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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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festzustellen, daß unser verehrtester Herzog noch nicht aus seiner Schlafkammer herausgekrochen ist!« Obervogt Schwygkher war verärgert.
    »Pssst, seid Ihr wahnsinnig? Wenn das einer hört! Dafür könntet Ihr glatt im Turm landen!« Jörg Gabler, der Kirchheimer Vogt, war über soviel Leichtsinn bestürzt.
    »Ist doch wahr! Ich frage mich sowieso, was ich hier soll! Im Uracher Amt gab und gibt es bis dato keine Aufständischen. Und es würde auch woanders keine geben, wenn die hiesigen Herrschaften im Umgang mit dem einfachen Manne etwas mehr Fingerspitzengefühl besäßen!« fuhr Schwygkher ungerührt fort.
    Gabler blickte sich erschrocken um. Hoffentlich hatte das auch niemand gehört. Womöglich würde noch angenommen, er, Gabler, sei der gleichen Meinung …
    Doch die anderen hatten sich auf der entgegengesetzten Seite des Raumes um einen Tisch gruppiert und bemühten sich redlich, mit der aufgetischten Morgenspeise fertigzuwerden. Honigsüßer dicker Haferbrei, hartgekochte, schon gepellte Eier, gesalzene Heringe, gebratene Hühnerteile, klebriges Backwerk aus Pflaumen und anderem Dörrobst und eine Unmenge Kannen, gefüllt mit Wein, Bier und Wasser, standen für die Weitgereisten bereit und wurden unter lautem Schmatzen und Schlürfen vertilgt. ›Hättet ihr in den vergangenen Jahren etwas anderes im Sinn gehabt als Völlerei und euer Wohlergehen, stünden wir heute nicht hier‹, ging es Schwygkher beim Anblick seiner Amtsbrüder wütend durch den Sinn.
    Gegen Mittag erschien Herzog Ulrich. Im Vorübergehen schnappte er sich ein Hühnerbein und verschlang es gierig. Dann ließ er sich auf einer breiten Bank nieder. Seinerhitztes, gerötetes Gesicht und sein Aufzug, ein moosgrüner Jagdfrack, verrieten auch dem unaufmerksamsten Beobachter, womit Ulrich die Morgenstunden verbracht hatte. In seinem Schlepptau befanden sich Hans von Hutten sowie Augustin von Brabant.
    Da fiel Ulrich nichts Besseres ein, als auf die Jagd zu gehen! Als ob es nichts Dringenderes gäbe! Schwygkher mußte schwer an sich halten, um vor Wut nichts Unbedachtes zu sagen. Von den Gesichtern der anderen Anwesenden war indessen keine Regung abzulesen. Waren diese schon so an Ulrichs Unhöflichkeiten gewöhnt, daß keiner mehr etwas dabei fand? Auf einmal wurde ihm übel. Die Essensgerüche und die Ausdünstungen der vielen Männer hingen wie eine schwere Dunstglocke in der Luft. ›So stinkt die Fäulnis der Übersatten‹, ging es ihm durch den Sinn. Angewidert drehte sich der Uracher Obervogt zum Fenster und beugte sich hinaus.
    Die anderen Statthalter beeilten sich derweil, Ulrich von den Geschehnissen in Untertürkheim zu berichten, wobei der Untertürkheimer Vogt Andreas Köhler als direkt Betroffener am wenigsten zu Wort kam. Verärgert blickte er auf seine Kollegen, die wie ein Rudel Wölfe die Ereignisse in Untertürkheim durchkauten.
    »Und mir wurde berichtet, daß die Zahl der Bauern an die fünftausend herangeht!«
    »Ja, und bewaffnet sollen sie sein. Mit Speer und Spieß sollen sie sich zusammenrotten.« »Es soll auch schon die ersten Angriffe auf vorbeiziehende Reisende gegeben haben!« »Und auf die Brunnen hätten sie’s abgesehen! Vergiften wollen sie diese, heißt es!« Alle redeten durcheinander, jeder wollte den Herzog mit noch schlimmeren Neuigkeiten beeindrucken.
    Ulrich nickte nur hin und wieder schläfrig dazu. Die stickige Wärme des Raumes im allgemeinen und die Amtsgeschäfte im besonderen ermüdeten ihn. Träge blickte er in die Runde: »Was soll ich von Euren Berichten nur halten? Findethier womöglich ein zweites Schorndorf statt?« Bedrohlich blickte er in Richtung seiner Berater, die das herzögliche Donnerwetter nach dem Zwischenfall im Remstal noch nicht vergessen hatten. Diese schwiegen. Sollten sich doch die Städter um eine Antwort bemühen …
    Da sich niemand zu Wort meldete, antwortete Schwygkher von seinem Fensterplatz aus:
    »Verehrter Herzog, ich denke, niemand sollte den Ernst der Lage unterschätzen. Sicher, bisher finden diese Treffen friedlich statt. Aber allein die Tatsache, daß es solche Treffen gibt, ist eine Bedrohung für das ganze Land. Oder könnt Ihr Euch jemals daran erinnern, daß sich Bauern und Kaufleute dermaßen zusammengerottet haben?«
    Ulrich verneinte. »Thumb, wo sind eigentlich unsere Truppen? Schickt doch die Soldaten aus und sperrt die ganze Bande ein!«
    Anstelle Thumbs antwortete Lamparter, der Kanzler: »So einfach geht das nicht, Eure Hoheit! Dazu geben sie uns

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