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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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herum.
    Acht Männer, sechs davon in den Farben Graf Heinrichs; die anderen beiden in Lumpen, wie sie fahrendes Volk oder Bauersleute trugen. Einer davon war ein dürrer Hering mit langen schwarzen Locken. Überrascht erkannte Bernhard, daß er gefesselt war. Der zweite Unbewaffnete war kleiner, schmaler und ebenfalls gefesselt, ein Blondschopf, der versuchte, Haltung zu bewahren, als er vorwärts gestoßen wurde. Die Bewegungen des Kerls kamen Bernhard merkwürdig bekannt vor. Er bemühte sich, im Halbdunkel der Halle mehr zu erkennen.
    Die Bewaffneten führten ihre Gefangenen durch die Pforte. Der Blonde wurde von einem Bewacher zurückgehalten, um seinen Leidensgefährten vorzulassen. Er drehte das Gesicht zur Seite.
    Bernhard glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Er gaffte wie versteinert, bis die Gruppe durch die Pforte verschwunden war.
    Der Bewußtlose stöhnte. Bernhard trat ihm mit dem Fuß gegen den Kopf, ohne hinzusehen.
    Heilige Magdalena! Wie war denn das zu verstehen?
    Ein dumpfer Knall war vom Kreuzgang her zu hören, als wenn eine schwere Tür mit aller Wucht zugeworfen worden wäre. Bernhard duckte sich wieder hinter seine Deckung. Er kniff die Augen zusammen und fühlte sich zum erstenmal von den Entwicklungen einer Geschichte, in der er eine Rolle spielte, überrollt. Langsam schüttelte er den Kopf und fluchte durch die geschlossenen Zähne.
    Der blonde Kerl war Roswitha.
    Ludger versuchte langsamer zu atmen, doch das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Roswithas geraden Rücken vor sich zu sehen hatte ihm über den Hof und in den Eingang des großen Gebäudes geholfen. Nun ging er voran, und in ihm war nicht das kleinste Quentchen der Wut, die Roswitha bis hierher bewahrt zu haben schien und die sie kreischen und um sich hatte treten lassen, als man sie ergriffen hatte. Er mußte der Wahrheit ins Gesicht sehen: Alles, was er hatte, war erbärmliche Angst. Als er und Roswitha der schwarz-goldenen Truppe in die Arme gelaufen waren, hatte ihn Furcht ergriffen, unter den Männern die massige Gestalt seines Herrn, Graf Heinrichs, zu erblicken; die Furcht war Entsetzen gewichen, als er erfahren hatte, wohin man sie bringen würde: nach Nienburg, zu Vater Thaddäus. Er fürchtete den Mönch mehr als den Grafen, seinen Auftraggeber.
    Die Männer hatten ihnen nicht verboten zu reden. Er reckte den Kopf über die Schulter nach hinten, um mit Roswitha zu sprechen. Sein Herz setzte aus, und er fühlte kalten Schweiß ausbrechen. Roswitha war fort. Einen Augenblick lang hallte der Schreck in ihm nach. Wohin hatten sie sie gebracht? Und was würden sie ihr jetzt antun?
    »He, fall nicht über deine eigenen Füße!«
    Der Mann, der ihn führte, riß ihn hoch. Ludger keuchte wegen der Grobheit des Burschen. Roswitha! Dann fiel ihm ein, daß sie sich wieder als Konrad von Rietzmeck verkleidet hatte, und für einen Augenblick war er auf unsinnige Weise erleichtert. Roswitha – Konrad für die Männer! – war unwichtig, er war es, hinter dem Vater Thaddäus her war. Die Erleichterung wich der Angst um sich selbst. Er hatte den Drachensamen nicht gefunden, er hatte seine Aufgabe nicht erledigt, seinen Teil der Abmachung – und nun würde Thaddäus ihrem gemeinsamen Herrn genüßlich berichten, was zwischen Ludger und Gräfin Irmgard vorgefallen war. Kein Zweifel, daß Graf Heinrich das Urteil sofort vollstrecken würde. Ehebrecher wurden manchmal mit Holzpflöcken aufeinandergenagelt und gemeinsam begraben, ob sie die Prozedur überlebt hatten oder nicht. Manchmal verschonte der Ehemann seine Gattin, weil er sie aus erbrechtlichen oder dynastischen Gründen noch brauchte … aber niemals denjenigen, der ihn gehörnt hatte. Statt zusammen mit Irmgard würde man ihn wohl mit einer läufigen Hündin durchbohren und irgendwo verscharren. O Jesus Christus, erbarme dich meiner; o heiliger Genesius, Beschützer aller Spielleute, rette mich!
    Ludger taumelte die gewundene Treppe am anderen Ende dieses Kreuzgangflügels hoch, seine Beine wie Werg, seine Eingeweide rumorten. Er wußte jetzt, wie der Recke Roland sich gefühlt haben mußte, als er die Übermacht der Heiden auf sich zustürmen sah, und er ahnte, daß er die Ballade anders hätte erzählen sollen. Roland hatte nicht aus Eigensinn auf den Hornstoß mit dem Olifant verzichtet – er hatte vor Angst keinen Atem gehabt.
    Als der Knall die Treppe herunterschallte, schrak er zusammen. Seine Bewacher lachten ihn aus.
    Ludger von Repgow, auf dem Weg in den sicheren Tod

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