Die sieben Häupter
aus Filz. Seine Kleidung bestand aus einem Kittel, der von einem Gürtel zusammengehalten wurde. Daran hingen ein Messer und ein Geldbeutel.
Ludger hatte Mühe zu begreifen, was da geschehen war. Er war noch am Leben, und Hagatheo konnte ihm nie mehr gefährlich werden. Am liebsten wäre er seinem Retter um den Hals gefallen, doch ein ungewisses Gefühl war in ihmaufgestiegen, das ihn daran hinderte. Zu undurchsichtig erschien ihm der Slawe. So bedankte er sich nur mit vergleichsweise kühlen Worten und fragte, wer der andere sei.
»Budiwoj, ein einfacher Fischer aus Schmöckwitz. Ich habe Euch im Sumpf gefunden und mit meinen Vettern hierher in Krutos Haus gebracht, wo Euch Petrissa gepflegt hat, die meine Tochter ist.«
»Sie sagte mir, Ihr könntet mich mit dem Boot auf die Burg nach Köpenick bringen?«
»Das wird sich alles finden …« Damit bückte sich Budiwoj, um die Leiche Hagatheos nach draußen zu schaffen. Nach wenigen Augenblicken kam er zurück.
»Wo sind die Männer, die bei Hagatheo waren?« fragte Ludger.
»Ich habe niemanden sonst gesehen«, antwortete Budiwoj.
»Ah, ja …« Ludger von Repgow war nicht ganz überzeugt davon, daß das die Wahrheit war, hielt es aber für sinnlos, groß nachzufragen. Etwas anderes war ihm eingefallen. »Sagt: Wenn Ihr Fischer seid, dann liegt Schmöckwitz wohl an einem See?«
»Ja, an mehreren gleich.« Budiwoj nahm den Speer und zeichnete damit eine Karte der Gegend in den Staub neben dem Herd. »Die Dahme speist die Seen ringsum und mündet dann bei Köpenick in die Spree.«
»Und die Spree abwärts liegt dann Spandau.«
»So ist es.«
Ludger war sehr erfreut darüber, denn Spandau war ihm allemal lieber als Köpenick, weil es den Askaniern gehörte. »Könnt Ihr mich mit dem Boot nach Spandau bringen?«
Budiwoj überlegte eine Weile. »Ja, schon. Später. Aber das wird Euch eine Menge kosten.«
»Das laßt nur meine Sorge sein.«
Budiwoj wandte sich zur Tür. »Ich werde sehen, was sich machen läßt.« Damit ging er wieder.
Ludger hörte nicht, ob er die Tür von draußen verschloß und verriegelte, fühlte sich aber dennoch als Gefangener des Schmöckwitzers. Von diesem Mann ging irgendein Geheimnis aus, das spürte er ganz genau, und es war sehr zu bezweifeln, daß er wirklich nichts weiter als ein simpler Fischer war. Aber was sonst? Hier versagte LudgersVorstellungskraft. Und je mehr er darüber nachdachte, um so unheimlicher wurde ihm dieser Budiwoj. Ludger schauderte es bei dem Gedanken, daß man ihn hier womöglich gefangenhielt, um ihn einem der alten slawischen Götter zu opfern. Obwohl er dagegen anzukämpfen suchte, geriet er immer mehr in Panik und dachte an nichts anderes mehr als an seine Flucht. Der Fluß war in der Nähe, und ein Boot ließ sich immer stehlen. Die Strömung trug ihn dann hinauf nach Köpenick und möglicherweise, wenn ihn dort niemand entdeckte und aufzuhalten suchte, bis nach Spandau. So einigermaßen bei Kräften war er ja wieder, und einfach so in einem Boot zu liegen und sich treiben zu lassen, das hielt er schon aus. Essen mußte er nicht unbedingt, und Wasser zum Trinken gab es mehr als genug.
Also wagte er es. Vorsichtig zog er die Tür auf und spähte zum Anger hinaus. Auf der anderen Seite war ein Imker mit seinen Bienenstöcken beschäftigt. Ein alter Mann reparierte ein aufgehängtes Fischernetz. Zwei Frauen kamen aus dem Ziegenstall. Niemand sah zum Blockhaus des Dorfältesten hinüber, und so schlüpfte Ludger von Repgow hinaus, lief gebückt zum Gebüsch auf der Rückseite des Hauses, bog die Zweige auseinander und verschwand darin.
Schon bereute er es. Nun war er wieder vogelfrei. Niemand schützte ihn mehr, nicht einmal eine junge Frau wie Petrissa oder ein schwer zu durchschauender Slawe wie Budiwoj.
Nach wenigen Schritten schon war Ludger am Fluß, der linker Hand so breit wurde, daß er Zweifel hatte, ihn schwimmend überwinden zu können. Schade, denn am anderen Uferzog sich im Westen eine langgestreckte Hügelkette entlang, und dort hätte er sich wohler gefühlt als hier auf der südlichen Seite der Dahme, wo es ziemlich sumpfig war. Also mußte er es da versuchen, wo er war. Er hatte keine andere Wahl, wollte er nach Köpenick oder besser noch nach Spandau gelangen.
Bevor es dunkel wurde, wollte er eine weite Strecke Wegs geschafft haben. Doch schon bald merkte er, daß es mit dem Laufen doch noch nicht so richtig ging, denn die Flucht und dann Fieber und das lange Liegen hatten ihn zu
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