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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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wurde.
    »Langsam habe ich das Gefühl, daß solche Versammlungen nur noch Schlechtes bedeuten. Wenn ich diesen Menschenauflauf sehe, muß ich an die armen Zigeuner denken. Was ist ihnen hier an Grausamkeiten angetan worden!« Mich schüttelte es.
    »Ja, früher hat man sich auf dem Dorfplatz versammelt, um zu singen, zu tanzen und zu feiern. Doch heute scheint man diesen Ort nur noch dazu zu nutzen, um blutrünstige Gelüste zu stillen! Eigentlich müßte der ganze Boden inzwischen mit dunkelrotem Blut durchtränkt sein …«
    »… haben wir uns hier unter herzöglichem Vorsitz versammelt, um einen Mord aufzuklären, der schon vor vielen Jahren verübt worden ist. Mag es aber auch schon viele Jahre her sein, das Verbrechen ist deshalb nicht minder schlimm!« Die Stimme des Richters bebte vor Eifer. Asa und ich blickten uns an. Die anderen Richter hatten sich derweil auf einer der Bänke niedergelassen, auf einer anderen Bank saßen Herzog Ulrich und einige Mitglieder der Jagdgesellschaft, die noch nicht abgereist waren. Aufgeregt fuchtelten die feinen Damen mit ihren in der Erwartung von grausigen Scheußlichkeiten mitgebrachten Tüchlein in der Luft herum, um sie später atemlos vor Schreck auf ihre feinen Münder zu pressen. Für die adelige Gesellschaft bedeutete das Geschehen auf dem Dorfplatz nicht viel mehr als ein am Hofe vorgeführtes Schauspiel, welches eine besondere Würze durch die fremde Umgebung und die Nähe der Bauern verliehen bekam. In einer Ecke erspähte ich Jost und mußte zweimal hinschauen, um mir wirklich sicher zu sein. Über Nacht schien der Burgverwalter die Hälfte seines Gewichtes verloren zu haben. Eingesunken und mit hängenden Schultern stand er mit einem hilflosen Gesichtsaudruck da. Neben Jost standen zwei halbwüchsigeBuben, die wohl Sureyas Kinder sein mußten. Auch sie blickten wie geprügelte Hunde unter gesenkten Lidern hervor. Doch bevor ich in Mitleid versinken konnte, knuffte Asa mich in die Seite.
    »Guck mal, da vorne: Da ist doch Weiland! Und wer ist der schwarzbemantelte Pfaffe neben ihm?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht ist das ein Kirchenmann aus des Herzogs Gefolge?«
    »Das ist doch Abt Richard! Vom Kloster Weil! Das weiß doch jeder!« brüstete sich neben mir ein untersetzter Bursche, den ich nicht kannte. Die Rede von einer öffentlichen Gerichtsverhandlung hatte sich in den umliegenden Dörfern wie ein Lauffeuer verbreitet, und so hatten sich außer den Tabenern auch viele Auswärtige hier eingefunden.
    Vorne auf der Plattform begann der fette Richter nun mit seiner Befragung.
    »Sureya Hopfenstiel, bist du das Weib des verstorbenen Egon Hopfenstiel, seines Zeichens Abdecker von Maulbronn?«
    Sureya schüttelte den Kopf. Ihre Arme und Beine waren in schwere Ketten gelegt, als sei sie ein wildes Tier, vor dem es die versammelten Zuschauer zu schützen galt. Strähnig und stumpf hingen ihr die Haare ins Gesicht, was ihr einen Ausdruck der Wildheit und des Wahnsinns verlieh. Nun, von einem Tag auf den anderen als Mörderin angeklagt zu werden reichte wohl aus, um einen Menschen um den Verstand zu bringen.
    »Weib, sprich mit mir! Dein Kopfschütteln genügt mir nicht! Ich frage dich noch einmal: Bist du das Weib von Egon Hopfenstiel – ja oder nein?«
    »Nein«, preßte Sureya aus zusammengebissenen Lippen hervor.
    Der Richter schüttelte den Kopf und lächelte milde, als habe er es mit einem unvernünftigen Kinde zu tun.
    »Seit wann lebst du hier in Taben?«
    Sureya blickte wild um sich. »Ich … weiß … nicht.Viele Jahre schon. Vielleicht zehn?«
    »Zur Klärung dieser Frage rufe ich Karl Scheuffele, den Dorfpolizisten, zur Hilfe. Er möge sprechen!« Mit einer auffordernden Handbewegung beorderte der Richter Scheuffele zu sich. Dieser kratzte sich verlegen am Kopf.
    »Tja, so ganz genau weiß ich das auch nicht mehr. Jetzt schreiben wir das Jahr 1518 …«
    »Du sollst uns nicht sagen, welches Jahr wir schreiben, sondern wann dieses Weib in euer Dorf kam!« unterbrach der Richter ihn grob.
    »Jaja, das will ich ja! Laßt mich überlegen … Jetzt hab’ ich’s. Die Hure kam in dem Jahr zu uns, wo fast die ganze Ernte wegen des trockenen Sommers verlorenging!« Einen fragenden Blick auf den Richter gerichtet, präsentierte Scheuffele seine Antwort.
    Der Richter schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein. »Muß wohl das Jahr 1511 gewesen sein …« brummelte er vor sich hin.
    Keiner fragte nach, wie er gerade auf diese Jahreszahl

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