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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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übermüdeten Boten, der nicht recht wußte, wie ihm geschah, vor Ulrich. Der Herzog saß auf einem breiten Ledersessel und hörte dem Boten mit versteinerter Miene zu.
    »Als ich losgeschickt wurde, waren an die tausend Bauern in der Stadt. Einen Tag zuvor hatten sie auf dem Stuttgarter Marktplatz einen eigenen Landttag abgehalten undunglaubliche Dinge beschlossen.« Umständlich nestelte der Bote an seinem Hemd, um dann ein arg mitgenommenes Stück Papier hervorzuziehen. »Stadtschreiber Münch hat sich genaue Notizen von der Rede der Bauernführer gemacht, die ich nun zitiere: ›Wir fordern: Wild und Wald gemein! Frondienste ade! Das Recht, wieder selbst Holz schlagen zu dürfen, so wie es unsere Vorfahren auch durften! Wir fordern das Recht, unsere Felder vor Wildschaden und unsere Weinberge vor der Vogelplage schützen zu dürfen.‹«
    »Na und? Ist das alles? Wegen dieser Lappalien machen die Mistgabeln einen solchen Aufstand? Dann laßt sie doch in Herrgottsnamen Holz schlagen und ihre Felder bewachen! Glaubt irgend jemand etwa, das würde mich bei der nächsten Jagd davon abhalten, meines Weges zu reiten?«
    »Das ist leider noch nicht alles, verehrter Herr! Die nächste Forderung, die gestellt wurde, war die nach der Absetzung Eurer sehr verehrten Berater …« Mit einem Seitenblick streifte er Thumb und dessen Kollegen.
    Ulrich wandte sich grinsend an Lamparter, der neben ihm saß. »Na, Kanzler, was sagt Ihr dazu? Sollen wir den Bauern auch in dieser Hinsicht stattgeben?« Doch im nächsten Moment verzog sich seine Miene düster. »Fahrt fort, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, mir die Tollheiten dieser Verrückten anzuhören. Was wollen sie noch?«
    »Sie wollen eine neue Regierung. Städtevertreter sollen genauso darunter sein wie Vertreter der Dörfer, der Adel soll nur noch einen Teil der künftigen Regierung ausmachen. Und auch an Euch ganz speziell haben sie Forderungen gerichtet, hochverehrter Herr! Ich zitiere: ›Wir fordern, die herzögliche Prasserei möge ein Ende nehmen. Für die Repräsentationspflichten des Landes genügen sechzig Pferde und hundert Lanzenträger. Feste, Turniere und andere Veranstaltungen zur Belustigung des Adels soll es nicht mehr geben, da diese unnütz und kostspielig sind. Klöster, Stifte und andere Besitztümer des Herzogtums sollen konfisziertund der daraus erzielte Gewinn dazu verwendet werden, die herzöglichen Schulden abzutragen.‹« Der Bote blickte auf. »Das war das Ende. Danach wurde nichts mehr bekanntgegeben.«
    Zusammengesunken standen Thumb, Lamparter und Lorcher da. Als sie es wagten aufzuschauen, wollten sie ihren Augen nicht trauen: Herzog Ulrich liefen die Tränen über das Gesicht, sein ganzer Leib bebte und schüttelte sich vor Lachen.
    »Hihihi, stellt Euch das vor: Ein paar dreckige, verlumpte Bauern wollen mir vorschreiben, wie viele Rosse und Reiter ich halten darf!«
    Jetzt schnappte der Herzog endgültig über! Stumm nestelte Lamparter an seinen Manschetten. Von seinen beiden Kollegen war ebenfalls keine Reaktion zu vernehmen. Doch allen ging das gleiche durch den Kopf: Selbst im Wahnsinn maß der Herzogsbengel dem Teil der bäuerlichen Forderungen, der ihn persönlich betraf, noch die größte Wichtigkeit bei!
    Auf einen Wink Lamparters hin verbeugte der Bote sich hastig und rannte rückwärts hinaus. Kaum außer Sichtweite, schlug er auf seiner Brust ein Kreuz. Dem Herrgott sei gedankt! Schließlich waren schon Boten wegen weit weniger schlechter Nachrichten ums Leben gekommen.
    Drinnen im Regierungszimmer der Tübinger Residenz war an ein Aufatmen jedoch noch nicht zu denken. Hatten die drei Berater anfänglich geglaubt, ein Wutausbruch würde ausbleiben, so hatten sie sich gehörig getäuscht. Ulrich tobte. Er griff nach einem Wasserkrug, der auf einer schweren Eichenanrichte stand, und schleuderte ihn mit voller Wucht durchs Zimmer. Er zerbrach mit einem lauten Schlag, und das Wasser ergoß sich auf den Boden.
    »Jetzt habe ich aber genug! Das wächst sich ja zu einem Staatsstreich aus! Die Bauern, die Städte, jetzt fehlt nur noch, daß mir die Pfaffen in den Rücken fallen! Viel zu lange habeich mir dieses Treiben nun angesehen. Jetzt muß etwas geschehen!«
    Lamparter lag auf der Zunge, daß sie genau dies schon seit Monaten von ihm gefordert hatten. Doch hätte er sich eher die Zunge abgebissen, als sich jetzt damit wichtig zu tun. Seelenruhig richtete er sich statt dessen an den Herzog: »Was gedenkt Ihr zu unternehmen?«
    »Das

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