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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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– und wusste in dem Augenblick nicht, wen von beiden ich eigentlich meinte. Ciaran legte den Arm um mich. Ich lachte und trank. Mein Blick begegnete dem von Ezzo für einen viel zu langen Augenblick, und da war wieder dieser kleine Stich. Der Wein schmeckte plötzlich bitter, als hätte jemand Wermut hineingetan.
    Kurze Nachricht des Ritters Oswald von Wolkenstein
an die fahrende Ärztin zu Konstanz, 28. März 1415
Gottes Gruß und Hülff zuvorn, und guthe Nachricht darnach. Euer Rath und Artzeney haben Wunder gewürcket, der böhmische Ketzer ist auch in ein ander Gefencknus gekomen und es gehet seither beßer mit ime. Meher consultationes denn die zuerst gehabte sind nit notwendigk. Meinen Danck an Euch,
Oßwald, der von Wolckensteyn
Costnitz, am Tag cena domini 1415
    Zweite Nachricht des Ritters Oswald von Wolkenstein
an die fahrende Ärztin zu Konstanz, 24. April 1415
Gotts Gruß zuvorn, Fraw Magistra, es ist unsers erlauchtten Königks und deß Bischoffs Wunsch, Euch erneutt umb Euer Hülff zu bithen. Mit dem Huß gehet es wiedrum schlecht, darumb hab ich Auftragk, mit Euch noch einmal zu ime zu gehn. Haltet Euch morgen in der Früh bereyt, und habt der Artzney genug dabey.
Oßwaldt
Costnitz, Mittwoch nach Jubilate 1415

Schloss Gottlieben bei Konstanz, Ende April 1415
    Gottlieben lag behäbig am Ufer des Seerheins, eine wehrhafte Wasserburg mit zwei quadratischen Türmen auf der Landseite. Seit ihrer Erbauung im Jahre 1251 gehörte die kleine, aber trutzige Anlage den Bischöfen von Konstanz, sie war von der Stadt aus zu Pferde mühelos in zwei Stunden zu erreichen. Hier nun, so hatten Sigismund und der Konstanzer Bischof beschlossen, sollte der böhmische Magister die Zeit seiner Gefangenschaft bis zum Beginn seines Prozesses vor dem Konzil verbringen.
    Sara ritt neben dem Wolkensteiner her, auf einem zierlichen braunen Zelter, den der Tiroler Ritter aus dem königlichen Marstall mitgebracht hatte. Die ganze Zeit über hatte sie den fröhlichen Liedchen und Gedichten ihres Begleiters gelauscht, der Weg war ihr gar nicht lang vorgekommen. Um die beiden herum begann überall das erste Grün zu sprießen, auf den Feldern pflügten noch die Bauern – das Frühjahr war spät gekommen. Mit gekrümmten Rücken und schweren Schritten stapften die Landleute hinter ihren Ochsengespannen her, drückten die Pflugschar tief in den fruchtbaren Boden und zogen Furche um Furche. Die kalte, klare Frühlingsluft roch nach frisch aufgebrochener Erde.
    »Ist es das?«, fragte sie, als die beiden Türme vor ihnen am Rande einer weiten Brachfläche auftauchten.
    Oswald von Wolkenstein nickte. »Dort droben im Westturm sitzt er, Gott straf ihn«, sagte er und deutete nach vorn.
    »Was ist so falsch an dem, was er lehrt?« Sara hatte Vertrauen genug zu ihrem Begleiter gefasst, um die Frage zu wagen.
    »Na, Ihr macht mir Spaß!« Oswald riss entrüstet sein linkes Auge auf. »Er will alle Kirchenoberen aus ihren Ämtern vertreiben, schwingt lästerliche Reden gegen den Papst, spricht der Kirche das Recht auf Besitz ab! Das würde ja die Weltordnung aus den Angeln heben!«
    Sara überlegte. Sie musste vorsichtig sein – schließlich begab sie sich hier auf christliches Terrain. »Aber«, erwiderte sie, »wäre es denn so furchtbar, wenn die Mönche, Priester und Bischöfe ein Leben in Armut und Keuschheit führten, wie dieser Jan Hus es verlangt?«
    Oswald lächelte etwas mitleidig zu Sara hinüber. »Ach wisst Ihr, das mit der Armut ist für mich gar nicht so entscheidend. Die Kirche hat ja unendlich viel Grundbesitz; gerade in Böhmen gehört ihr die Hälfte des Landes! Wenn ein bisschen von diesem Landbesitz an, sagen wir, den Adel fiele – und an wen sonst? –, wäre niemand wirklich unglücklich. Auch der König hätte wohl nichts dagegen. Vielleicht fiele ja ein Stückchen vom Kuchen auch an ihn ab – oder an mich. Aber die Sache mit der Keuschheit … « Er drehte das eine Auge zum Himmel. »Seien wir doch mal ehrlich! Das kann man doch von keinem Mann verlangen! Ihr als Ärztin müsstet doch selber am besten wissen, dass ein Mann ohne die Leiblichkeit gar nicht leben kann.« Er richtete sich im Sattel auf, warf sich in die Brust und deklamierte: »›Zung an Zünglein, Brust an Brüste, Bauch an Bäuchlein, Pelz an Pelzlein, schnell mit Schwung und frisch hinein … ‹«
    »Pfui, Herr Ritter«, empörte sich Sara, »Wollt Ihr wohl still sein! Ihr treibt mir ja die Schamröte ins Gesicht!«
    Gleich sackte er wieder

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