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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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entschuldigungheischend:
    »Verzeihen Sie Sir, aber indem ich mit Ihnen über dieses Thema spreche, überschreite ich meine Pflicht. Nun kenne ich Sie schon sehr lange. Und ich spüre, daß ich Ihnen trauen darf. Nicht nur Ihrem Wort, Sir, das ist selbstverständlich, aber auch Ihrer Diskretion.«
    Ich vollführte eine Verbeugung. »Fahren Sie fort«, sagte ich.
    »Sir, ich habe über diesen Fall nachgedacht, bis sich mir im Kopf alles drehte. Und doch kann ich keine normale Lösung finden. Zur Zeit eines jeden Überfalls hat niemand das Haus betreten und gewiß niemand verlassen. Was kann man daraus folgern?«
    »Daß jemand – oder etwas – sich bereits im Haus befand«, sagte ich unwillkürlich lächelnd.
    »Genau das meine ich auch«, äußerte er mit einem hörbaren Seufzer der Erleichterung. »Sehr gut also! Wer könnte dieser Jemand sein?«
    »Jemand oder etwas, sagte ich«, gab ich zur Antwort.
    »Mr. Ross, bleiben wie bei »jemand«. Diese Katze, mag sie auch gebissen und gekratzt haben, kann den alten Herrn nicht aus dem Bett gezerrt und versucht haben, das Armband mit dem Schlüssel von seinem Arm zu lösen. Solche Dinge machen sie wunderhübsch in den Büchern, in denen die Amateurdetektive, die alles schon wissen, ehe es passiert, dies dann zu Theorien verarbeiten. Aber bei Scotland Yard, wo die Leute ja auch noch nicht auf den Kopf gefallen sind, müssen wir immer wieder entdecken, daß Menschen und nicht Dinge dahinterstecken, wenn ein Verbrechen begangen oder versucht wird.«
    »Dann also »Menschen«, Sergeant.«
    »Wir sprachen von »jemandem«, Sir.«
    »Ganz recht, dann also »jemand«.«
    »Sir, ist Ihnen nicht aufgefallen, daß bei jeder der drei Gelegenheiten, als sich das Unerklärliche zutrug, jedesmal eine Person die erste war, die zur Stelle war und Alarm schlug?«
    »Hm, sehen wir mal! Ich glaube, Miß Trelawny schlug beim ersten Mal Alarm. Beim zweiten Mal war ich zugegen, wenn auch schlafend, ebenso Schwester Kennedy. Als ich erwachte, waren bereits mehrere Personen da. Sie selbst waren darunter. Soviel ich weiß, war auch bei dieser Gelegenheit Miß Trelawny vor Ihnen da. Beim letzten Versuch befand ich mich im Raum, als Miß Trelawny das Bewußtsein verlor. Ich trug sie hinaus und kehrte sogleich um.
    Als ich wieder hineinkam, war ich der erste, und Sie waren mir knapp auf den Fersen, glaube ich.«
    Sergeant Daw überlegte kurz, ehe er antwortete:
    »Sie war bei all diesen Gelegenheiten anwesend oder gar als erste zur Stelle.«
    Die daraus resultierende Folgerung war für mich als Anwalt nicht mißzuverstehen. Am besten also, man ging ihr auf halbem Weg entgegen. Ich habe immer wieder feststellen müssen, daß man einer bloßen Annahme am besten dadurch begegnet, daß man sie zu einer Feststellung werden läßt.
    »Sie meinen also«, sagte ich, »daß bei den einzigen Gelegenheiten, als Schaden entstand, Miß Trelawny dies entdeckte und wir dies als Beweis dafür nehmen müssen, daß sie es getan hat? Oder daß sie irgendwie mit den Angriffsversuchen und mit der jeweiligen Entdeckung in Zusammenhang stand?«
    »Dies so deutlich auszusprechen, hätte ich nicht gewagt. Doch genau dorthin führen mich meine Überlegungen.«
    Sergeant Daw hatte Mut. Er schreckte vor der aus seiner Betrachtung der Tatsachen erwachsenden Folgerung nicht zurück.
    Eine Weile schwiegen wir beide. In mir kamen Befürchtungen hoch. Keine Zweifel an Miß Trelawny oder dem, was sie tat. Aber Befürchtungen, daß ihr Tun mißverstanden werden könnte. Es war offenbar, daß irgendwo ein Geheimnis steckte. Und wenn man keine Lösung fand, würde man den Zweifel irgend jemandem anhängen. In Fällen wie diesen richten sich die Vermutungen der Mehrzahl stets an der Linie des geringsten Widerstandes aus. Und wenn der Beweis gelänge, daß jemandem aus dem Tod Mr. Trelawnys, sollte dieser überhaupt eintreten, ein Vorteil erwuchs, dann würde es diesem Jemand angesichts der Verdachtsmomente schwerfallen, seine Unschuld zu beweisen. Ich ertappte mich dabei, wie ich diesen rücksichtsvollen Kurs verfolgte, der für die Verteidigung stets die sicherste Haltung darstellt, bis der Schlachtplan der Anklage offenbar wird. In diesem Stadium hätte es nichts genützt, wenn ich einer von einem Detektiv entwickelten Theorie scharf entgegentrat. Mit verständnisvollem Zuhören konnte ich Miß Trelawny nun am besten nützen. War der Zeitpunkt gekommen, diese Theorien zu widerlegen, dann würde ich all meinen Kampfgeist samt

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