Die Silberdistel (German Edition)
du etwa, ich …?«
»Nun, ganz von der Hand zu weisen ist der Gedanke wohl nicht, da mußt du mir doch zustimmen, oder? Schließlich hast du mit Cornelius gelegen.«
Ich winselte vor Entsetzen auf. »Mußt du mir meine Sünde immer wieder auftischen! Ich kann schließlich nicht mehr ungeschehen machen, was an jenem Nachmittag passiert ist. Cornelius selbst hat mehr Mitgefühl mit mir als du! Kein einziges Mal hat er mich darauf angesprochen, und wenn du es auch lassen könntest, wäre ich dir sehr dankbar!«
Asa schüttelte den Kopf. »Nein, so leicht kannst du es dir nicht machen. Schon am ersten Tage habe ich vermutet, daß er dir ein Kind gemacht hat. Doch du wolltest nicht auf mich hören, jetzt …«
»Aber so schau mich doch an!« Heftig fiel ich Asa ins Wort. Mit einem Schritt trat ich vor sie und band mein Leibchen auf. »Sehe ich etwa aus, als trüge ich ein Kind unter dem Herz? Ich bin so mager wie alle anderen auch! Wo soll da ein Kind sein?«
»Zieh dich wieder an, sonst holst du dir noch den Tod.« forderte sie mich leise auf. »Daß du mager bist wie eine ausgehungerte Ziege, hat nichts zu bedeuten. Das sind wir alle. Dennoch hat dein Kind einen Platz unter deinem Herzen gefunden, das sehe ich so deutlich, wie der Vollmond in einer klaren Nacht am Himmel steht. Wie gerne hätte ich euch beiden mehr zum Essen gegeben im vergangenen Winter! Doch wo nichts war, konnte ich nichts verteilen.«
Mein Herz begann heftig zu schlagen, und ich wurde von einer panikartigen Angst ergriffen. Was sollte aus mir werden, wenn Asa recht hatte? Ich mit einem Kind? Da wüßte doch gleich jeder im Dorf, daß dies nicht von Jerg stammen konnte. Daß ich wie eine Hure mit einem anderen gelegen war. Mein Kind wäre ein Bastard, ein Ausgestoßener! Was Jerg dazu sagen würde, wenn er zurückkam, daran mochte ich schon gar nicht denken. Und mein Kind selbst? Was würde aus ihm werden, nachdem es den ganzen Winter hungern mußte? Würde ich womöglich einen Krüppel zur Welt bringen? Als gerechte Strafe Gottes für meine Sündhaftigkeit?
Wieder einmal schien Asa meine Gedanken lesen zu können. Beruhigend tätschelte sie meine eiskalte Hand. »Du brauchst dich nicht zu sorgen. Wenn das Kind den Willen hat, zu leben, dann wird es das tun. Erinnerst du dich an die Hainbuchenmilch, mit der ich einige Zeit lang deinen Dinkelbrei angemacht hatte?«
Erstaunt blickte ich auf. Manchmal war es wirklich schwierig, Asas Gedankensprüngen zu folgen. »Die Hainbuchenmilch … die solle als Vorbeugung gegen Husten sein, hast du gesagt. Eine seltsame Behandlung, Zweiglein in Milch aufzukochen und diese Milch dann zu verwenden!«
»Nun, dir mag es seltsam erscheinen, doch ist Hainbuchenmilch das beste Mittel, um den Abgang einer Leibesfrucht zu verhindern. Deshalb habe ich auch keine Mühen gescheut, alles mögliche gegen einen Becher Milch einzutauschen. Das war das einzige, was ich für dich tun konnte! Der Rest liegt in Gottes Hand!«
»Aber wieso hast du mir nicht gesagt, wofür die Milch wirklich ist?«
»Hätte es etwas genützt? Den ganzen Winter wärst du in Sorge gewesen, hättest unruhig oder gar nicht geschlafen und noch mehr mit deinem Schicksal gehadert! So war es am besten. Dir scheint dein Körper so unbekannt wie ein fremdes Land zu sein! Hätte ich nichts gesagt, wärst du einesMorgens mit Bauchschmerzen aufgestanden und überrascht gewesen, daß auf einmal zwischen deinen Beinen ein Kopf erscheint!« Sie lachte kurz auf.
Mir war jedoch gar nicht zum Lachen zumute. Flehentlich ergriff ich Asas Hände. »Asa, du mußt mir helfen!«
Stunde um Stunde redeten wir hin und her, her und hin. Asas Versuche, mich zu beruhigen, schlugen alle fehl. Ich war untröstlich. Hatte ich mir in früheren Jahren auch noch so sehr ein Kind gewünscht – jetzt wünschte ich es zum Teufel! Schon allein die Vorstellung von einem eigenen Kind war mir fremd geworden. Aber was sollte ich tun? Ich konnte es schließlich schlecht zurückgeben … Da begannen Asas Augen auf einmal verdächtig zu blitzen. Hatte sie etwa die rettende Lösung für mein Unglück? Schon ziemlich mutlos hörte ich ihr zu.
»Es gibt nur eine Möglichkeit für dich, das Kind zu bekommen und gleichzeitig deine Ehre zu retten. Du mußt es heimlich bekommen!«
»Heimlich?« wiederholte ich wie eine Idiotin.
»Ja, heimlich. Bisher sieht man noch nichts, das ist ein großer Vorteil. Wenn du von nun an deine Röcke weitermachst, wird auch in den kommenden Wochen niemand
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