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Die sieben Schätze des Yoga

Die sieben Schätze des Yoga

Titel: Die sieben Schätze des Yoga
Autoren: Gräfe und Unzer
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Kasten keine heiligen Schriften lesen. Ausländer gehörten nicht zum Kastenwesen, insofern galten sie als unrein. Es gab ganz klare Regeln. Aber in den indischen Schriften, die solche Regeln aufstellen, steht auch: Wenn es eine Gefahrenzeit gibt, gelten überhaupt keine Regeln mehr! Und Krishnamacharya sagte: Es ist eine Bedrohung, dass unser altes Wissen untergeht. Insofern gelten die alten Regeln nicht mehr. Jeder darf lernen, jeder soll lernen! Und das galt dann für alles, ob Yoga-Asanas, Texte, Mantras, egal. So wurde es möglich, dass viele Moslems zum Yoga kamen und Krishnamacharya in der Folge moslemische und sowieso christliche Schüler hatte.
    Und dies ist das andere Geschenk: »Yoga soll dem Ort, der Zeit, der Situation und der Person angepasst sein.« Es ist nicht Krishnamacharya selbst, sondern seine Tradition, die das sagt – der Satz findet sich im Yoga-Sutra 2.31. »Lebt ein Mensch in vollkommener Übereinstimmung mit den yama, wird er niemals davon abweichen, egal welcher Berufung er folgt, an welchem Ort und zu welcher Zeit er lebt und welcher Art seine momentanen Umstände sind. So erfüllt er die höchste Stufe.« (Übersetzt von T. K. V. Desikachar) In diesem Sinne gestaltete Krishnamacharya auch seine therapeutische Arbeit – und formulierte kurz und bündig: »Yoga passt sich dem Menschen an, fertig, aus, Schluss. Du kannst nicht den Menschen dem Yoga anpassen; der Mensch darf nicht angepasst, geformt werden oder dem Yoga gerecht gemacht werden! Yoga muss dem Menschen gerecht gemacht werden!« Weißt du, das war sehr, sehr radikal. Davor kannte man ja nichts anderes, als dass die Menschen, die Yoga praktizierten, sich zu hundert Prozent den Anforderungen und Anleitungen ihrer Lehrer unterwarfen, egal ob es ihren Voraussetzungen und Bedürfnissen entsprach oder nicht.
    Yama sind die fünf Aspekte, die – wenn wir uns im Yoga verankern – unsere Haltung gegenüber unserer Umwelt bestimmen sollten. Es sind Gewaltlosigkeit bzw. Rücksichtnahme, Wahrhaftigkeit, Nicht-Stehlen, maßvoller Lebenswandel und Anspruchslosigkeit (erläutert im Yoga-Sutra 2.30 ff.)
    R. Sriram
    »Einerseits können wir nicht aufhören zu denken, weil wir nun mal im 21. Jahrhundert leben. Andererseits müssen wir dieses Denken irgendwie in Harmonie bringen mit unserem Glauben und unserem Tun. Patañjalis Yoga-Sutra hilft uns dabei, das alles wieder auszubalancieren.«
    Wie hast du zum Yoga gefunden?
    In der Bhagavad Gita, einem der großen indischen Weisheitstexte, heißt es, dass es verschiedene Arten von Schülern gibt. Der eine geht zum Yoga, weil ihm die Welt voller Leiden ist, er erlebt das Leiden an sich selbst und sagt: »Ich möchte aus dem Leid rauskommen.« Der andere hat eine ganz starke Vision oder ein Ziel und sagt: »Ich muss das machen!« Um dieses Ziel zu verwirklichen, geht er zum Yoga. Es geht ihm nicht um ein soziales Ziel, sondern um ein inneres Ziel. Er sagt: »Ich muss das machen, um mich zu finden, um zur Erkenntnis zu kommen.« Der Dritte fragt: »Was ist die Wahrheit, wo liegt die Wahrheit? Ist das die Wahrheit, die ich vor mir habe?« Er ist motiviert aus einer fragenden Perspektive. Ich glaube, das ist eher mein Beweggrund gewesen. Mein Grundtenor damals war, dass etwas nicht richtig tickt in der Welt, um mich herum, bei Familie, Freunden, Schule, Welt. Ich dachte, ich bin nicht glücklich, wenn ich nur diese Welt als Wahrheit hinnehmen muss.
    Es gab noch ein zweites Thema, das mich in meiner Jugend und in meiner Universitätszeit sehr bewegte. Ich habe mich damals sehr viel mit westlicher Philosophie und englischer Literatur beschäftigt. Alles, was ich dort las, kommt sehr aus dem Intellekt. Da hat mich die Frage bewegt, wie es möglich sein kann, dass man sich selbst rein aus dem Intellekt versteht. Diese Frage kam sehr, sehr oft. Sie war auch ein Grund, wieso ich wieder zum Yoga zurückkam. Denn ich war grundsätzlich ein sehr religiöser Mensch, hatte aber in meiner Jugend davon Abstand genommen. Das Vedanta (Kasten rechts) hatte mich nicht mehr so fasziniert in der Zeit, als ich zum Yoga kam. Ich habe sogar einen großen Bogen um die Religion gemacht. Aber die Lösungen, die nicht religiös waren, waren mir zu intellektuell. Und in diesem Zeitraum, über Gespräche mit Freunden, persönlichen Austausch und so weiter, kam ich zu der Überzeugung, dass Yoga eine andere Antwort gibt. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Begegnung mit der westlichen Philosophie hatte. Das hat mir sozusagen
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