Die sieben Häupter
nie, wofür er sich letztlich entschieden hätte. Er hörte das Schlagen einer Tür von der Treppe her und dann die Tritte von vielen Stiefeln, darüber die gequetschte Stimme des angebrannten Mönchs. Sie kamen in seine Richtung. Er riß sich zusammen, nahm eine straffe Haltung an und stellte sich breit in die Türöffnung. Langsam hob er den Spieß quer vor die Brust.
»Vater Thaddäus, ich danke Euch«, stammelte der magere Dunkelhaarige. Aus der Nähe wirkte er wie einer, dem bis vor kurzem das Dichten eines Liedes als das größte Abenteuer der Christenheit erschienen war und den das Leben nun eines Besserenbelehrt hatte. So sah ein Schaf aus, wenn man es mit dem Schlegel zwischen die Augen traf, um es für das Schlachtermesser zu betäuben. Was hatte Roswitha in seiner Begleitung getan? Schutz konnte sie bei diesem Burschen schwerlich gesucht haben, den hätte höchstens sie beschützen müssen. Er und der versengte Mönch kamen vorneweg. »Ich dachte schon, Ihr hättet mich …«
»Ich war wütend, als ich Euch auf der Straße traf. Ich habe Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen. Ich hoffe, Gott der Herr vergibt mir meine ungerechten Worte.«
»Aber dieser Auftrag …«
»Na, mein Sohn, ein bißchen Dankbarkeit gegen die Großzügigkeit Eures Herrn sollte Euch eine Herzensangelegenheit sein.«
»Das ist es nicht. Ich meine … ich will nicht, daß irgend etwas passiert, und …«
»Was soll denn passieren? Es ist nur eine Botschaft, nichts weiter.«
»Ja, aber sie ist schon recht … äh … gewagt.«
»Ihr seid doch im Auftrag Eures Herrn unterwegs. Ihr steht unter dem Schutz des Emissärs. Und außerdem – wer sagt denn, daß der Erzbischof nicht herzhaft darüber lacht?«
»Aber …«
»Es ist jedenfalls ungefährlicher, als sich von gewissen Frauen verführen zu lassen.«
Der Dunkelhaarige schluckte und sah elend drein. Der Mönch – Vater Thaddäus – schüttelte mit dick aufgetragener Betrübnis den Kopf.
»Armes Kind Gottes. Es gibt Sünden, die lassen einen nur nach langer Sühne in Frieden, und Ihr… laß uns durch, beim heiligen Petrus.« Vater Thaddäus prallte ungläubig zurück, als er auf Bernhards unbeweglichen Körper auflief. »Ich lasse nur meinen Herrn durch«, sagte Bernhard.
»Das ist doch … ich bin der Beichtvater des Herrn, du Büffel.«
»Ich habe meine Befehle.«
Vater Thaddäus mahlte mit den Kiefern, dann drehte er sich ruckartig um. »Herr!« rief er nach hinten. »Bitte … hier steht einer Eurer Männer und versperrt den Weg.«
»Warum kann mich Konrad nicht begleiten?«
»Ludger von Repgow, schützt Eure unsterbliche Seele!« rief Vater Thaddäus. »Und schützt auch Euren verderblichen Leib vor dem Zorn unseres Herrn Heinrich. Begnügt Euch mit seiner Gnade, anstatt von ihm zu fordern. Der Kastr… Euer Gefährte wird hier … nun … die Gastfreundschaft des Herrn genießen, bis Ihr wieder zurück seid.«
»Ich würde mich nur wohler fühlen, wenn er und ich …«
Vater Thaddäus hielt sich die Ohren zu. »Die Sünde mit der Gräfin liegt noch auf Eurer Seele«, zischte er. »Ich will nicht hören, daß Ihr auch noch die Sünde der Sodomie …«
»Er ist nur ein guter Gefährte, das ist alles!« rief Ludger mit einem Unterton der Verzweiflung.
»Und es wird ihm hier an nichts mangeln«, sagte Graf Heinrich, der sich durch seine Männer geschoben hatte, gemütlich. »Schon gar nicht in Abt Gernots wohlgefülltem Weinkeller. Was ist hier los, Vater Thaddäus?«
»Dieser Ochse will uns nicht durchlassen.«
Bernhard riß den Spieß hoch und trat beiseite, um Graf Heinrich den Weg frei zu machen. In seinen Ohren klingelte, was er gerade gehört hatte. Er war wieder im Spiel, und es hatte nichts weiter bedurft, als sich frech hierherzustellen. Der Kastrat – Konrad –, das war Roswitha. Er wußte nicht, was sie so wertvoll machte, daß sowohl Ludger über ihre Freilassung verhandelte, als auch Graf Heinrich sie zurückbehielt, aber er würde es herausbekommen. Und sie als Pfand verwenden. Teufel, Teufel, Bernhard! Gut gemacht, alter Junge. Wenner jetzt auch noch herausbekam, was mit Matteo geschehen war … er war zwar nicht mehr wichtig, aber er gehörte zu seinen Gefolgsleuten, und Bernhard von Aken ließ seine Männer nicht im Stich, wenn es irgendwie ging – ebensowenig seine Frauen. Er versuchte die Erleichterung darüber zu unterdrücken, daß ihn nun die Umstände dazu nötigten, sich um Roswitha zu kümmern.
»Keine besonderen
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