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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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muß. Das fällt unter die Schweigepflicht, die ich meinem Klienten schuldig bin.«
    »Aber Fry ist nicht dein Klient!«
    »Bill, ich kann es nicht ändern. Wenn ich alle meine Karten auf den Tisch lege und die Polizei einweihe, dann schade ich damit den Interessen meines Klienten. Du weißt doch selbst, wie das ist.«
    »Aber du deckst einen Verbrecher –«
    »Wenn ich ihn dir auf einem silbernen Tablett präsentieren könnte, würde ich es tun! Aber im Moment steht Mrs. Haven im Vordergrund meiner Verpflichtungen.«
    »Also gut, von mir aus«, sagte Bill gereizt. »Was willst du also von mir?«
    Mike schaute den Polizeichef mit ehrlicher Sympathie an. »Wie wär’s mit dem Informationsmaterial?« fragte er.
    Martha brachte es herein. Die Mappe enthielt nicht viel: eine mit der Maschine getippte Zusammenfassung, die Kopie eines Zeitungsartikels und ein paar zusammengeheftete Blätter aus dem Staatlichen Krankenhaus in Monticello.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte Bill. »Es ist kaum der Rede wert. Wie du aus dem Lebenslauf ersehen kannst, hatte es Fry hauptsächlich mit der Kunst.«
    »Ein Wunderkind.« Martha lächelte. »In dem Zeitungsartikel heißt es, er habe sein erstes Konzert mit neun Jahren gegeben, in Boston. Ist das nicht süß?«
    »Reizend«, sagte Mike und verzog das Gesicht. »Besonders wenn ich an sein letztes Konzert denke …«
    »Das Konzert, das Phil besucht hat?« fragte Bill hart dazwischen.
    Mike überflog den Artikel. Es handelte sich um die Besprechung eines Konzerts, das Joachim Fry in der
    Hollywood Bowl gegeben hatte. Die Kritik war ausgesprochen lau, aber das etwas unscharfe Foto ließ Fry triumphierend erscheinen.
    Bill sagte: »Er sieht nicht aus wie jemand, der imstande ist, Phil ins Krankenhaus zu bringen.«
    »Wer hat denn das behauptet?«
    »Aber ihr wißt doch«, mischte sich Martha ein, »was man Leuten nachsagt, die – na ja – nicht ganz richtig im Kopf sind. Angeblich besitzen sie übermenschliche Kräfte.«
    »Was soll das nun wieder heißen?« fragte Mike.
    Martha tippte mit dem Finger auf die Papiere. Jetzt erst erkannte Mike die Bedeutung des Krankenhausberichts. Er stammte aus der Psychiatrischen Abteilung des Staatlichen Krankenhauses von Monticello und befaßte sich mit Joachim Frys vierjährigem Aufenthalt in der Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke.
    »Na«, meinte Mike grimmig, »das ergibt wenigstens einen Sinn.«
    Später am Nachmittag machte er einen weiteren Fortschritt. Phil, dessen Gesichtsschwellungen zurückgegangen waren und den man kunstgerecht verbunden hatte, war aus dem Krankenhaus entlassen worden. Mike versorgte ihn mit etwas Eßbarem – Phil konnte noch kein Steak beißen, also begnügte er sich mit Suppe – und begleitete seinen Freund dann zur Polizeidienststelle. Polizeichef Marceau führte die beiden höchstpersönlich in den Raum, wo die Verbrecherkartei untergebracht war.
    Nachdem Phil auf der Suche nach einem Polizeifoto seines Angreifers vier Bücher mit Bildern durchgeblättert hatte, wurde Bill müde und überließ sie der Obhut eines
    Leutnants namens Barney. Barney hoffte inständig auf eine Reaktion von Phil, aber der zeigte keine. Er blätterte noch ein Dutzend weiterer Bücher durch, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. Barney fing an zu gähnen, und Mike spürte einen Krampf in sämtlichen Gliedern. Phil blätterte unverdrossen weiter. Die Zeiger der großen Wanduhr rückten unaufhaltsam voran, vollführten bereits die zweite Umdrehung seit der Ankunft der beiden Freunde. Allmählich wurde ihnen klar, daß Phil den Mann nicht finden würde.
    Schließlich klappte Phil das Buch zu und sagte: »Tut mir leid, Barney, aber es hat keinen Zweck. Ich bin jetzt so weit, daß ich mir einbilde, die Gesichter sehen alle gleich aus.«
    »Ja, das kommt vor«, sagte Barney verständnisvoll. »Und wer weiß? Vielleicht hatte der Kerl, der Sie überfallen hat, noch nie etwas mit der Polizei zu tun.«
    »Und da kommt er erst jetzt drauf!« stöhnte Phil.
    Als er jedoch draußen in Mikes Wagen einstieg, grinste Phil und sagte: »Hoffentlich habe ich richtig gehandelt, Mike.«
    »Wieso?«
    »Daß ich den Mund gehalten habe.«
    »Was?«
    »Tja, ich habe den Kerl nämlich doch herausgefunden. War verdammt schwer, Barney nichts merken zu lassen. Aber ich habe mir gedacht, du möchtest vielleicht früher Bescheid wissen als Bill, für den Fall, daß du einige Schachzüge vorhast.«
    »Das war grundfalsch«, tadelte Mike streng. »So

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