Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
gerichtet, stellten sich die Männer rings um ihn auf.
    Über dem groben Stoff seiner Uniform war der Hals des Anführers feuerrot, dort, wo Cornelius ihn gepackt hatte. Wütend rieb er sich mit einer dreckigen Pranke die blutunterlaufene Stelle. Dann trat er völlig unvermittelt und mit aller Kraft gegen das Schienbein des am Boden liegenden Mannes. »Wo ist er?«
    »Wer? Wovon redest du?«
    Der Soldat holte zu einem weiteren Tritt aus und trat diesmal gegen Cornelius Kopf. Er kippte hintenüber. Lene schrie laut auf und bückte sich zu ihrem Mann hinunter, dessenrechte Wange blutüberströmt war. Aus einer Ecke der Hütte war das Wimmern der Kinder zu hören.
    Immer wieder stellte der Soldat die gleiche Frage. Immer wieder antwortete Cornelius mit der Wahrheit und bekam dafür einen Tritt verpaßt. Die Soldaten tauschten schließlich einen Blick. Im Augenblick blieb ihnen nichts anderes übrig, als Cornelius zu glauben. Aber nichts konnte sie daran hindern, später noch einmal wiederzukommen.
    »Warum sucht ihr meinen Bruder? Was ist eigentlich los?«, schrie Cornelius ihnen nach.
    »Den Herzog hat er umbringen wollen! Und weil er den nicht zu fassen gekriegt hat, ist er mit dem heiligen Kardinal aus Rom geflüchtet. Wahrscheinlich hat er ihn schon längst mit einem Knüppel totgeschlagen, er und die anderen Zigeuner!«
    Kaum waren die Männer weg, füllte sich die kleine Hütte abermals mit Menschen. Im ganzen Dorf hatten die Leute ihr Kochgeschirr oder ihr Ackerzeug stehen lassen und waren herbeigeeilt, um zu sehen und zu hören, was vor sich ging. Marga, mit Find an der Hand, hastete kreidebleich herein, gefolgt von einem guten Dutzend Bauern. Wer drinnen keinen Platz mehr fand, drängte sich draußen vor der Hütte zusammen.
    »Jerg! Wo ist Jerg? Was ist geschehen?« Dann fiel ihr Blick auf Cornelius. Sie stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. »Du meine Güte! Was haben diese Schweine nur angerichtet …«
    Mit versteinerter Miene beobachtete Lene, wie Marga vorsichtig über Cornelius’ blutüberströmte Gesichtshälfte strich. Find kniete ebenfalls neben Cornelius nieder. Er, der ja nicht Zeuge der rohen Gewalt gewesen war, konnte nicht verstehen, wieso sich seine sonst so forschen Spielkameraden verängstigt unter dem Tisch verkrochen hatten. Neugierig wollte er nach Cornelius’ Kopf greifen, der so ganz anders aussah, als er das gewohnt war. Doch Lene packte sein kleinesHandgelenk und schleuderte ihn haßerfüllt durch den halben Raum.
    »Laß das, du kleiner Bastard!« Dann packte sie Margas Schulter und riß sie grob nach hinten. »Nimm die Finger weg! Wegen deinem Tunichtgut liegt ein guter, rechtschaffener Mann blutiggeschlagen in seiner Hütte – und du wagst es, ihn zu befingern wie einen alten Liebhaber?«
    Unter den Augen der fassungslosen Dorfbewohner stürzte sich Lene auf ihre Schwägerin. Die Hände über den Kopf haltend, wehrte Marga die Schläge ab, bevor Oskar Klein eingriff. Mit der flachen Hand versetzte er Lene eine Ohrfeige. Starr vor Schreck fiel Lene in sich zusammen.
    Erst jetzt erschien völlig atemlos Pfarrer Weiland. Sein Plan, sich klammheimlich von der Burg aus dem Staub zu machen, war im letzten Moment von Abt Richard durchkreuzt worden, der ihn mit endlosen Befragungen aufgehalten hatte. Nun beeilte er sich, die Bauern über das aufzuklären, was sich wirklich droben auf der Burg ereignet hatte.
    »Mit dem Kardinal geflüchtet!« Benommen schüttelte Cornelius den Kopf.
    »Die Liste! Wir müssen die Liste zurückholen! Wir sind doch alle geliefert, wenn die unsere Namen darauf finden«, meinte ein Bauer, der sowieso erst nach viel gutem Zureden unterschrieben hatte.
    Aufgeregt schwatzten wieder alle durcheinander, und erst als Weiland wild mit dem Papier in der Hand herumfuchtelte, wurden die anderen still.
    »Die Liste! Nur daran und an eure eigene Sicherheit denkt ihr, anstatt euch zu fragen, wie wir Jerg helfen können. Und Stefan. Und Dettler. Ihr widert mich an!«
    Weiland blickte hinüber zur Tür, von wo die barschen Worte gekommen waren. Georg, der Sohn von Oskar Klein, spuckte angeekelt vor sich auf den Boden. Aus dem schmächtigen Jüngling war ein hochaufgeschossener, kräftiger Bursche geworden. Den Vorfall, bei dem Heinrich wegen einerlächerlichen Kleinigkeit von Herzog Ulrich fast totgeschlagen worden war, schien er nie vergessen zu haben. Seit damals bewunderte er Jerg glühend und hätte für diesen sein Leben gegeben. Nun baute er sich vor Cornelius

Weitere Kostenlose Bücher