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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schlug in die gleiche Kerbe: »Ja, ihr Schwarzröcke habt doch immer gut reden! Was hat denn die Kirche jemals für uns einfache Leut’ getan? Gar nichts! Wahrscheinlich schickt euer Herrgott sogar selbst diese neuen Gesetze!« Auf einmal hatte sich eine Traube von Menschen um den Pfarrer gebildet, und alle beschimpften ihn mit bösen Worten. Ich verstand die Menschen nicht. Statt ihren Unmut gegen die Obrigkeit zu richten, von der die neuen Gesetzedoch schließlich kamen, gingen die Leute nun auf Weiland los, der doch wirklich keiner Fliege etwas zuleide tun konnte!
    Hilflos stand ich daneben, als der erste damit begann, Weiland zu schubsen und zu stoßen. Aufgestachelt von dem Haß der anderen, zerrte ein altes Weib an seiner Kutte, verpaßte ein anderer ihm einen Tritt. Weilands Protestrufe hörte niemand – und auf einmal lag er am Boden. Verzweifelt blickte ich mich um. Doch die Soldaten, die uns vorher wie Vieh hierher getrieben hatten, dachten nicht daran, dem Pfarrer zu helfen, sondern standen grinsend auf ihrem Posten und schauten seelenruhig zu. Ich wollte laut aufschreien und den Leuten zurufen, daß sich ihr Ärger und ihre Wut auf den Falschen ergoß, doch war mir vor Schrecken die Kehle zugeschnürt.
    »Schluß jetzt! Hört ihr auf damit! Wollt ihr denn alle in der Hölle schmoren?«
    Plötzlich erschienen ein paar kräftige Arme scheinbar aus dem Nichts und begannen, einen nach dem anderen zu packen und wegzustoßen.
    »Ihr Lumpen! Was fällt euch ein, den Pfarrer anzugreifen! Ihr seid nicht besser wie eine Herde tollwütiger Hunde! Geht nach Hause und schämt euch! Pfui!« Breitbeinig stand Cornelius da, seine rotblonden Haare standen wild in die Höhe, seine Arme waren angriffslustig nach vorne gerichtet. Doch den erbosten Raufbolden war nun der Spaß vergangen, und so trotteten sie unmutig davon.
    Hilflos versuchte Weiland, sich vom gröbsten Dreck zu befreien. Mehrere große Risse klafften in seiner Kutte, die über und über mit Lehm verschmiert war. Seine Tonsur war unter dem schlammigen Dreck nicht mehr zu erkennen, dafür sah man um so deutlicher, was die Meute mit seinem Gesicht angerichtet hatte: Ein blaues Auge und eine blutige Schläfe waren der Beweis. Wer wußte, was passiert wäre, wenn Cornelius nicht eingegriffen hätte?
    Wie durch ein Wunder stand plötzlich Asa neben uns.
    »Asa, Gott sei Dank! Du kommst im richtigen Moment!«
    »Das scheint mir auch so. Wenn du mir aus dem Weg gingest, Marga, könnte ich damit beginnen, aus unserem Pfarrer wieder einen ansehnlichen Gottesmann zu machen.« Erleichtert schaute ich zu, wie Asa in aller Gemütsruhe Weilands Verletzungen untersuchte. Dabei erzählte sie uns, wie sie sich vor den Soldaten hinter einem der größeren Krämerkarren versteckt gehalten hatte. »Ich lass’ mich doch nicht wie ein Stück Rindvieh durch die Gegend treiben! Pah! Außerdem mußte sich doch einer um unsere Waren kümmern.«
    Stumm standen Cornelius und ich daneben, während Asa weiterhin den Verletzten versorgte. Der Rathausplatz hatte sich mittlerweile wieder ziemlich geleert. Die Marktbesucher waren darauf bedacht, sich nun wieder dem Marktgeschehen zuzuwenden, Ablenkung zu finden, die neuen Verbote noch einmal zu vergessen. Langsam beruhigte auch ich mich wieder. Doch als ob der vorangegangene Schrecken nicht gereicht hätte, hielt der Tag noch einen weiteren parat, der gleich auf dem Fuße folgte.
    »Ja, wen haben wir denn da? Eine reizende Versammlung, findest du nicht auch, Weib?«
    Mich schauderte, als ich die boshafte Stimme hörte, die mir nur allzu bekannt war! Als ich aufblickte, sah ich direkt in die tiefliegenden Schweineäuglein von Jost. Mich durchfuhr es abwechselnd heiß und kalt, denn neben ihm stand Sureya. Mit einem Kind im Bauch. Statt jedoch ihre Leibesfülle unter weiten Hüllen zu verbergen, trug sie diese in engen Gewändern offen zur Schau.
    Monatelang hatte ich des Nachts wachgelegen und just diesen Augenblick herbeigeträumt: Wie ich Sureya gegenüberstehen und ihr die Augen auskratzen würde. Wie ich ihr Hieb um Hieb verpassen würde für all das Elend, das sie mir und meiner Familie angetan hatte! Doch nun, da die Zeitgekommen war, stand ich reglos und blickte in ihr hämisches, boshaftes Grinsen und ihren obszön hervorstehenden Bauch, in dem der Samen ihres Liebhabers heranwuchs. Wie hätte ich jetzt meine Rachegelüste stillen können? Ich blickte ihr also nur in die Augen, der Frau, die mir aus einer Laune heraus meinen Mann

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