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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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sämtlichen mir zu Verfügung stehenden Waffen einsetzen.
    »Sie werden natürlich Ihre Pflicht tun«, sagte ich. »Was haben Sie nun vor?«
    »Das weiß ich noch nicht, Sir. Sehen Sie, bislang ist es bei mir ja nicht mal ein Verdacht. Würde mir jemand anders sagen, diese liebreizende junge Dame hätte ihre Hände dabei im Spiel würde ich ihn für verrückt halten. Aber ich bin gehalten, meinen Schlüssen zu folgen. Ich weiß sehr wohl, daß oft ein ganzer Gerichtssaal – mit Ausnahme der Anklage, die die Tatsachen kannte, und des Richters, der es sich angewöhnt hatte, mit seiner Meinung zurückzuhalten – geschworen hätte, der Angeklagte wäre unschuldig, und daß auf diese Weise die unwahrscheinlichsten Personen für schuldig befunden wurden. Ich hätte nicht um alles in der Welt eine junge Dame zu Unrecht beschuldigen mögen, schon gar nicht, wenn eine so schwere Last auf Ihren Schultern ruhte. Und Sie können versichert sein, daß ich mit keinem Wort eine solche Anklage, käme sie von einem anderen, unterstützen würde. Aus diesem Grund spreche ich zu Ihnen ganz im Vertrauen, von Mann zu Mann. Sie sind darin geübt, Beweise zu erbringen. Das ist Ihr Beruf. Meine Arbeit reicht nur bis zu Verdachtsmomenten und zu dem, was wir unsere eigenen Beweise nennen – nämliche Teilbeweise, Indizien, mehr nicht. Sie kennen Miß Trelawny besser als ich. Während ich das Krankenzimmer bewache und mich im Haus umsehe, kann ich die Dame nicht so gut kennenlernen wie Sie und etwas über ihr Leben und ihr Tun erfahren. Wollte ich sie selbst darüber befragen, wäre ihr Argwohn geweckt. Im Falle ihrer Schuld wäre es um den letzten Beweis geschehen. Denn sie würde leicht einen Weg finden, die Aufdeckung zu verhindern. Ist sie aber, wie ich sehr hoffe, unschuldig, dann täte man ihr mit einer Anschuldigung bitter Unrecht. Ich habe mir die ganze Sache gründlich überlegt, ehe ich mich an Sie wandte, und falls ich mir zuviel damit herausnahm, tut es mir aufrichtig leid.«
    »Keineswegs, Daw«, sagte ich voller Wärme, denn der Mut, die Aufrichtigkeit und Bedachtsamkeit dieses Mannes verdienten Respekt. »Ich bin sehr froh, daß Sie mit mir so offen gesprochen haben. Wir beide möchten die Wahrheit finden. Und an diesem Fall haftet so viel Seltsames – Seltsames, das alle unsere Erfahrungen überschreitet –, daß unsere einzige Chance auf lange Sicht darin besteht, auf die Wahrheit aufs Geratewohl zu zielen, egal was unsere Ansichten sein mögen und welches Ziel wir letzten Endes erreichen werden!«
    Der Sergeant schien erfreut, als er fortfuhr:
    »Daher glaubte ich, sie würden schrittweise den Beweis erbringen, wenn Sie wüßten, daß jemand diese Möglichkeit ins Auge faßt; einen Beweis oder zumindest eine Idee, die sie selbst überzeugen würde, entweder dafür oder dagegen. Und dann würde man schließlich zu einem Schluß kommen, oder aber man würde alle anderen Möglichkeiten so genau untersuchen, daß die wahrscheinlichste schließlich als die einem Beweis als nächste oder als starker Verdacht übrigbliebe. Danach müßten wir –«
    In diesem Augenblick ging die Tür auf, und Miß Trelawny trat ein. Kaum hatte sie uns bemerkt, wollte sie sich rasch wieder zurückziehen. »Entschuldigen Sie!« sagte sie. »Ich wußte nicht, daß Sie hier drinnen sind und noch dazu beschäftigt.«
    Bis ich mich erhoben hatte, war sie daran kehrtzumachen.
    »Treten Sie ein«, sagte ich. »Sergeant Daw und ich besprachen die ganze Angelegenheit.«
    Während sie noch unschlüssig dastand, erschien Mrs. Grant mit den Worten: »Dr. Winchester ist da, Miß, und möchte Sie sprechen.«
    Ich gehorchte Miß Trelawnys Blick. Gemeinsam verließen wir den Raum.
    Nachdem der Doktor den Kranken untersucht hatte, teilte er uns mit, daß keine Änderung des Zustandes eingetreten wäre. Er setzte hinzu, daß er dessenungeachtet die Nacht gern im Haus verbringen würde, falls dies möglich wäre. Darüber zeigte sich Miß Trelawny sehr erfreut und ließ Mrs. Grant Bescheid geben, sie möge ein Zimmer bereitmachen. Später, als ich mit ihm zufällig eine Weile allein war, sagte er unvermittelt:
    »Ich habe es eingerichtet, hier die Nacht zu verbringen, weil ich mit Ihnen reden möchte. Und da ich möchte, daß es ganz unter uns bleibt, dachte ich mir, die unauffälligste Möglichkeit ergäbe sich bei einer Zigarre spätabends, wenn Miß Trelawny bei ihrem Vater wacht.«
    Wir hielten uns noch immer an die Abmachung, daß entweder die Tochter des

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