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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Kopf. So nah das Wasser, so nah die Nahrung, und doch unerreichbar. Noch konnte er denken, sich ein grimmiges Lächeln auf die Lippen zwingen, die trocken und aufgesprungen waren. Noch. Er zerrte an der Kette, seine Handgelenke, blutig und aufgescheuert, schmerzten. Der Schmerz überdeckte den Durst. Noch.
    Ein Geräusch an der Tür ließ ihn innehalten. Kamen sie?Kamen sie, ihn wieder zu fragen, wo das Säckchen sei, ihm die Lippen zu benetzen, damit er nicht starb, einen Tropfen auf die Zunge zu träufeln, damit er sein vermeintliches Geheimnis nicht mit in den Tod nahm? Er konnte nicht glauben, daß Gott dies alles wollte, es mußten andere Götter sein, die ihn dies alles erleiden ließen, vielleicht der heimische Triglaw, dieser Pferdegott, oder die anderen alten Götter. Er starrte in die Dunkelheit, wartete auf das Geräusch des zurückgleitenden Riegels, konnte an nichts anderes mehr denken als an Wasser, Wasser, Wasser.
    Der Riegel wurde zurückgeschoben. Ludger heftete seine brennenden Augen auf die Tür, und richtig, einer seiner Wärter trat herein, eine Fackel in der Hand, hinter ihm Pribislaw, ein höhnisches Grinsen auf dem Gesicht. »Nun, edler Herr Ludger von Repgow, hast du uns etwas zu sagen?«
    Ludger stöhnte. »Wasser, gebt mir Wasser.«
    Pribislaw nickte dem Wächter zu, der tunkte ein Tuch in die Schüssel, befeuchtete Ludger die Lippen. »Bah, wie der stinkt, schlimmer als eine Latrine.« Angewidert wandte sich der Mann ab.
    Köstliche Feuchtigkeit, himmlische Gabe, Ludger genoß sie mit geschlossenen Augen. Daß er stank, kümmerte ihn nicht, nicht mehr. »Noch etwas.«
    Ein erneuter Wink von Pribislaw, ein Tropfen auf seiner Zunge. »Nun«, hörte er die Stimme des Slawen, »wo ist das Säckchen?«
    Ludger wollte es nicht, es konnte sein Todesurteil sein, er wußte es, dennoch rannen die Worte aus seinem Munde, wie von einer fremden Macht gesteuert. »Konrad von Rietzmeck, Kloster Nienburg, der Zupan. – Gebt mir Wasser.«
    Jetzt fühlte er die Schüssel an seinen Lippen, ein Schluck, ein winziger Schluck wurde ihm gegönnt. Die Kehle brannte, egal, Wasser rann in seinen Magen, herrliches Naß. Er fühlte seinenVerstand wiederkehren, den er zu verlieren gefürchtet hatte, in der Dunkelheit, durch die Tortur. Wie schwach doch der Körper war, wie schwach die Seele, er hätte gedacht, länger durchzuhalten. Mehr durfte er nicht preisgeben, wollte er weiterleben.
    Pribislaw zog sich ein Schaffell heran und setzte sich neben ihn. »Na bitte, geht doch. Jetzt alles schön im Zusammenhang. Wer ist dieser Konrad? Und der Drachensamen, ist er im Besitz des Klosters, im Besitz des Greif?«
    Ludger schüttelte den Kopf, rollte sich zusammen, sprach nicht mehr. Er mußte Zeit gewinnen, Lebenszeit. Er kostete dem Geschmack des Wassers nach, ein Schluck nur war es gewesen, viel zuwenig, er wollte mehr, mehr, doch er mußte sich beherrschen, durfte nicht um mehr betteln, es würde schon reichen, für einen Tag vielleicht.
    Ein Tritt traf ihn in die Seite. Ludger biß die Zähne aufeinander, unterdrückte einen Schmerzensschrei.
    »Willst noch immer nicht reden?« Das Wasser wurde über ihn ausgeschüttet. O diese Verschwendung, gütiger Gott. Er versuchte, die über seinen Kopf herabrinnenden Tropfen aufzufangen, einen, zwei bekam er auf die Zunge.
    »Fand, du gehörtest mal gewaschen, edler Herr«, tönte die Stimme des Wärters, »wie verträgt sich das mit deinem Stand, vollgepißt und vollgeschissen vor einem Ritter zu liegen?«
    Es war ihm egal. Anfangs, ja, da war die Scham unerträglich gewesen, sich zu beschmutzen, da hatte der Ekel ihn noch geschüttelt, wenn die Natur siegte und der beißende Gestank seiner eigenen Exkremente in seine Nase stieg. Aber jetzt? Einerlei, Wasser wollte er, leben wollte er, also durfte er nichts sagen, er hatte schon zuviel gesagt. Erneut traf ihn ein Tritt, dann fühlte er seine Sinne schwinden, Leichtigkeit erfüllte ihn, war das der Tod? Wenn er es war, dann hatte er nichts zu fürchten.
    Schmöckwitz, Juni 1223
    Er erwachte, weil etwas an seine Lippen gehalten wurde. Wasser, Flüssigkeit, Nahrung, gierig schluckte er, dann schlug er die Augen auf. Er war im Himmel, denn über ihm leuchtete das Gesicht eines Engels, umrahmt von blonden Haaren. Dann kam das Erkennen. Er war nicht im Jenseits, er war in Schmöckwitz, in der Hütte des verstorbenen Dorfältesten, lag im Schoß von Petrissa, der Geliebten des Pribislaw.
    Er versuchte ein Lächeln. »Zum zweitenmal

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