, auf dem die Lage des Grabes in Form eines Rätsels beschrieben war: »Wenn Amun-Ra stromabwärts fährt, so liegt der Verbrecher dar
unter; um mit dem Auge der Isis versehen zu werden.« Und dann, endlich, am 19. Juli, schrieb er: »Wo mein Auge schon hundertmal achtlos vorbeistreifte, hat es den Hund schließlich wahrgenommen. Jetzt weiß ich, wie kinderleicht die Antwort auf das Rätsel ist …«
Mark lehnte sich zurück und rieb sich den Hals. Es war zwecklos. Ramsgate drückte sich bei der Beschreibung des Grabungsortes einfach zu ungenau aus. Da hieß es lediglich: »… kreisförmige Gräben im Sand … Mohammed überwachte die Gruppen bei der Arbeit.«
Mark schlug das Buch zu, nahm Pfeife und Tabaksbeutel und ging nach draußen.
Er durchquerte das Camp und blickte zu den Ruinen der Arbeitersiedlung hinüber, die von den Lagerfeuern der Fellachen erleuchtet wurden. Von ferne hörte er Männerstimmen, die, begleitet von einfachen Holzblasinstrumenten, traurig klingende Lieder sangen.
Mark ließ sich auf der alten Schlammziegelmauer nieder und zündete seine Pfeife an. Er dachte an Nancy und überlegte, ob er ihr nicht einen Brief schreiben und ihn von El Minia aus abschicken sollte. Er wünschte, sie hätte ihn begleitet. Es wäre schön, sie jetzt hier zu haben, sich mit ihr zu unterhalten, mit ihr zu schlafen und noch einmal zu versuchen, ihr begreiflich zu machen, was ihm die Arbeit im Gelände bedeutete …
Plötzlich stieg ihm der Duft von Gardenien in die Nase.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Aufgeschreckt fuhr er herum und schaute auf. Wie eine Walküre hob sich Alexis gegen den Sternenhimmel ab. Sie hielt etwas in den Händen.
»Bitte sehr.« Mark rückte ein wenig zur Seite, um ihr Platz zu machen. »Wie geht es Ihrem Mann?«
»Wir mußten das Hemd und die Hose verbrennen, weil sich das Blut nicht herauswaschen ließ. Trinken Sie ein Glas mit mir?«
Mark blickte hinunter auf die Flasche und die beiden Gläser, die sie mitgebracht hatte, und erkannte flüchtig das Etikett.
Glenlivet. Schottischer Malt-Whisky. »Ja, gerne.«
Alexis goß ein wenig in jedes Glas, reichte eines davon Mark und stellte die Flasche zwischen ihre Füße in den Sand.
Für eine Weile nippten beide schweigend an ihrem Glas. Immer wieder warf Alexis ihr Haar zurück. Mark fühlte sich unwohl in ihrer
Gegenwart. Die Kälte, die Alexis Halstead ausstrahlte, ließ sich wohl am ehesten mit einem Bad in eisigem Wasser vergleichen – belebend, aber nicht unbedingt angenehm.
»Dr. Davison, wann werden wir die anderen Gräber besuchen?«
»Ich fürchte, dazu werden wir keine Zeit haben. Mit Besichtigungsfahrten ist jetzt Schluß. Wir sind hier, um zu arbeiten, und mit jedem Tag, den wir vergeuden, rückt der Ramadan und die heißeste Zeit des Sommers näher heran.«
»Wie schade!«
Sie verstummten wieder. Obwohl sie so dicht nebeneinander saßen, daß sie sich fast berührten,
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