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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Reh nach den Erschlagenen Würzburgs ...«
    Aus dem Chronikon Ellenhardi
… Im Jahr 1298 ereignete sich von Jakobi bis Mathei eine Judenverfolgung durch einen Adeligen aus Franken, der Rintfleisch genannt wurde. Man sagt, dass die Gesamtzahl der Getöteten 100.000 Juden betrug, nämlich die Juden, die in Würzburg, Nürnberg und in allen Dörfern und Burgen, die man finden und nennen kann, lebten. Der Grund für ihre Verfolgung war, dass sie, wie man sagt, so schwer gegen den Leib des Herrn frevelten, dass ihre Verfolgung von Gott erlaubt wurde und dass sie im ganzen Reich verfolgt worden wären, wenn nicht der römische König Albrecht auf der Rückreise von Aachen die Verfolgung unterdrückt hätte …
    Aus der Bischofschronik des Lorenz Fries
… In dem 1336. Jahre rottirten sich auch vil des Pöbels zusamen und zogen mit wehrender Hand aus, in Mainung, die Jüden im gantzen Lande zu vertilgen und auszureuten … Also ruckte der unsinnig Haufe in die Stat Kitzingen und erschlugen alle Juden darinnen. Da solchs bescheen, beschlossen sie miteinander, den nechsten gen Wirtzburg zu ziehen … Aber die Burger zu Wirtzburg, hatten ire Juden selbst geplundert und geschatzt …

Würzburg, April 1416
    Gara öffnete das Fenster ihres Behandlungszimmers und ließ die Frühlingsluft herein. Schnuppernd zog sie die Nase hoch; es roch nach Pferdeäpfeln, Mainfisch, aufgebrochener Erde und dem ersten Grün, das sich hier wegen der Kessellage der Stadt früher zeigte als anderswo. Auf der Gasse spielten ein paar Kinder Trendeln, ein Spiel, das eigentlich kennzeichnend für das Lichterfest war. Fröhlich drehten sie den Kreisel mit den vier Schriftzeichen Nes, Gadd, Haja und Po und verwetteten tönerne Murmeln darauf, welcher Buchstabe am Ende liegenblieb.
    Ein Lied summend räumte Sara ihr Arztbesteck auf. Gerade hatte sie einen Patienten als geheilt entlassen. Es war ein Fleischhauer aus der Kettengasse, den eine rabiate Sau in den Finger gebissen hatte. Er hatte die Verletzung selber behandelt und sich einen Verband aus Speck und Sehnen gemacht. Natürlich war der Brand aufgetreten, und Sara hatte nur zwei Drittel des Fingers retten können, indem sie die Spitze amputierte. Aber der Mann konnte wieder greifen und seinen Beruf weiter ausüben, das war die Hauptsache.
    Ja, trotz des Verbots, Christen zu behandeln, kamen in letzter Zeit immer mehr von ihnen zu der neuen Ärztin in der Judengasse. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass Sara erfolgreich kurierte, und so war als erstes die junge Frau des Spitalpflegers zu ihr gekommen, die unter so starker Menstruation litt, dass sie vor lauter Blutverlust jedesmal schwach und ohnmächtig wurde. Wickel und Aufguss aus Hirtentäschel mit Wein hatten ihr sofort geholfen, und einen Monat später war sie schwanger. Von da an gehörten fast täglich Christen zu Saras Patienten. Sie wollte niemanden abweisen, und solange vom Magistrat keine Beschwerde kam, würde schon alles gut gehen.
    Für Jochi, so hatte sie erkennen müssen, blieb oft nicht viel Zeit, und so hatte sie ein junges Mädchen eingestellt, das sich ein paar Stunden am Nachmittag um ihre Schwester kümmerte. Jenta war die Tochter des Gemeindedieners und verwachsen, so dass sich bisher kein Heiratskandidat gefunden hatte. Sie und Jochi freundeten sich schnell an. Das Mädchen war klug; sie brachte Jochi viel Neues bei, unternahm mit ihr oft stundenlange Streifzüge durch das Judenviertel und am Main entlang. Außerdem half sie noch im Haushalt, kochte oder kaufte ein. Sara war erleichtert, dass sich alles so gut hatte einrichten lassen. So konnte das Leben wohl weitergehen.
    Jemand läutete die kleine Glocke, die Sara neben der Tür anbringen hatte lassen. »Ist die Magistra da?«
    Magistra! Immer öfter wurde Sara so genannt, und sie freute sich an der Ehrerbietung, die in diesem Wort lag. »Nur herein«, antwortete sie und schloss das Fenster.
    Eine Frau in guter Kleidung betrat die Offizin, an der Hand ein Kind, das vollständig in einen rehbraunen Kapuzenmantel eingehüllt war. Sie selber trug einen schön verbrämten Wollumhang und darunter ein leuchtend blaues Kleid. Es war nicht der Aufzug einer reichen Bürgerin, sondern eher der einer Bediensteten aus vornehmem Haushalt. »Ich möchte Euren Rat«, begann die Frau und drehte nervös an einem Ring, der viel zu teuer aussah – eine große Perle, so etwas trugen nur die vom Adel.
    »Legt ab und setzt Euch«, sagte Sara. »Was kann ich für Euch tun?«
    »Es geht

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