Die Silberdistel (German Edition)
Herzstück des Vertrages ließ ihn nicht mehr los: die Übernahme der herzöglichen Schulden durch die Städte.
Und warum hatte es überhaupt soweit kommen können? Weil ihr hochverehrter Landesvater ein Verschwender und Prasser war, wie er im Buche stand! Schwygkher hätte vor Wut platzen können. Wäre der Herzog nicht in größter Geldnot gewesen, hätte er keine neuen Steuern erlassen. Und somit hätte es keine Bauernunruhen gegeben! Doch nun …
Noch im nachhinein wurde ihm schwindlig, wenn er an die neue Abmachung dachte. Statt den Vorschlag der Bauern durchzusetzen, die Schulden durch die Konfiszierung der Klöster zu tilgen oder wenigstens nach einer anderen Lösung zu suchen, hatten sie alle auch hier klein beigegeben, und es waren die Städte, die mit einer Million Schulden heimgingen. Im Gegenzug hatte Ulrich ihnen ein Mitspracherecht in allen wichtigen Fragen eingeräumt, ging es nun um die Frage nach einem zu führenden Krieg oder um Beratungenanderer Art. So wie Schwygkher den Herzog aber kannte, hatte er diesen Teil der Abmachung schon längst wieder vergessen. Dafür würden ihnen dessen Schulden noch Jahre wie schwere Gewichte um den Hals hängen! Urplötzlich wurde Schwygkher noch eine weitere Bedeutung der Abmachung bewußt. Welches weitere Unheil mochte Ulrich wohl anzetteln, jetzt, da er wieder überall im Lande Kredit hatte?
Während in Tübingen verhandelt wurde, war Jerg immer noch auf Burg Taben eingesperrt. Jost, durch Sureya abgelenkt, hatte seinen Gefangenen schlicht und einfach vergessen. Die Wächter wunderten sich zwar über den einsamen Turminsassen, der weder zu Verhören noch zu Befragungen anderer Art geholt wurde, dachten sich aber nichts weiter dabei. Tag für Tag hastete Marga den weiten Weg zur Burg hinauf, um immer wieder mit denselben Worten weggeschickt zu werden: »Wir wissen nichts von dem Gefangenen. Laß uns in Ruhe und geh heim, Weib!«
Doch Marga beließ es nicht dabei. In ihrer Not suchte sie sogar Rat bei Karl Scheufele, dem Dorfbüttel, obwohl sie sich – zu Recht, wie sich heraustellte – nicht sehr viel von diesem Besuch erhoffen durfte. Nachdem er sich Margas Geschichte angehört hatte, zuckte er mit den Schultern. Was er schon gegen Markus Jost ausrichten könne, fragte er sie und schickte sie eiligst fort.
An wen sollte sie sich jetzt noch wenden? In ihrer Verzweiflung fiel ihr Asa ein, obwohl ihr die Erinnerung an ihren letzten Besuch bei der Kräuterfrau immer noch unangenehm im Gedächtnis lag. Vielleicht konnte die Heilerin ja einen Zauberfluch aussprechen? Doch dann kam ihr ein viel besserer Gedanke. Zum Glück war doch gerade Pfarrer Weiland von Kloster Weil zurückgekehrt, wo er sich zu längeren Beratungen aufgehalten hatte!
Die kommende Hitze des Tages war schon am frühen Morgen zu spüren, als Pfarrer Weiland mit Marga und Cornelius im Schlepptau vor dem Tor der Burg Taben erschien.Weiland hatte jedoch das Gefühl, seine innere Hitze würde die der Natur noch um ein Vielfaches übertreffen, so aufgebracht war er über das, was Cornelius und Marga ihm erzählt hatten. Einen unschuldigen Menschen einzusperren! Ohne Gerichtsverhandlung oder Anhörung! Sein schwarzes Gewand plusterte sich bedrohlich auf, während er mit kräftigen Handschlägen an das geschlossene Tor trommelte.
Im Nu erschien der Wachposten, der gerade eben erst seinen Dienst angetreten hatte. »Immer mit der Ruhe! Was gibt es denn so früh am Tage!« Gelangweilt öffnete er ein Sichtfenster, um gleich darauf in das aufgebrachte Gesicht Weilands zu blicken.
»Was es gibt, willst du wissen? Ein Donnerwetter wird es geben, wenn du mich und meine Begleiter nicht sofort eintreten läßt!« Bei diesen Worten sah Weiland eher aus, als wäre er vom Teufel und nicht vom lieben Gott besessen.
Hastig entriegelte der Wachposten das schwere Tor. Er mußte feststellen, daß der schwarzgekleidete Mönch aus der Nähe betrachtet noch gefährlicher schien als durch das Guckfenster. So beeilte er sich, Auskunft auf dessen Fragen zu geben. Nach kürzester Zeit wußte Weiland Bescheid: Die Räume der Verwaltung lagen im Erdgeschoß der Burg, doch war Jost dort für gewöhnlich um diese frühe Stunde noch nicht anzutreffen. Dessen Kammern lagen im linken Flügel, dort sollten sie nach ihm suchen. Weiland bedankte sich mit besänftigenden Worten bei dem Wachposten, gab ihm den Segen und wies dann Marga und Cornelius an, im Innenhof der Burg auf ihn zu warten. Er wollte sich allein um den Rest
Weitere Kostenlose Bücher