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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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schneller voran als ich«, gab Connla zurück. »Und außerdem habe ich Hunger! Hat uns der geizige Pfarrer von Athlone nicht eine seiner verschrumpelten Würste mitgegeben?«
    Ciaran seufzte. Ihm war klar, dass sein Freund, wenn er sich erst einmal dort im Gras niedergelassen hatte, so schnell nicht wieder aufstehen würde.
    »Ich verstehe gar nicht, warum du es so eilig hast, a Chiaran«, meinte Connla, während er den jungen Mönch am Ärmel zum Dolmen hinzog. »Du weißt doch: Als Gott die Zeit erschuf, hat er genug davon gemacht.«
    Vor einem der Stützsteine warfen die beiden ihre Bündel hin. Ciaran suchte nach einer Stelle im Gras, wo keine Schafsköttel lagen, um sich dort hinzusetzen, als er ein Geräusch hörte. Er sah hoch und erstarrte: Drei Männer traten hinter dem riesigen Abdeckstein des Dolmen vor. Ihre Kleider waren nicht irisch, vermutlich kamen sie aus England oder vom Festland, und zwei von ihnen waren mit Kurzschwertern bewaffnet. Sie kamen auf ihn zu, und die Angst packte ihn, wie damals auf dem Friedhof. Panisch sah er sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Dabei fiel sein Blick auf Connla, der sofort schuldbewußt den Kopf senkte. »Was geht hier vor?«, schrie er seinen Begleiter an. Schritt für Schritt wich Ciaran bis zum Stein zurück, die Hände zur Abwehr erhoben. Die Männer folgten ihm. Einer von ihnen, ein sehr junger Mann mit spärlichem Bartwuchs und schmaler Statur, trat vor den jungen Mönch hin und lächelte.
    Ciaran schluckte. »Bei allen Heiligen, was wollt Ihr von mir?«, sagte er mit belegter Stimme. »Wer seid Ihr?«
    Und dann streckte der seltsame Fremde die Hand aus und sagte stockend auf Irisch: »Ich bin dein Vetter Will aus England.«

    »Anfangs wussten wir nicht, ob du überhaupt noch am Leben bist«, erzählte Will später, während Ciaran noch versuchte herauszufinden, ob er wachte oder träumte. »Aber nachdem man keinen toten Säugling in Tiltenham gefunden hat, haben wir immer daran geglaubt, dass es dich noch irgendwo gibt. Wir haben überall gesucht, haben nachgeforscht, haben nie aufgegeben. Und vor einigen Monaten kam schließlich der entscheidende Hinweis auf Clonmacnoise, zufällig ausgeplaudert von einem unserer Feinde. Da haben wir Connla hier« – er wies auf Ciarans Begleiter – »losgeschickt. Er sollte herausfinden, ob du tatsächlich im Kloster lebst.«
    »Tut mir leid«, sagte Connla zerknirscht. »Aber einer musste schließlich die Lage erkunden. Wir wussten ja auch, dass die anderen hinter dir her waren. Und wir wollten erst einmal mit dir allein reden, deshalb war dies hier eine gute Gelegenheit.«
    »Du hast mich zu Tode erschreckt, Mann!«, knurrte Ciaran, noch nicht ganz mit dem Freund versöhnt. »Und warum, Herrgott nochmal, die ganze Geheimniskrämerei? Wer sind die Feinde, von denen ihr sprecht, und was habe ich mit allem zu tun? Irgendjemand hat versucht, mich umzubringen! Ich verstehe überhaupt nichts!« Wütend warf er ein Steinchen weg, das er grade aufgehoben hatte.
    Will nickte mitfühlend. »Ich kann dir alles erklären, aber das dauert ein Weilchen.« Er reichte Ciaran eine blecherne Flasche. »Trink einen Schluck Wein, den hast du, glaube ich, nötig.«
    Ciaran zögerte kurz, aber dann nahm er ein paar Mundvoll. Wenn sie ihn hätten töten wollen, hätten sie das längst tun können. Sie brauchten ihn nicht zu vergiften. Dann lehnte er sich gottergeben mit dem Rücken gegen den Dolmen und hörte zu, was ihm sein vorgeblicher englischer Vetter zu erzählen hatte.
    Am Ende war Ciaran bleich wie der Tod. Er, der sein ganzes Leben im Kloster verbracht hatte, der nur die eine christliche Wahrheit kannte, er, ein Mönch, war der Sohn von Abtrünnigen. Von Menschen, die er bisher zutiefst verachtet, ja verabscheut hatte. Ketzerbrut! Die gedungenen Mörder hatten recht gehabt. Seine Eltern, die er so sehnlichst hätte kennen wollen, nach deren Liebe er sich sein Leben lang verzehrt hatte, gehörten zu den Verblendeten, die von der Heiligen Römischen Kirche abgefallen waren. Zu den Anhängern Wyclifs. Den Leugnern der päpstlichen Herrlichkeit. Den Feinden Gottes. Schmutz auf dem Angesicht der Erde. Ciaran fühlte sich so verlassen wie noch niemals vorher in seinem Leben. Immer ist es mein größter Wunsch gewesen, meine Herkunft zu erfahren, dachte er. Und nun, da ich sie endlich kenne, wollte ich, ich hätte nie danach gefragt. Er schlug die Hände vors Gesicht, fassungslos.
    Connla legte seinem verzweifelten Freund die Hand auf

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