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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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vertreibt, keinem Menschen nit raichen oder verkauffen.

München, Herbst 1412
    Seit vielen Jahrhunderten sind die jüdischen Ärzte für ihre Kunst berühmt. Ihr Ruf ist so groß, dass die Leute zuzeiten geglaubt haben, man müsse, um in der Heilkunde Erfahrung zu besitzen, von jüdischer Herkunft sein.« Jehuda rührte in einem Tiegel Salbe, während Sara verschiedene Kräuter und Essenzen dazutat.
    »Woran liegt das?«, wollte Sara wissen. »Haben Juden und Christen unterschiedliche Heilmethoden?«
    Jehuda legte den Spatel hin und goss ein wenig Baumöl zu der grünlichen Masse. »Das ist es nicht«, meinte er. »Es liegt eher daran, dass jüdische Ärzte in der ganzen Welt verteilt gelebt haben. Sie sprachen Hebräisch, Arabisch, Griechisch, Latein und Spanisch. So konnten sie sich als Erste die alten medizinischen Werke der Araber durch Übersetzungen zugänglich machen. Und die arabische Medizin war der abendländischen schon immer weit überlegen.«
    »Das heißt, die Juden haben die Medizin des Orients schon angewendet, bevor die Christen sie kannten?«
    »Genau«, antwortete Jehuda. »Gib noch etwas vom Alaun hinzu, sei so gut.«
    »Rabbi Zvi hat neulich erwähnt, dass sogar christliche Päpste jüdische Leibärzte hatten«, warf Sara ein, während sie eine Spatelspitze des Pulvers in den Tiegel schüttete.
    Jehuda lächelte. »Das ist richtig, eben weil sie die Besten waren. Wenn ich mich recht erinnere, war Isaak ben Mordechai Medicus bei Papst Nikolaus dem Vierten. Papst Bonifaz der Neunte hatte einen Juden namens Manuel und dessen Sohn Angelo. Und Papst Innozenz der Siebte ließ sich von Elia de Sabbato behandeln. Aber nicht nur das. Komm.« Der alte Arzt ließ das Rühren sein und winkte Sara mit sich in die Wohnstube. Dort sperrte er eine Truhe auf und entnahm ihr einen dicken, metallbeschlagenen Folianten. Suchend blätterte er die Seiten durch. »Ah ja, hier habe ich es. Dies ist ein Verzeichnis vieler berühmter jüdischer Ärzte in verschiedenen Ländern überall auf der Welt. Sehen wir mal nach, welche Kaiser und Könige im Reich sich ihnen anvertraut haben. Da: Schon Kaiser Karl der Große hatte gleich fünf jüdische Leibärzte. Seinen Enkel Ludwig den Kahlen behandelte ein Arzt namens Zedekia, der so geschickt war, dass er geradezu als Zauberer galt. Auch Kaiser Konrad der Zweite hatte einen jüdischen Hofarzt, genau wie die Herzöge von Baiern und die rheinischen Pfalzgrafen.« Jehuda ließ den Blick schweifen und erzählte weiter. »Der große Simon, den einer meiner Lehrer noch kannte, war vor einem halben Jahrhundert Medicus des Erzbischofs von Trier, und gerade jetzt ist mein Freund Seligmann Leibarzt des Fürstbischofs von Würzburg. In vielen Städten gibt es jüdische Ärzte, so wie mich. Und das, obwohl Juden nicht an den deutschen Universitäten studieren dürfen.«
    »Wo können sie denn lernen?«, wollte Sara wissen.
    »Oh, in Padua oder in Montpellier, wenn sie an eine Universität wollen. Aber meist gehen sie bei einem jüdischen Arzt in die Lehre«, erwiderte Jehuda. »So wie ich.«
    »Und bei wem hast du gelernt?«
    Der Alte lehnte sich zurück. »Mein erster Lehrer war ein Sepharde namens Fernando. Ich traf ihn in Jerusalem, wohin ich nach dem Tod meiner Frau in Verzweiflung gepilgert war. An der Stätte des zerstörten Tempels erkannte ich meine Berufung, zu heilen, und so nahm mich Meister Fernando in die Lehre. Mit ihm ging ich nach Spanien und zog dort später von einem Medicus zum anderen, bis ich wieder hierher zurückkehrte.«
    Sara war beeindruckt. »So hast du also deine Heilmethoden und Rezepte aus dem Land Sepharad?«
    »Die meisten davon, ja. Aber sie stammen nicht von meinen Lehrern selber, sondern sind oft viel älter. Habe ich schon einmal Mose ben Maimon erwähnt?«
    Sara erinnerte sich, dass ihr Onkel einmal von einem Arzt namens Maimonides gesprochen hatte, und nickte.
    »Die Salbe gegen Hämmorrhoiden, die wir gerade angerührt haben, ist von ihm. Maimonides ist wohl der berühmteste aller jüdischen Ärzte; er war vor zweihundert Jahren Leibarzt des berühmten Sultans Saladin. Sein Ruhm war so groß, dass Richard Löwenherz, der englische König, ihn für sich haben wollte, aber Maimon lehnte ab. Er blieb in Kairo und verfasste elf medizinische Schriften, die ihn unsterblich gemacht haben. Einige habe ich selbst gelesen, darunter die über Diätetik und Ernährung, die über Gifte und ihre Heilung und die über Hämmorrhoiden. Sie sind bis heute

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