Die sieben Dämonen: Roman
rutschte ungeduldig auf seinem Sitz hin und her und strengte sich an, bei der Sache zu bleiben. Hasim redete ununterbrochen über eine Ausgrabung im Nildelta, bei der ganz unerwartet ein Sonnentempel freigelegt worden war, und Mark hatte Mühe, interessiert zu erscheinen.
Es war zehn Uhr. Die Arbeitsgruppen kamen gut voran. Fünf lange, gerade Gräben durchzogen nun den Talboden; der abgetragene
Schutt wuchs langsam zu stattlichen Hügeln. Am oberen Ende jedes Grabens stand eine Holzkiste, die alles aufnehmen sollte, was an Interessantem in den Gittersieben hängenblieb – bis jetzt waren die Kisten noch leer.
Ron hatte die Ärmel hochgekrempelt und fotografierte systematisch die Gräben. Die Halsteads saßen auf Holzstühlen im Schatten der Felswand und tranken kalten Tee aus einer Thermosflasche. Jasmina verarztete einen Mann wegen eines Skorpionstichs. Mark wurde sich plötzlich bewußt, daß die Sonne schon ziemlich intensiv auf das Dach des Landrovers herunterbrannte.
»Wie lange beabsichtigen Sie, in diesem Cañon zu arbeiten, Dr. Davison?«
Mark blickte Hasim mit leichtem Stirnrunzeln an. »Was meinen Sie bitte?« »Haben Sie schon eine zeitliche Grenze festgesetzt?«
»Hmm … noch nicht.« Mark versuchte sich zu erinnern, was er über Sinnestäuschungen als Folge starker Sonneneinstrahlung gelesen hatte. Da war doch gestern abend wieder diese durchsichtige Frau gewesen …
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, Dr. Davison. Ich werde einmal nachsehen, wie weit die Arbeit gediehen ist.« Mark spürte, wie das Fahrzeug ein wenig wackelte, als der junge ägyptische Beamte heraussprang. Einen Augenblick später sah er, daß Jasmina zu den Landrovern geeilt kam. Als sie neben ihm einstieg und sich den Staub von ihren Hosenbeinen klopfte, stellte Mark fest, daß er seine Konzentrationsfähigkeit wiedererlangt hatte.
»Wie geht es ihm?«
»Der Mann wird bald wiederhergestellt sein. Ich konnte ihm den Arm rechtzeitig mit einer Aderpresse abbinden und ihm eine Schlangenserum-Injektion verabreichen. Trotzdem wird er ein paar Tage lang nicht arbeiten können.«
»Bis jetzt haben wir Glück gehabt. Es gab nicht viele Verletzungen.«
Jasmina sah Mark etwas seltsam an, öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, überlegte es sich dann doch anders und schwieg. Die beiden saßen eine Weile stumm nebeneinander und schauten den Fellachen durch die Windschutzscheibe bei der Arbeit zu. Schließlich fragte Mark: »Was ist mit Ihrer Hand los?«
Jasmina strich über ein frisches Pflaster an ihrem Handgelenk. »Ich habe schon wieder einen Insektenstich. Dieser will einfach nicht verheilen.«
»Die Stechmücken haben wohl eine besondere Vorliebe für Sie.«
»Es sieht ganz danach aus.«
»Ich weiß, daß ich es schon einmal gesagt habe, aber ich war gestern wirklich von Ihnen beeindruckt, wie Sie mit den Leuten in dem Dorf bei der Entbindung umgegangen sind. Die haben es Ihnen nicht gerade leichtgemacht.«
»Dr. Davison, die haben mich gehaßt.«
»Warum haben Sie sich dann so dafür eingesetzt, ihnen zu helfen?«
Ihr Achselzucken wirkte nicht überzeugend.
»Gestern haben Sie mich mit Mark angeredet.«
Sie gab keine Antwort.
Er betrachtete sie einen Augenblick und spürte, wie sehr er es genoß, in ihrer Nähe zu sein. Dann meinte er: »Dieser Dr. Rahman wirkte nicht sehr engagiert.«
»In gewisser Hinsicht kann ich es ihm nicht verübeln. Er hat eine undankbare und aussichtslose Aufgabe. Es kommt häufig vor, daß ein Fellache, der schon geheilt war, sich unwissentlich wieder infiziert. Obgleich man ihn davor warnt, daß der Schlamm Krankheiten in sich birgt, wird er auch weiterhin barfuß hindurchlaufen und jung sterben. Die staatlichen Ärzte müssen gegen eine Mauer der Unwissenheit anrennen. Für jeden Schritt, den sie nach vorne tun, werden sie zwei Schritte zurückgeworfen.«
Mark betrachtete Jasminas Gesicht, als sie sprach. Wie hübsch sie doch war und wie wohl er sich in ihrer Gegenwart fühlte. »Ich bin froh, daß Sie sich unserer Expedition angeschlossen haben. Sie werden einmal eine hervorragende Ärztin abgeben.«
»Danke.«
Mark überlegte einen Augenblick, dann meinte er: »Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?«
Sie zögerte. »Ja.«
»Was meinte die alte Frau gestern damit, als sie sagte, Sie seien eine Fellachin?«
Jasmina zupfte an den Enden ihres hellen Pflasters, das sich deutlich
von ihrer dunklen Haut abhob. Die Antwort kam leise, fast wie ein Flüstern: »Weil ich eben
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