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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Sohn aus obgenanter Lies, mit Namen Ezzo, zu unßerm recht meßigen Erben. Er mög unß nachvolgen alß Grafe von Riedern in allem, was wir haben im Hertzogthum Francken, fahrendes und liegendes, es sey Erbe, Eigen, Lehen, Zinß, Schulden, Gültten, Güter, Zehenden, Häußer, Höf, Äcker, Wießen oder Wein Gärtten. Klein und groß, besucht und unbesucht, nichts außgenomen, wie das heißen mag und Namen hat.
Item unßer guter Bruder Friderich mög ime alß Vormundt dienen, biß er die zwantzig Jar erreicht hat. Dafür erhelt er drey Höf zu Unter-Zeynsbach sambt der Mühlen und den Forsten alldort, die Jagd zu Eychenbühl, auch die Fischwasser und Weiher-Hauß zu Dornberg und den Ansitz zu Schruppach. Dartzu das Recht, allzeit auff unßrer Burg Riedern zu wohnen.
Und wir bitten auch alle Menschen, die do nach uns weitter leben und zu denen wir unser sunders Vertrauen haben, daß sie jetzund und nach unßerm Tode wöllen bitten Gott den Herren umb unßrer Seel Seligkeyt.

Geben im Jar des Herrn 1395, am nechsten Tag nach Sant Dionysi Tag.
Henricus comes de Riedern

Zeugen

Köln, Winter 1403
    Sara holte tief Luft, hielt sich mit zwei Fingern die Nase zu und kniff die Augen zusammen. Dann tauchte sie unter, bis das Wasser mit sachtem Klatschen über ihrem Kopf zusammenschlug. Prustend kam sie wieder hoch. Sie zitterte, und ihre Zähne schlugen leise aufeinander – eine Mikwe musste von lebendigem Wasser gespeist sein, und dieses Grundwasser, das dem Rhein zufloss, war so kalt, dass es ihr wehtat. Noch zweimal ging sie ganz unter Wasser, wie es Vorschrift war, dann stieg sie eilig die Stufen aus dem Becken hinaus, wo ihre Mutter sie mit einem großen Laken in Empfang nahm. Jochebed kauerte derweil in der Ecke des Kellerraumes, die am weitesten vom Bad entfernt war, drückte ihre kleinen Fäuste vor die Augen und wimmerte vor sich hin. Sie hatte schon immer panische Angst vor dem Wasser gehabt; wenn man sie nur wusch, kreischte und schrie sie jedes Mal, als ob es ihr ans Leben ginge. Vor einiger Zeit hatte sie eine rituelle Reinigung in der Mikwe gebraucht, weil sie ein totes Tier angefasst hatte, und dabei hatten zwei Frauen die inzwischen Siebenjährige kaum bändigen können.
    Sara genoss es, dass ihre Mutter sie fest mit dem rauen Stoff abrubbelte, und fühlte dabei die Wärme in ihren Körper zurückkehren. Sie war stolz, unbändig stolz darauf, jetzt endlich eine Frau zu sein. Es war der Eintritt ins Erwachsenenleben, den jedes Mädchen in ihrem Alter sehnlich herbeiwünschte. Wie alle Frauen würde sie nun regelmäßig nach der Blutung ins Ritualbad hinabsteigen, um sich zu reinigen. Und es war nun an der Zeit, einen Platz im Leben zu finden, einen Mann zu suchen, zu heiraten und eine Familie zu gründen.
    »Wie soll das nur später einmal mit Jochi werden?«, murmelte ihre Mutter bang vor sich hin. »Sie kann doch nicht unrein durchs Leben laufen … « Die Sorgen um die jüngere Tochter wurden mit jedem Tag mehr und größer. Je älter das Kind wurde, desto mehr blieb sie hinter den Gleichaltrigen zurück, desto augenfälliger wurde ihre Blödigkeit. Sie sprach so schlecht, dass nur die Familie sie richtig verstehen konnte, sie bewegte sich schwerfällig und ungeschickt, sie begriff kaum etwas. Aber sie war immer fröhlich, hatte ein sonniges Gemüt und war liebebedürftig wie ein Kätzchen, das ständig gekrault werden wollte. An ihr war kein Falsch, jede Regung merkte man ihr sofort am Blick an, sie war die reinste Unschuld. So schwierig es auch manchmal war, ihre Eltern hingen abgöttisch an ihr, und Sara hütete sie wie ihren Augapfel. Jetzt wickelte sie das Laken um sich und ging zu ihrer Schwester hinüber. »Schau, Jochi«, sagte sie, »ich bin untergetaucht, und es war gar nicht schlimm.« Sie schüttelte ein paar Tropfen aus ihren Haaren, und die Kleine rannte schreiend zur Mutter hinüber. Sara seufzte. Aber sie war fest entschlossen, sich diesen wichtigen Tag nicht von dem Kummer um ihre Schwester verderben zu lassen. Sie drückte ihr Haar aus, schlang ein Kopftuch um, und gemeinsam stiegen die drei wieder nach oben.

    Draußen hatte es leicht zu schneien begonnen. Die feinen Flocken tanzten schwerelos durch die Luft, als könnten sie sich nicht entschließen, wohin sie denn nun fallen sollten. Sara sank mit ihren hohen Trippen tief in den dicken Straßenschlamm ein und vermied es, dort zu gehen, wo die Räder der Karren und Wagen ihre Spuren eingegraben hatten. Es wurde schon dämmrig, in den

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