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Die Siechenmagd

Die Siechenmagd

Titel: Die Siechenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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sie nun allerlei drollige Kunststückchen, springen flink einigen Zuschauern auf die Schultern, lausen deren Köpfe und lassen sich quiekend von ihnen streicheln und auf den Arm nehmen. Besonders die Kinder im Publikum sind von den lebhaften Äffchen angetan und im Nu verbreitet sich eine johlende Heiterkeit.
    Nachdem das Spektakel vorüber ist, werden die Tiere von dem Schausteller hochgehoben und erhalten ein paar Nüsse zur Belohnung. Anschließend lüften die Affen ihre Mützen und halten sie dem Publikum in eindeutiger Geste entgegen. Solcherart die Runde machend, quittieren sie jede Gabe mit lautem, fröhlichem Gekreische. Viel kommt nicht zusammen, nur wenige werfen ein paar Münzen in die dargereichten Kappen, wofür sich die Schausteller jedesmal freudig bedanken. Nach und nach stiebt die Menge wieder auseinander, lediglich ein paar Kinder drängen sich noch um den Tierkarren und streicheln die Meerschweinchen. Nach einer Weile aber haben selbst die kleinen Marktbesucher ihr Interesse an den Tierchen verloren und wenden sich wieder dem allgemeinen Marktgeschehen zu. Das Hausiererehepaar tritt nun mit Mäu im Kielwasser an die Schausteller heran und begrüßt sie. Während sie sich mit den Artisten eine Weile austauschen und die Schausteller dabei verlautbaren lassen, dass sie nach Berlin unterwegs sind, fragt Franz, ob Mäu sie denn nicht bis nach Leipzig begleiten kann. Nachdem die Gaukler schließlich zugestimmt haben und alle reisefertig sind, verabschiedet sich Mäu von Theres und Franz, die ihr in so kurzer Zeit zu Freunden geworden sind. Den beiden Frauen kommen die Tränen, als sie einander Lebewohl sagen, und Mäu wünscht der Hausiererin eine gesegnete Niederkunft. Trotz ihrer Ergriffenheit ist Mäu froh darüber, dass sie mit den Landgängern niemals über den wahren Ernst ihrer Lage gesprochen und sie dadurch auch nicht mit ihrem schrecklichen Geheimnis belastet hat. Beim Gedanken, was ihr vielleicht noch alles blüht, wenn sie erwischt wird, spürt sie wieder blanke Angst in sich aufflackern.
    „Bete für mich, Theres“, flüstert sie der jungen Frau noch zu und tritt alles andere als guten Mutes ihre nächste Wegetappe an.
    Endlich ist es Frühling geworden und das milde Tauwetter hat den Schnee schon fast gänzlich verschwinden lassen. Unterwegs auf schlammigen Wegen und rutschigen Trampelpfaden durch das hessische Bergland mit seinen verschlafenen, kleinen Dörfern und Marktflecken, den Holzkarren mit den Tieren unter dem Aufwand vereinter Kräfte häufiger schleppend als ziehend, erhält Mäu tiefere Einblicke in das mühselige Gewerbe ihrer Reisegefährten und erfährt die Hintergründe, die sie zu Fahrenden gemacht haben:
    Die Schausteller waren bis vor kurzem noch arme Bauern aus der Braunschweiger Gegend, die durch die Missernten der vergangenen Jahre ihren kleinen Hof aufgeben mussten. Nachdem sie auch die letzten drei Kühe, die ihnen noch geblieben waren, verkauft hatten, beschlossen sie, in die Fremde zu ziehen und sich auf den großen Gütern im Norden als Fremdarbeiter zu verdingen. Auf der Reise dorthin lernten sie einen alten Bärenführer und Tierbändiger kennen. Kurzentschlossen kauften sie ihm die zwei Affchen und den Kasten mit den Meerschweinchen ab, um fortan als Schausteller ihr Glück zu versuchen. Fast ein Jahr lang waren sie nun über die Lande gezogen und präsentierten ihre Tiere auf Marktflecken und in kleineren Städten. Das hatte der fünfköpfigen Familie allerdings kaum das Lebensnotwendigste eingebracht. Außerdem war die Verweildauer ihrer Aufenthalte überall sehr begrenzt, denn wenn die Leute das kleine Tierspektakel einmal gesehen hatten, war ihre Neugier und Schaulust auch schon gestillt und die Schausteller mussten weiterziehen, auf der Suche nach neuem Zulauf.
    Obwohl sie erst seit kurzer Zeit mit den Schaustellern unterwegs ist, fällt Mäu doch immer wieder auf, dass man ihnen nicht in allen Dörfern freundlich gesonnen ist. Zuweilen begegnet man den Fahrenden sogar mit regelrechter Feindseligkeit, was Mäu sehr bekümmert. Die unguten Blicke mancher Einheimischer, die das bunte Völkchen mit solch unverhohlenem Misstrauen taxieren, als hätten sie Hühnerdiebe vor sich, schmerzen Mäu, die aufgrund ihrer eigenen, verhängnisvollen Situation für derartige Anfeindungen besonders empfänglich ist, geradezu körperlich. Schon mehrfach hat sie es bereut, dass sie sich den Gauklern überhaupt angeschlossen hat, die alleine schon durch ihre auffallende,

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