Die siebte Maske
etwas nennt man Behinderung der Behörden in der Ausübung ihrer Pflicht, und man sollte es unterlassen. Aber da du dich des Vergehens nun einmal schuldig gemacht hast« – er lächelte -, »vielen Dank. Wie heißt der Kerl?«
»Fry nannte ihn Sawyer. Aber im Buch lautete sein Name Kessie, John Kessie. Da standen noch ein paar Namen, aber die habe ich mir nicht gemerkt. Ferner war eine ganze Reihe von Festnahmen angeführt, aber – soviel ich gesehen habe – nur zwei gerichtliche Verurteilungen. Er war eine Zeitlang in Leavenworth eingesperrt –«
»Leavenworth? Das ist eine Bundesstrafanstalt. Hast du gesehen, weswegen er verurteilt wurde?«
»Ja, eine Rauschgiftaffäre. Ich glaube, er hat das Zeug verkauft.«
»Rauschgift!«
»So stand es dort. Der Kerl ist offenbar ein Rauschgifthändler. Aber jetzt hat er auf Butler umgesattelt. Eine tolle Umstellung. Nanu«, sagte er, als er sah, wie Mike vor sich hin starrte. »Willst du nicht endlich den Wagen anlassen? Ich schulde Louise noch eine ausführliche Erklärung.«
»Ich habe nur nachgedacht«, sagte Mike.
»Worüber?«
Mike schaute den Zündschlüssel in seiner Hand an.
»Darüber«, sagte er. »Über den Schlüssel der ganzen Angelegenheit.«
Phil brauchte Louise nichts zu erklären. Das übernahm Mike. Es war typisch Louise, vornehm, schweigend dazusitzen und zuzuhören, obwohl sie bestimmt gern gestöhnt, geflucht und sich beklagt hätte und Mike am liebsten ins Wort gefallen wäre. Als Mike mit seinem Bericht fertig war, nannte sie ihren Mann auf verschiedene Weisen einen Dummkopf, weil er sich einer solchen
Gefahr ausgesetzt hatte, aber schließlich fiel sie ihm um den Hals und war stolz auf ihn, wie sie erklärte.
»Du darfst sogar besonders stolz auf Phil sein.« Mike lächelte. »Denn durch sein Eingreifen tritt das Problem endlich klar zutage.«
»Tatsächlich?« fragte Phil.
»Jawohl.« Mike nickte. »Ich meine, daß du Sawyer – oder vielmehr: Kessie – im Verbrecheralbum erkannt hast. Sag Louise, was seine Spezialität ist, Phil.«
»Rauschgift«, sagte Phil etwas verwirrt. »Aber was ziehst du daraus für Schlußfolgerungen?«
»Soll das heißen, daß bei diesen Klavierabenden Rauschgift verkauft wird?« fragte Louise.
»Nein«, sagte Mike. »Das bezweifle ich. Phil hat keinerlei Transaktionen beobachtet, und ich bezweifle, daß ein Mann wie Fry sich so offen in eine Rauschgiftaffäre einlassen würde. Ich glaube vielmehr, daß Sawyer das Zeug verkauft oder früher verkauft hat. Und wenn er die Namen seiner Kunden an Fry weiterleitet.«
»Kapiert«, sagte Phil. »Die Liste von Frys Opfern ist identisch mit der Liste von Sawyers Kunden.«
»Sieh mal an«, bemerkte Louise charmant, »wie perfekt ihr zwei Holmes und Watson imitieren könnt.«
»Und wer ist wer?« fragte Phil. »Ach, ich weiß schon.«
»Das könnte wirklich die Lösung sein«, sagte Mike begeistert. »Zumal, wenn Sawyers Kunden aus den besseren Kreisen stammten …«
»Wie etwa Walter Haven?« unterbrach Phil.
Louise protestierte: »Das kann doch nicht dein Ernst sein?«
»Mit Sicherheit läßt sich nichts behaupten«, sagte Mike.
»Vielleicht war Fry etwas anderes Nachteiliges über Walter bekannt; vielleicht hat er mehrere Informationsquellen.«
»Jedenfalls müssen wir es herausfinden, was auch immer es ist«, sagte Phil. »Und zwar schnell.«
»Wann fängt die Verhandlung gegen Jerrick an?« fragte Louise.
»Morgen«, erwiderte Mike. »Und wie die Dinge liegen, verspricht der Prozeß kurz und bündig zu werden.«
»Und vielleicht«, fügte Phil grimmig hinzu, »tödlich.«
»Aber was in aller Welt können wir unternehmen?« fragte Louise und blickte vom einen zum andern. »Man kann diese Leute nicht zwingen, daß sie die Wahrheit über Walter sagen. Nicht ohne sie gleichzeitig als Erpresser bloßzustellen. Das sieht mir ganz nach einer Sackgasse aus.«
»Möglich«, sagte Mike. »Es sei denn, wir finden einen Umweg.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, indem wir den Beweis erbringen, daß Fry ein Erpresser ist, und ihn damit erpressen, uns die nötigen Informationen über Walter Haven zu geben.«
»Aber wie sollen wir den Beweis erbringen?«
Mike stand auf und ging zum Kamin. Dort hatte er vor einer halben Stunde seine Kaffeetasse abgestellt, und jetzt nippte er daran, ohne zu merken, daß der Kaffee längst kalt geworden war.
Dann meinte er: »Wir könnten uns selbst erpressen lassen, oder?«
»Das wird nicht so leicht sein. Der hält dich
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