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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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jeder Zeit sicher gewesen, daß Jerg sich zu helfen wußte. Atemlos vor Angst um ihre Freundin dachte Marga nun an die Schreckensgeschichten, die man sich von den Verhören im Turm der Burg erzählte. Die Mittel, mit denen dort oben Geständnisse aus Gefangenen herausgepreßt wurden, waren grausam und schrecklich. Auf der Streckbank oder mit brennenden Kienspänen auf dem Leib bekannten sich viele zu Schandtaten, die sie gar nicht begangen hatten. Und oft wußte man nicht, was nun schlimmer war: Eine bewiesene Unschuld und ein zerstückelter, für immer dahinsiechender Leib – oder eine Schuld, die mit dem Tod geahndet wurde. Im Gegensatz zu Jost, der solche Verurteilungen gern vor dem ganzen Dorfvorgenommen hatte, ging Augustin von Brabant hier im stillen vor. Doch die Schreie der armen Menschen, die im Turm gequält wurden und dabei manchmal den Tod fanden, waren in der ganzen Burg zu hören und sorgten so für schauerliche Geschichten, die vom Burggesinde bei jeder Gelegenheit im Dorf wiederholt wurden. Marga krümmte sich zusammen, als müßte sie ihren Leib vor niederprasselnden Fausthieben schützen.
    Jerg hielt in seinem Gespräch mit den anderen inne und blickte zu ihr hinüber. »Was ist los, Weib?«
    »Was werden sie mit ihr anstellen?« Aus Margas Gesicht war jede Farbe gewichen, leichenblaß starrte sie ihn mit großen Augen an.
    Jerg biß sich auf die Lippen. Er wußte sofort, von wem die Rede war. Und er wußte auch, daß er Marga nicht mit unehrlichen Floskeln kommen durfte.
    »Das weiß der Himmel. Zimperlich werden sie jedenfalls nicht mit ihr umgehen.« Für einen Augenblick schauten sie sich still an, dann drehte er sich wieder zu den Männern um. »Und ich bleib’ dabei: Zuerst gilt es, die Burg zu stürmen und Asa zu befreien. Sie ist eine von uns. Ohne sie wäre diese Zusammenkunft gar nicht erst zustande gekommen. Es ist unsere Pflicht, sie aus den Händen der Soldaten zu befreien. Und außerdem«, fügte er grimmig hinzu, »könnten wir dabei dem Brabant endlich die Abreibung verpassen, die er schon lange verdient. Der Erzherzog ist ja leider schon abgereist …«
    Marga wollte schon aufatmen, als Michel hervortrat.
    »Das ist ja alles schön und gut. Auch mir tut es um eure Heilerin leid. Aber ich bin nicht den weiten Weg hierher gereist, um nun wieder sang-und klanglos abzuziehen. Ich bin dafür, daß wir uns den anderen Fähnlein anschließen und in Richtung Stuttgart marschieren. Soll der Bundschuh denn ohne die Tabener in Stuttgart ankommen?« Herausfordernd blickte er in die Runde. »Wollt ihr etwa, daß es nachher heißt, die Tabener hätten keinen Mumm gehabt?«
    »Aber wir können doch Asa nicht einfach ihrem Schicksal überlassen!« flehte Marga die Männer an.
    Jerg wehrte sie mit einer Hand ab. »Sei still, Weib! Das hier ist Männersache!« Er wandte sich wieder an Michel. »Wo, sagtest du, sammeln sich die einzelnen Bauernhaufen?«
    »In der Nähe von Kirchheim. Auf einem Hügel, den sie Hahnweide nennen. Wo das ist, müßtet ihr eigentlich besser wissen.« Ungeduldig trat er von einem Bein zum anderen. Mit diesen Verzögerungen hatte er nicht gerechnet: Zuerst war Stefan nicht auffindbar gewesen, und nun wollten sie die Kräuterhexe befreien!
    »Auf der Hahnweide wollen sie sich treffen. Hmm.« Jerg kratzte sich am Kinn.
    »Also, ich bin auch dafür, daß wir losziehen«, warf nun Stefan ein. »Vielleicht lassen sie die Heilerin schon bald wieder gehen. Schließlich hat sie ja mit der ganzen Sache nichts zu tun.«
    »Und wenn sie ihr das Fell über die Ohren ziehen?« Jerg schüttelte den Kopf. »Ich bleib’ dabei: Zuerst die Burg, und dann geht’s nach Kirchheim! Dettler, was sagst du dazu?«
    »Ehrlich gesagt tät’s mich schon reizen, dem Brabant dort oben einen Besuch abzustatten. Und Kloster Weil könnten wir im Anschluß daran besuchen …«
    »Jetzt ist’s aber genug«, setzte nun Cornelius entgegen, der sich bisher zurückgehalten hatte. »Die Burg stürmen – ja! Aber Kloster Weil?«
    »Also, so geht das nicht«, entgegnete Jerg ungehalten. »Wir können nicht den ganzen Tag Reden schwingen. Sonst laufen uns die Leut’ am Ende wieder weg, und wir stehen alleine da!«
    »Richtig«, stimmte Georg ein. »Machen wir es, wie Jerg sagt. Zuerst die Burg und dann nach Kirchheim. Ich weiß zwar nicht, von wo die ganzen Bauernhaufen kommen, aber bis sich dort alle eingefunden haben, wird sicherlich noch eine Weile vergehen.«

8.
    Die Eroberung der Burg gestaltete sich

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