Die sieben Häupter
sich um. Der Keller lag außerhalb des inneren Klosterbereichs – niemand hatte ihn beobachtet. Von der Richtung, in der das Außentor des Klosters lag, vernahm er Stimmen und das Hufgetrappel eines einzelnen Pferdes, das von seinem Reiter ohne große Hast durch den Tordurchgang ins Freie getrieben wurde. Er grinste böse in sich hinein. Den Abgang des dürren Schlappschwanzes hatte er eben noch mitbekommen; es war klar, daß Graf Heinrich jemanden hinter ihm hergeschickt hatte, um darauf zu achten, daß er seine Botschaft auch an den Mann brachte. Es war kein Vertrauen mehr in der Welt.
Bernhard wartete ab, bis sich der Trubel beim Tor wieder gelegt hatte, dann packte er den Spieß und schob die Pforte weiter auf. Es war dunkel dahinter, und in die warme Frühsommerluft mischte sich ein Hauch von Moder, Feuchtigkeit und Kälte, der stärker wurde, als er den Kopf um den gemauerten Türrahmen herumschob und in die Finsternis hinunterstarrte. Es war still. Zu still.
Bernhard zögerte, wie jeder vernünftige Mann zögert, der aus dem hellen Sonnenlicht in ein dunkles Verlies hinabsteigen soll und nicht weiß, was ihn dort erwartet. In seinem Herzenahnte er bereits, daß etwas schiefgegangen war. Schließlich schlüpfte er so schnell hinein und schlug die Pforte so geschwind hinter sich zu, daß ein Schütze, der auf den Trick mit der angetippten Tür nicht hereingefallen wäre, zu lange gebraucht hätte, um auf die im gleißenden Rechteck der Öffnung kurz sichtbare Gestalt zu zielen.
Bernhard kauerte sich ein paar Treppenstufen weiter unten an die Wand und atmete leise durch den Mund. Noch immer war nichts zu hören. Auch jetzt, als seine Augen sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er keinen Fackelschein. Es war kaum vorstellbar, daß Graf Heinrichs Knecht dort unten ohne Licht ausharrte. Hatte er Roswitha allein zurückgelassen, auf eine zweite Tür vertrauend, die es dort vielleicht gab, und hatte sich zu seinen Kameraden gesellt? Und die äußere Tür offengelassen? Sie waren Anfänger, aber bestimmt keine so erbärmlichen.
Bernhard glitt die Stufen hinunter. Ein Gang schloß sich an, der scharf um die Ecke führte. Er horchte hinüber. Kein menschlicher Laut. Er schnüffelte. Kellergestank, etwas vergorener Wein, der brandige Harzgestank von Fackeln und noch etwas anderes, das er nicht einordnen konnte. Exkremente? Wasser tropfte langsam auf den Boden … plick … plick … plick … Zugluft stöhnte leise und unregelmäßig. Bernhard machte einen Schritt nach vorn, den Spieß ausgestreckt. Er trat auf etwas Dünnes, Längliches, das davonrollte und ihn straucheln ließ.
»Schei…!« Bernhard verschluckte den Rest und hielt den Atem an. Keine Reaktion. Er kauerte sich auf den Boden und tastete im Dunkeln herum, bis er das Hindernis fand. Eine Fackel, noch warm an ihrem dicken Ende und nicht so weit heruntergebrannt, daß sie lange in Gebrauch gewesen sein konnte. Er dachte einen Augenblick lang nach. Mittlerweile war er sicher, daß ihm niemand auflauerte. Wenn es einenWächter gegeben hatte, war er verschwunden. Er fummelte in den Taschen seiner Verkleidung herum, bis er Feuersteine fand, dann begann er, Funken in den Kopf der Fackel zu schlagen. Sie begann schnell zu brennen – wenn sie vor mehr als einer Stunde gelöscht worden war, wollte er nie wieder einen Bart tragen. Er hob die Fackel und streckte sie nach vorn. Ein Messer flog aus der Dunkelheit auf ihn zu.
Der Kerl trug ein Lederwams und lederne Beinlinge. Das einzige metallene Ausrüstungsstück an ihm war ein flacher, runder Helm, und der hatte ihn nicht schützen können. Mit der Öffnung nach oben lag er neben ihm. Bernhard hob das Messer auf, das vor seine Füße gekollert war, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten.
Nicht weit neben dem Lederbewamsten lag ein zweiter Mann auf dem Gesicht. Sein Waffenrock leuchtete schwarzgold im Fackellicht. Er regte sich nicht. Der Spieß an seiner Seite war fast bis zum Handgriff schwarz von Blut. Der Mann mit dem Lederwams starrte Bernhard mit weit aufgerissenen Augen entgegen. Sein Atem ging flach und stoßweise und kaum hörbar. Bernhard deutete zu dem Knecht Graf Heinrichs hinüber.
»Tot?«
Der Mann mit dem Lederwams nickte abgehackt, ohne ein Auge von Bernhard zu lassen. Seine rechte Hand fuhr ziellos über den Boden, auf der Suche nach einer Waffe. Die Linke hielt sein Lederwams und seine Bauchdecke zusammen und versuchte, das hervorquellende Gedärm festzuhalten. Von der Decke
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