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Die Siechenmagd

Die Siechenmagd

Titel: Die Siechenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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ich bettlägerig und pflegebedürftig werden, so steht es dir an, mich zu pflegen. Wenn ich mit dir zufrieden bin und du deine Aufgaben so erledigst, wie ich es von meiner Hausmagd erwarte, werde ich dafür sorgen, dass du nach meinem Tod bedacht wirst. So, Jungfer, das wäre erst mal alles. Für heute, an meinem Festtag, bist du mein Gast und sollst an meiner Seite tafeln. Ab morgen in der Früh wirst du mich aufsuchen und mit deiner Arbeit beginnen. Da ich sehe, wie schmucklos und schlicht du einhergehst, will ich dir ein Einstandsgeschenk machen, das dich in Treue an mich binden soll“, beendet Ulrich seine Ausführungen, erhebt sich vom Tisch und geht zu der Ebenholztruhe auf dem Wandbord. Er öffnet sie mit seinem Schlüssel und lässt nachdenklich die verschiedenen Schmuckstücke durch die Finger gleiten, bis er sich für eines entscheidet. Es ist eine ovale Silberbrosche, in deren Mitte ein kunstvoll geschliffener Beryll leuchtet. Er legt das Schmuckstück vor Mäu auf den Tisch und hebt an, ihr die Bedeutung des Edelsteines zu erläutern:
    „Diese Brosche mit einem Stein, klar wie frisches Quellwasser und glitzernd wie der Morgenstern, habe ich erst kürzlich auf einer Handelsreise in Flandern erworben. Es sollte ein Geburtstagsgeschenk für meine Schwiegertochter Lisbeth sein, die demnächst zwanzig Lenze zählen wird. Doch nun sollst du dieses Geschmeide tragen mit dem Beryll darin, der dich vor Feinden bewahren wird und dir ein zufriedenes Herz bescheren mag“, endet Neuhaus und steckt Mäu die Brosche an ihr blaues Leinenkleid.
    „Es kleidet dich vorzüglich und passt trefflich zu deinen klaren, strahlenden Augen, mein Kind. Überzeuge dich selber, und schau in den Spiegel dort hinten an der Wand“, kommentiert er.
    Mäu steht auf und geht zu dem goldgerahmten Spiegel. Was sie erblickt, lässt sie begeistert aufjauchzen. Sie kann es kaum fassen, dass die Brosche nun ihr gehören soll. Strahlend und mit geröteten Wangen, bedankt sie sich artig bei ihrem zukünftigen Dienstherrn. Sie schreckt aber davor zurück, ihm die Hand zu drücken oder gar zu küssen, wie es bei einem solchen Geschenk angemessen wäre.
    Neuhaus nimmt sehr wohl ihre Scheu wahr und wünscht sich eigentlich einen Kuss von diesen frischen, jungen Lippen, hält sich jedoch zurück und lächelt Mäu stattdessen gönnerhaft an. Alles zu seiner Zeit, denkt er bei sich.
    „Nun, Jungfer, dann lasst uns also ins Küchengebäude hinüber gehen und schauen, was meine Meisterköche fabriziert haben“, schlägt Neuhaus gut gelaunt vor. Auch Mäu ist guter Dinge. Alles hier erscheint ihr ungewohnt glanzvoll und behaglich. Wie bei reichen Leuten eben. Und ihr neuer Dienstherr, der weiß sich zu benehmen! So freundlich und großzügig war noch nie jemand zu ihr und im Vergleich zu der Schinderei, die sie zu Hause hat, ist das, was sie hier zu tun haben wird, ein Mückenschiss! Und außerdem wird es abwechslungsreich werden, wenn sie in die Stadt zum Einkaufen gehen darf. Schon sieht sie sich gutgekleidet zwischen den Spezereiständen einhergehen, mit den Händlern feilschen und ausgesuchte Leckerbissen probieren. Eigentlich ein wahres Schlaraffenland, was sich ihr bietet, wäre da nur nicht der Aussatz mit im Spiel! Sie wird Tag für Tag mit dem Kranken zu tun haben und seine befleckte Wäsche waschen müssen. Bei dem Gedanken daran überläuft sie ein kurzer Schauder.
    „Ist dir kalt, Maria, mein Kind?“, fragt Neuhaus besorgt.
    „Nein, nein, Herr, ich bin nur etwas aufgeregt“, antwortet Mäu verlegen.
    Die beiden nähern sich dem Küchengebäude. Bereits auf dem Hof riecht es köstlich nach den unterschiedlichsten Speisen. Sie betreten die Küche, in der es hoch hergeht. Die Köche und ihre Helfer sind geschäftig bei der Arbeit. Der Küchenmeister begrüßt Neuhaus zuvorkommend und führt ihn zu den Speisen, die bereits fertig sind.
    „Ihr könnt kosten, mein Herr, wenn es Euch beliebt. Es ist alles besonders gelungen, probiert selbst“, sagt der Küchenchef und schöpft etwas Suppe in ein Schälchen, welches er Neuhaus überreicht.
    „Danke, Meister Martin. Doch gebt meiner Begleiterin bitte auch von allem eine Kostprobe“, ordnet Neuhaus an. Mäu bekommt sofort ein Schälchen von der duftenden Eiersuppe gereicht, die goldgelb in der Schüssel dampft. Noch nie hat sie etwas so Wohlschmeckendes gegessen. Sie probiert von mindestens zehn Speisen und zum Abschluss noch von dem leckeren Mandelpudding, in dem sie am liebsten versunken

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