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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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war einfach und wunderbar zugleich, genauso wie die Schuhe, die Asa mir immer noch hinhielt. Mit fiebrigen Händen griff ich danach und untersuchte ihre Beschaffenheit. Es waren kleine Wunderwerke: Lange, festverwobene Zöpfe aus Stroh waren mit derbem Garn auf eine Ledersohle genäht worden und paßten sich dem Fuß an wie eine zweite Haut. Ich konnte es kaum abwarten, mich an einem eigenen Paar dieser soliden Treter zu versuchen! Nachdem Asa dem Schuster im Tausch gegen eine Behandlung seines kranken Rückens ein paar Lederreste abgeschwatzt hatte, begann ich gleich am nächsten Tag mit dem Strohflechten. Cornelius war nur allzugerne bereit gewesen, mir ein Bündel seines golden glänzenden Strohs zu schenken. Um Lenes mürrische Blicke kümmerte ich mich nicht. Wieder einmal behielt Asa recht: Die Arbeit lief mir so flugs von der Hand, daß ich binnen kurzer Zeit zwei Dutzend Schuhpaare fertig hatte. Indem ich die Ledersohlen unterschiedlich groß geschnitten hatte, waren verschieden große Schuhe entstanden, so daß nicht nur Männer sondern auch die Frauen ein passendes Schuhwerk finden konnten.
    Jetzt mußten sich nur noch Käufer finden! Stolz betrachtete ich meine Ware, als ich auf einmal Schreie neben mir hörte.
    »Vorwärts! Hoho! Vorwärts, ihr Tölpel!«
    Ich richtete mich auf und sah direkt in das Gesicht eines Soldaten, der mir einen groben Stoß in die Seite gab.
    »Brauchst du eine besondere Einladung, Weib?« Mit einem ekligen Grinsen im Gesicht versetzte er mir einen weiteren Stoß, und ehe ich mich versah, wurde ich zu anderen Menschen gestoßen, war ich von weiteren Soldaten umgeben, die mich langsam, aber sicher von meinem Marktstand und von Asa wegtrieben. Ich rief verzweifelt nach Asa, doch ohne Erfolg. Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf, während wir von den Soldaten wie Vieh zusammengetriebenwurden. Was sollte das bedeuten? Was wollten diese Soldaten von uns? Würde ich Asa wiederfinden? Und was würde mit meinem Hab und Gut passieren, während ich eingekeilt zwischen lauter verängstigten Menschen in Richtung Rathausplatz getrieben wurde? Die ratlosen Gesichter der anderen um mich herum verrieten, daß auch sie nicht mehr wußten als ich. Dennoch konnten es sich einige Mannsbilder nicht verkneifen, das Getümmel dazu auszunützen, mir in den Hintern zu zwicken oder wie zufällig über meine Brust zu streichen. Wild fuchtelte ich mit meinen Händen um mich.
    Auf einmal spürte ich eine Hand auf der Schulter und wollte diese gerade unwirsch wegschieben, als ich endlich in ein bekanntes Gesicht blickte.
    »Weiland, Gott sei Dank! Wißt Ihr, was dies zu bedeuten hat?« Verzweifelt klammerte ich mich an die schwarze Kutte des Kirchenmannes.
    »Ich weiß leider gar nichts, Marga! Kaum war ich durch das obere Tor getreten, wurde mir von den Soldaten auf recht unsanfte Art klargemacht, ich solle mich auf dem Rathausplatz einfinden. Aber sag, wo ist Asa?«
    »Verloren hab’ ich sie, einfach verloren! Gerade waren wir damit beschäftigt, unseren Marktstand aufzubauen, als Soldaten kamen und uns wie eine Kuhherde hier zusammentrieben. Alles ging so schnell …«
    Mit einer hastigen Handbewegung unterbrach Weiland meine Litanei und deutete nach vorn.
    Auf einer erhöhten Plattform konnte ich einen dunkelgewandteten Mann erkennen, der umständlich eine Unzahl Papierrollen auf dem Rednerpult vor sich ausbreitete. Rings um den Mann waren ein gutes Dutzend Soldaten plaziert, die mit Stöcken und Spießen einen dichten Schutzwall bildeten. Weiland pfiff leise durch die Zähne.
    »Ich ahne Schlimmes …«, murmelte er vor sich hin. Fast unmerklich streckte er sich und richtete sich auf, als wolle erseinen Rücken auf die kommenden Lasten, die er in Zukunft zu tragen hatte, vorbereiten.
    »Was ist denn los?« fragte ich flüsternd.
    »Daß nichts Gutes kommen wird, können wir uns an den fünf Fingern einer Hand ausrechnen! Ein Aufmarsch so vieler Soldaten hat noch nie etwas Gutes bedeutet! Den vielen Waffenträgern nach zu urteilen, scheint die Obrigkeit jedenfalls damit zu rechnen, daß ihre Neuigkeiten nicht besonders friedlich aufgenommen werden – um was es sich auch handeln mag.«
    In der Zwischenzeit hatte der Redner seine Schriftrollen ausgepackt und hob zu seiner Rede an. Seine Stimme war so laut und durchdringend, daß selbst an unserem Platz in den hintersten Reihen jedes Wort zu verstehen war. Mir wäre lieber gewesen, wenn ich das eine oder andere nicht so genau gehört hätte. Denn was

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