Die Siechenmagd
wachsameres Auge auf sie haben als bisher. Eine streunende Katze muss man entweder gut bewachen, oder in einen Käfig sperren, Abdecker. So, ich denke, wir sind uns einig. Du kannst jetzt gehen und wage es in Zukunft nicht mehr, hier vor dem Hof ein solches Aufsehen zu veranstalten und mir frech zu kommen, sonst wird dich der Schellenknecht das nächste Mal nicht so glimpflich davon kommen lassen.“
Ulrich Neuhaus zieht sich zurück und der Klingelmann schlägt dem Abdecker das schwere Portal direkt vor der Nase zu. Edu trollt sich schwerfällig zu seinem Karren. Er wirkt wie ein geprügelter Hund.
Am besten wird es sein, wir bringen das Luder bald unter die Haube. Dann kann sich der aufgeblasene Siechensack bald nach einer anderen Magd umschauen! , brütet er vor sich hin, während sein Karren über den Feldweg holpert. Und je länger er über diese Lösung nachdenkt, desto besser wird seine Laune.
5. Der Heiratskandidat
Während sie ihm das Gesicht und den Nacken rasiert, versucht Ulrich Neuhaus permanent, Mäu auszufragen, wo sie letzte Nacht war. Er wird immer ungehaltener ob ihrer Verstocktheit, bis er sich nicht mehr länger zügeln kann und es aus ihm herausbricht:
„Du warst bei einem Mann, ich kann es förmlich riechen und am Hals hast du lauter rote Flecken von seinen Liebkosungen. – Erzähl mir, was hat er mit dir gemacht, du Hure?“, setzt er lüstern hinzu und versucht Mäu in den Schritt zu fassen. Mäu springt auf und läuft angewidert zur Tür. Neuhaus merkt sofort, dass er zu weit gegangen ist und versucht sie zu beschwichtigen:
„Bleib sie hier, die liebestolle Jungfer. Ich tu ihr schon nichts! Aber wer sich gebärdet wie eine läufige Hündin und des Nachts rumhurt, der darf sich über solcherlei Zudringlichkeit nicht verwundern und kann dann nicht gerade glaubwürdig die keuche Susanne spielen“, fügt er gereizt hinzu. „Aber damit du wenigstens in Zukunft nicht mehr auf Abwege gerätst, wird dich der Schellenknecht nach deinen Diensten bei mir jetzt immer sicher nach Hause geleiten. Auch bei deinen Einkäufen in der Stadt wird er stets als Wächter an deiner Seite sein. Wir werden schon über deine Tugend wachen, soweit wir es vermögen, Maria, sei versichert! – Wenn du Besserung gelobst und mir deinen Fehltritt beichtest, schenk ich dir einen Gulden! – Das muss aber nicht gleich sein, denn ich merke schon, du bist heute ein wenig unpässlich“, fügt er anzüglich hinzu. „Niemand braucht von alledem etwas zu erfahren und ich verspreche dir, dass ich schweigen werde wie ein Grab. Mir kannst du vertrauen, das wirst du sehen! Und jetzt machst du dich auf den Heimweg. Siehst ja aus, als hättest du kein Auge zugetan, gestern Nacht“, endet er versöhnlich. „Gottfried soll dich gleich abholen kommen und heimbringen.“
Mäu wird es ganz schwer ums Herz, als sie hört, dass sie in Zukunft immer einen Wachhund um sich haben soll. Da wird sie sich ganz schön was einfallen lassen müssen, um sich heute Abend davonstehlen zu können, denn ihr Vater, von Haus aus schon der reinste Schießhund, ist durch Mäus Abwesenheit in der vergangenen Nacht erst recht in Hab-Acht-Stellung.
Als der Schellenknecht Mäu später bis zum Abdeckerhof begleitet, wechseln die beiden kaum ein Wort miteinander. Von seiner früheren Leutseligkeit Mäu gegenüber ist nichts mehr zu spüren. Er gibt sich abweisend und reserviert, zieht ein mürrisches Gesicht und verabschiedet sich knapp, als sie vor der Abdeckerei angekommen sind. Mäu wird dort von ihrer Mutter in Empfang genommen und muss nun erneut eine Strafpredigt über sich ergehen lassen: Der Schellenknecht würde auf dem ganzen Gutleuthof rumposaunen, dass er Mäu nachts in Frankfurt gesehen hätte, wo sie sich mit den Fahrenden am Mainufer verlustiert habe. Im Leprosorium würden sich schon alle das Maul über sie zerreißen. Selbst Herr Knobloch hätte sich darüber mokiert und Mäu eine „ganz wilde Hummel“ genannt. Anna beschimpft ihre Tochter als verlogene Herumtreiberin, die ihren Eltern nur Schande bereiten würde. Ihrem Mann will sie davon gar nichts erzählen, weil er Mäu sonst so verprügeln würde, dass sie in keinen Sarg mehr passen tät. Trotzdem solle sich Mäu bloß nicht mehr unterstehen, sich weiterhin mit diesem Gesindel zu treffen. Aber das zu verhindern, würde sie schon selber Sorge tragen. Morgens in der Früh soll Mäu jetzt immer in ihrer Begleitung zum Gutleuthof gehen und zu Hause will Anna
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