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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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übergeben, einen böhmischen Adeligen im Dienste König Wenzels, der mit Leib und Seele Anhänger des neuen Glaubens war. Danach hatten sie sich langsam auf den Rückweg gemacht. Im Mai waren sie zu Konstanz angekommen, nur um festzustellen, dass diejenigen, die sie suchten, nicht mehr da waren. Nach einigem Hin und Her hatte Finus Gutlind ausfindig gemacht – inzwischen stolze Besitzerin einer mehr als anrüchigen Schänke in der Niederburg, die sie »Zur Katz« getauft hatte. Und Gutlind hatte gewusst, dass die anderen nach Würzburg aufgebrochen waren. Dies war also das neue Ziel, und Ezzo war es recht gewesen. Würzburg! In seiner Kindheit war er schon einmal mit seinem Vater dort gewesen, er erinnerte sich an den großen Dom und die mächtige steinerne Brücke über den Main. Hoffentlich waren die anderen noch in der Stadt – dann würde er Finus bei Janka und Pirlo abliefern und anschließend alleine das tun, was schon seit Jahren auf ihn wartete: Sein Erbe einfordern.

    Riedern lag auf dem Weg vom Bodensee nach Franken. Ezzo hatte den Ritt nach Würzburg eigens so geplant, dass er an der Burg seines Vaters vorbeimusste. Er wollte sie einfach nur sehen, nur von fern, einen Blick auf das erhaschen, was rechtmäßig ihm gehörte. Endlich, noch vor Ablauf seiner geschworenen drei Jahre als Ritter der Königin, war er frei, seine eigenen Pläne zu verfolgen. Er hatte die letzte Aufgabe erfüllt und war nun sein eigener Herr. Die Liebschaft mit Barbara von Cilli war eine Täuschung gewesen, ein Fehler. Er war immer noch jeden Tag wütend auf sich selbst, wegen seiner Gutgläubigkeit, seiner blinden Verliebtheit, seines törichten Vertrauens. Oh, er hasste die Königin nicht, aber er verachtete sie für das, was sie war. Von den großen Gefühlen der vergangenen Jahre war nichts geblieben außer Bitterkeit.
    Sie ritten aus der Dunkelheit des Waldes in ein breites Tal, gesäumt von weichen, grünen Hügeln. Fruchtbares Land breitete sich vor ihnen aus, gelbe Kornfelder, die kurz vor der Ernte standen, fette Wiesen und Obstgärten. Ezzo wusste, dass sie sich bereits auf dem Gebiet der Riederner Herrschaft befanden. Es ging auf Mittag zu, aber weil hier auch die niedere Jagd Herrenrecht war, verzichteten sie lieber darauf, mit Pfeil und Bogen einen der vielen Hasen zu schießen, die ohne Scheu am Waldrand entlanghoppelten. Lieber bauten sie sich eine Art Hütte aus Laub und Ästen, hielten einen Kloben hinaus und lockten mit Vogelrufen. Am schnellsten wirkte wie immer der Ruf der Meise, des besten Lockvogels. Sobald sich ein Vogel auf den Kloben setzte, diesmal ein Eichelhäher, zog Finus mit einer Schnur das aufgespreizte Fangholz zusammen und der Vogel war festgeklemmt. Nachdem sie auch noch eine Elster und eine Amsel gefangen hatten – Ezzo hatte derweil sogar noch mit einer einfachen Schlingenfalle ein Eichhörnchen ergattert –, machten sie Feuer und richteten das Festmahl.
    Später lagen sie satt und faul im hohen Gras. »Das hier gehört also zu dem Besitz, der dir zusteht?«, fragte Finus und umfasste mit seiner Hand in einem großen Bogen die Weite des Landes.
    »Ich glaube schon«, erwiderte Ezzo. »Zumindest soweit ich mich erinnere.«
    »Wie willst du das alles wiederbekommen?«
    Ezzo pflückte einen Grashalm und kaute nachdenklich darauf herum. »Ich weiß noch nicht genau, Finus. So lange denke ich schon darüber nach, aber ein Rezept habe ich noch nicht gefunden. Es wird wohl darauf ankommen, wie mein Stiefonkel sich verhält.«
    »Ich will dir gerne helfen«, bot der Junge eifrig an, während er seinem Falken ein paar Fleischreste fütterte. »Zu zweit kann uns niemand was anhaben!«
    Ezzo lachte. »Kommt gar nicht in Frage«, antwortete er in entschiedenem Tonfall. »Ich bringe dich jetzt zu deinen Großeltern, und den Rest mache ich alleine.«
    Finus schmollte. »Du hältst mich immer noch für ein kleines Kind, Ezzo. Dabei bin ich bald so alt wie du, als du Knappe der Königin geworden bist.«
    »Mag schon sein, mein Großer. Aber ich werde diese Sache ohne dich zu Ende bringen, sie geht nur mich etwas an. Und stell dir bloß vor, dir geschieht etwas! Janka würde mir den Kopf abreißen!«
    Sie stiegen wieder auf und setzten ihren Weg fort. Finus schwieg beleidigt, bis sie um den nächsten Hügel bogen. Dann sah er die Burg. »Schau!«, rief er aufgeregt. »Ist es das?«
    Ezzo beschattete die Augen mit der linken Hand. Er sah die Mauern und Türme seiner Kindheit. Den alten Bergfried, die

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