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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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sich die Damen genug über Mode unterhalten haben, würde ich gerne aufbrechen.« Arusch lehnte grinsend am Türrahmen und forderte mit einer Geste auf, ihm zu folgen. Er drehte sich um, um herauszutreten, da stieß er gegen einen vollständig in dunklem Grau gekleideten Mann. Dieser stand vor dem Eingang und schien dort zu warten. Arusch, sichtlich erschrocken, packte ihn am Kragen und zerrte ihn brutal gegen die Hauswand.
    »Wer bist du?«, blaffte er ihn an. »Was hast du vor der Tür zu suchen?«
    »Ich ... ich bin Georgios«, antwortete dieser kleinlaut. »Ich sollte Euch zu dem Blachernen Palast führen.«
    Georgios rang nach Luft, da Arusch nicht daran dachte, seinen Griff zu lockern. »Narses bat mich darum«, hechelte er. »Ich war schon einmal im Palast.«
    »Lass ihn los, Arusch«, sagte Narses und zog an Aruschs Ärmel. »Er sagt die Wahrheit. Ohne Georgios wüssten wir nicht, dass sich dein Tuch überhaupt im Blachernen Palast befindet.«
    »Nun gut«, meinte Arusch und löste vorsichtig seine Hände von Georgios. »Lasst uns losgehen.«
    Arusch lief einen Schritt die Straße hinab, doch Georgios blieb unverrichteter Dinge stehen und blickte Narses fragend an.
    »Was ist?«, fragte Arusch ärgerlich. »Haben wir noch was vergessen?«
    »Narses versprach mir eine Belohnung«, antwortete Georgios. »Die hätte ich gerne sofort. Wer weiß, ob Ihr es Euch später nicht anders überlegt.«
    Mit gefletschten Zähnen, was ein Lächeln bedeuten sollte, streckte er seine Hand Richtung Arusch aus. Mürrisch kramte dieser seinen Beutel hervor und zückte eine Münze. Mit einem einfachen »Da!« knallte er sie Georgios in die Hand. »Ich hoffe, du bist dieses Geld auch wert.«
    Arusch fühlte sich unwohl. Georgios’ Gesichtsausdruck verhieß ihm nichts Gutes. Er strahlte eine Gier aus, die ihn vermuten ließ, an diesem Tag nicht die letzte Münze gezückt zu haben. Er beschloss daher, besonders wachsam zu sein.
    Angetrieben von Georgios, hasteten sie durch die Straßen. Ihr Weg führte sie quer durch die gesamte Stadt, bis an das andere Ende der Stadtmauer. Arusch hatte den Eindruck, dass nach und nach das Alltagsleben der Bewohner zurückzukehren schien. Die Kämpfe ruhten seit einiger Zeit, und die Gassen erwachten von Tag zu Tag zu mehr Leben. Unterwegs wurden sie von zwei Bettlern um ein Almosen gebeten. Ermutigt durch Aruschs Kreuzrittergewand, lief Georgios einem von ihnen drohend hinterher, schlug ihm mehrmals ins Gesicht und trat ihm so lange in den Rücken, bis dieser eingeschüchtert in einer Seitengasse verschwand.
    »Ein einfaches Nein hätte es auch getan«, meinte Pardus kopfschüttelnd.
    »Wenn ihr in diesen Zeiten Mitleid zeigt, ist das euer Ende«, verteidigte sich Georgios. »Wenn ihr nur einem Einzigen in dieser Gegend etwas zukommen lasst, habt ihr die halbe Stadt im Nacken. Ihr werdet mir noch dankbar sein.«
    Wenige Zeit später tat sich vor ihnen ein Marktplatz auf. Einige Passanten huschten mit gesenktem Haupt über das Pflaster auf die andere Seite. An den Ecken des Platzes waren teilnahmslos dreinschauende Wachen postiert. Mit Lanze und Schild standen sie unbeweglich da und beobachteten die Vorgänge um die Verkaufsstände herum.
    »Lasst uns außen entlang gehen«, flüsterte Arusch. »Ich möchte kein unnötiges Ziel abgeben und nicht auffallen, weil mich ein Händler von der Seite anspricht.«
    Niemand widersprach, und sie schlenderten unauffällig an den Häuserreihen am Rande des Platzes vorbei auf die gegenüberliegende Seite. Plötzlich blieb Pardus stehen und erstarrte.
    »S-seht doch!«, rief er und deutete mit zittriger Hand gegen eine Hauswand. »D-dort oben!«
    Aus den Fenstern des obersten Stockwerks baumelten vier Männer heraus. Man hatte die Stricke von innen befestigt und die armseligen Kreaturen vom Fenstersims gestoßen. Alle vier hatten sie die Augen aufgerissen, als hätten sie sich gerade erst fürchterlich erschrocken. Doch in ihren Leibern steckte schon lange kein Leben mehr. Der Körper eines der Gehenkten wurde nur noch von ein paar verbliebenen Hautfetzen am Kopf gehalten. Eine Krähe saß mit blutverschmiertem Schnabel auf dessen Schulter und pickte genüsslich immer wieder in die Wunde. Nicht mehr lange und der Rumpf würde auf den Boden stürzen.
    Überrascht war Arusch über die Kleider, die die Toten trugen. Es waren Kreuzrittergewänder. Bei zweien klemmte ein Brett an der Brust.
    »Was steht auf diesen Schildern?«, fragte Narses leise.
    »Plünderer«,

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