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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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überhaupt im Hause von Cornelius leben und arbeiten zu dürfen. Wie viele jüngere Brüder wurden einfach auf die Straße gesetzt, weil der Hof nicht genug für zwei Familien abwarf? Wo hätten Jerg und ich jemals hingehen können? Meine Eltern waren froh, mich los zu sein und hätten große Augen gemacht, wenn ich eines schönen Tages mit meinem Mann vor deren Tür gestanden hätte. Mit diesem Wissen hatte ich Grund genug gehabt, mir Lene nicht zur Feindin zu machen. Und dennoch war genau dies geschehen! Doch daß ihr Haß jemals so weit gehen würde, mich als Verräterin hinzustellen, hätte ich in meinen schlimmsten Träumen nicht geglaubt. Aber daß ich mich hier und jetzt zum ersten Mal zur Wehr setzten würde – damit hatte Lene nicht gerechnet!
    »So, und jetzt gehen wir!«
    So tief war ich in meinen Erinnerungen versunken, daß ich erschrocken auffuhr. Neben mir stand Cornelius in seiner dicken Lammfelljacke.
    »Auf, auf, zieh dir deine Jacke an, Marga! Oder willst du draußen erfrieren? Deine Gesundheit ist sicherlich noch recht schwach!« Cornelius’ Stimme nach hätte es sich um einen abendlichen kurzen Spaziergang handeln können, so selbstverständlich und ruhig hörte er sich an. Doch in seinen Augen konnte ich von einem Schmerz lesen, wie ihn ein todbringendes Schwert nicht schlimmer hätte verpassen können. Cornelius’ kleine, heile Welt war heute zerstört worden, und ob ich es nun wollte oder nicht – ich war der Grund dafür! Durch mich war sein Weib zu einer Lügnerin geworden, die Schande über das ganze Haus gebracht hatte.
    Lene kauerte wimmernd am Tisch. Grob trat er mit demFuß nach ihr. »Steh auf, Weib, sonst setzt es gleich noch einmal eine Tracht Prügel.«
    Inzwischen machte ich mir Sorgen um Cornelius’ Verstand, so unheimlich war sein Verhalten.
    »Wir gehen jetzt von Haus zu Haus und hören mit eigenen Ohren zu, wie Lene sich für ihre Lügengeschichten entschuldigt und diese richtigstellt.«
    Lene blieb zuerst wie angewurzelt stehen, dann fiel sie vor Cornelius auf die Knie und flehte ihn an.
    Umsonst.
    So ein Schauspiel hatte Taben noch nicht gesehen. Mit Lene und mir im Schlepptau ging Cornelius von Haus zu Haus, klopfte an und bat um Einlaß. Unter den verwunderten Blicken der Tabener, die sich teilweise schon zur Nachtruhe begeben hatten, begann er mit seiner Erklärung für unseren Besuch. Und dann war Lene an der Reihe und stotterte etwas von ›Verwechslung‹ und ›muß mich wohl falsch erinnert haben‹. Wurde sie gar zu nichtssagend in ihren Worten, bekam sie von Cornelius einen Tritt in den Hintern, worauf sie sich beeilte, ihr Sprüchlein herunterzubeten. Ehe die Leute so richtig wußten, was geschehen war, machten wir uns schon wieder auf unseren Weg. Doch jedem war klar, daß Lene etwas Ungeheuerliches angestellt haben mußte, denn so wütend hatten sie Cornelius noch nicht erlebt! Jeder war froh, nicht in Lenes Haut stecken zu müssen. Mir erging es nicht anders.
    Als ich jedoch in dieser Nacht zu einer neugierig wartenden Asa zurückkam, war meine Ehre wieder hergestellt, und im Gegensatz zu Lene konnte ich mit einiger Zuversicht in die Zukunft schauen.

3.
    »Bratäpfele! Frische Bratäpfele! Zwei Heller das Stück!«
    »Heiße Kastanien! Leute, eßt heiße Kastanien!«
    »Holla, aufgepaßt, hier kommt der Töpfles-Karl! Schöne, bunte Pfannen, feine Schüsseln und Schalen!«
    Arm in Arm versuchten Asa und ich uns durch die engen Reihen des Märzenmarktes zu zwängen. Der Morgennebel hatte sich noch nicht ganz gelichtet und hing weiß und feucht über der Stadt. Die Rufe der Marktschreier, mit denen sie ihre Waren feilboten und Besucher willkommen hießen, vermischten sich mit dem Hufschlag der Gäule auf dem naheliegenden Roßmarkt, die ihren zukünftigen Besitzern mit lauten Lobeshymnen angepriesen wurden. So manches Beamtentöchterlein würde in den nächsten Tagen große Augen machen, wenn sich ihr neues Roß, von schlitzohrigen Zigeunern beim Proberitt mit Bier ruhiggestellt, auf einmal als unzähmbare Furie entpuppte!
    So viele Menschen schon so früh am Morgen! Wenn wir uns in dem Gedränge nicht verlieren wollten, mußten wir schon sehr aufpassen. Der schwere Leiterwagen, den ich hinter mir her zog, machte unser Durchkommen auch nicht gerade einfacher. Als wir endlich am Stand des Marktverwalters angekommen waren, stieß ich einen erleichterten Schnaufer aus, der sicher bis nach Taben zu hören gewesen war. Trotz des frischen Märzmorgens lief mir

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