Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
Vom Netzwerk:
dringenden Tatverdachts nicht ausreichen, besteht wegen der Signatur und der Manuskripte dennoch ein Anfangsverdacht. Ich muss von einer Gefahr für Leib oder Leben Dritter ausgehen und habe deshalb den Haftbefehl ausstellen lassen. Wir haben es bei dem Täter mit einem Psychopathen zu tun. Vielleicht hat er sein nächstes Opfer bereits ausgewählt.«
    Genau das hatte Henning Veit vorhergesagt.
    »Hast du mit Hannah Roosen gesprochen? Habt ihr das Psychologenteam hinzugezogen?«
    »Ich habe ihnen heute die Akten geschickt.«
    »Das hättest du von Anfang an machen müssen!«
    »Sag mir nicht, wie ich meine Arbeit machen soll.«
    »Wenn du es selbst nicht weißt.«
    Kellermann erhob sich und schaute sie an. Seltsamerweise schienen ihre Vorwürfe ihn nicht zu verletzen.
    »Dann mach es selbst!«
    »Was?«
    »Ich übergebe dir den Fall.«
    Kellermann packte seine Tasche zusammen und griff nach seiner Jacke.
    Myriam erhob sich ebenfalls. »Aber Hillmer...«
    »Das habe ich bereits geklärt. Er wird dir nicht im Weg stehen. Ich lasse dir die Akten in dein Büro bringen.« Er deutete auf den zusammengestürzten Stapel auf seinem Schreibtisch. »Sie gehören jetzt dir.«
    Nein, sie konnte nicht glauben, dass Kellermann wirklich ging. Doch er war bereits auf dem Weg zur Tür, wo er erneut stehenblieb.
    »Du wirst feststellen, dass die Beweislage mehr als dürftig ist, aber ich hatte keine andere Wahl, als Milan Hus in Untersuchungshaft zu nehmen.«
    »Warum?«
    »Weil Kafka nicht nur diese beiden Texte geschrieben hat. Die Fantasie ist unendlich, verstehst du? Die einzige menschliche Ressource, die unerschöpflich ist. Du musst mit weiteren Morden rechnen.«
    Im nächsten Moment war Kellermann verschwunden und ließ Myriam allein zurück. Sie hielt sich am Stuhl fest, während sie die geöffnete Tür anstarrte und spürte, wie die Kopfschmerzen zu einer Zange wurden, die ihre Schläfen umklammerte.
    Das habe ich davon, dachte sie. Weil ich es nicht lassen kann, meine Grenzen auszuloten. Ich darf mir nicht länger einbilden, nur ich könnte sehen, dass die beiden Morde einer unbegreiflichen Hybris entspringen.
    Sie erhob sich, nahm den Aktenstapel vom Tisch, und als sie in der Türöffnung stand, wandte sie sich noch einmal um.Vielleicht haben Kellermann und Henri recht, und ich täusche mich in Milan Hus, aber wenn ich nicht einmal mehr meiner eigenen Menschenkenntnis vertrauen kann, wie soll ich dann weitermachen?

23
    Ans Fenster des Landgerichtes gelehnt, schaute Henri Myriam direkt ins Gesicht.Während er ihr aufmerksam zuhörte, war sein Blick zugleich entschlossen und nachdenklich. Seit Wochen war dies das erste Mal, dass sie wieder spürte, dass sie ihm etwas bedeutete. Der Wunsch überkam sie, ihre Hand auf seine zu legen, ihre Stirn an seine Schulter zu lehnen.
    Der Geruch nach seinem Rasierwasser, ihr Mund an seinem, sein unrasiertes Kinn, er hielt sie fest …
    Sie riss sich zusammen, wandte sich ab, starrte den langen Flur entlang, wo Ron nervös auf und ab ging, während er mit Berit telefonierte. Offenbar war eines der Kinder krank.
    »Ja, ich verstehe, Milan Hus ist der Einzige, der zu beiden eine Verbindung hatte, zu Helena Baarova und Justin Brandenburg.«
    Henri nickte müde. »Ganz sicher hatte er eine sexuelle Beziehung zu Brandenburg.«
    »Aber nicht zu Helena Baarova.«
    Er zuckte die Schultern. »Vielleicht hat sie ihn nicht rangelassen. Immerhin hat sie bei ihm gewohnt. Und warum verweigert er jede Aussage? Er sagt keinen Ton. Er sagt nicht einmal, dass er unschuldig ist.«
    »Er ist niemand, der tut, was man von ihm erwartet. Er ist anders.«
    »Was willst du? Dass wir ihn laufen lassen, weil er ein Genie ist? Wenn der Wahnsinn des Genies ein Motiv ist, dann würde ich sagen, er ist definitiv der Täter.« Henri lachte bitter.
    »Wahnsinn? Was meinst du?«
    »Du solltest seine Kollegen hören. Er hat sich offenbar total in seine Theorien hineingesteigert. Kafka, der Psychopath. Sein Werk, die Gewaltfantasien eines verhinderten Serienmörders.« Er lachte spöttisch.
    »Aber...« Myriam suchte nach den richtigen Worten. »Ja, er will damit provozieren, aber deshalb setzt er Kafkas angebliche Fantasien doch noch lange nicht in die Praxis um.«
    Henri schaute sie zweifelnd an. »Aber beide Morde entsprechen Gewaltfantasien, wie man sie in Kafkas Prosa findet. Und die Tatorte wurden nach Motiven seiner bekanntesten Erzählungen inszeniert.«
    Ein Kollege, der vorbeiging, beobachtete sie neugierig. Das

Weitere Kostenlose Bücher