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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Gelb. Leipa und der Burggraf waren einander schon seit Jahren in herzlicher Feindschaft zugetan, jetzt gingen sie mit ihren Schwertern aufeinander los und beschimpften sich dabei aufs Erbittertste. »Fränkischer Lumpensack!«, brüllte der von Leipa durch sein Visier. »Böhmischer Ochsenarsch!«, schrie der Burggraf zurück und stieß sein Schwert vor. »Dich stech ich ab!«
    »Da hab ich keine Angst!«, dröhnte es höhnisch aus dem Helm des Böhmen. »Wenn’s ums Stechen geht, seid Ihr ja nur gut im Bett der Königin!«
    Der Burggraf brüllte vor Wut, wurde aber abgedrängt. Plötzlich sah sich Ezzo dem Böhmen gegenüber, der mit harten Schlägen auf ihn eindrang. Er focht erbittert zurück und hielt sich gut, gewann sogar an Raum. Und dann gelang ihm ein Schlag gegen Leipas Schulter, der den Gegner aus dem Gleichgewicht brachte. Der Böhme schwankte, und zu allem Überfluss tat sein Schimmel einen Sprung seitwärts. Leipa stürzte.
    Triumphierend hob Ezzo seinen Schild und stieß einen Siegesschrei aus. Im selben Augenblick erkannte er die tödliche Gefahr: Cenek von Leipa war mit dem Scharnier seines Helms am Steigbügel hängengeblieben. Und er trug zum Unglück einen Kopfschutz, der nicht am Harnisch festgemacht, sondern nur durch einen Halsriemen gehalten wurde – das war riskant, verlieh im Kampf aber größere Kopffreiheit. Nun galoppierte der führerlose Hengst davon, seinen hilflosen Reiter im Staub neben sich her schleppend. Ezzo war sofort klar, dass sich der Böhme entweder das Genick brechen oder vom Halsriemen erwürgt werden würde. Er gab seinem Pferd die Sporen und setzte mit erhobener Waffe nach. Der Grießwart, der das Turnier von einem Hochstand aus überwachte, erkannte die Situation und gab dem Posauner ein Zeichen. Doch noch bevor alle mitbekommen hatten, dass der Kampf abgeblasen war, war Ezzos Brauner mit dem Schimmel des Böhmen auf gleicher Höhe. Im gestreckten Galopp lehnte sich Ezzo so weit wie möglich im Sattel nach rechts und hieb mit einem gezielten Schlag den Steigbügelriemen durch. Der von Leipa blieb reglos am Boden liegen, während sein Hengst davonstob.

    Inzwischen hatten die Kämpfer den Buhurt abgebrochen und versammelten sich um den am Boden liegenden Ritter. Der Grießwart kniete sich hin, öffnete den Halsriemen und nahm dem Böhmen vorsichtig den Helm ab. Sein Gesicht war schon blau angelaufen, aber er lebte, sog hörbar und mit gierigen Zügen Luft in die Lungen. Mit Hilfe des Grießwarts setzte er sich auf und hob schwach einen Arm zum Zeichen, dass er unverletzt sei. Die Kämpfer brachen in Hochrufe aus, und von der Tribüne her erscholl erleichtertes Jubelgeschrei.
    Burggraf Friedrich von Nürnberg kam herbeigeritten, stieg ab und besprach sich mit dem Turnierkönig, der ebenfalls herangeeilt war. Dann trat der Graf von Cilli zu Ezzo hin, der schon seinem Wallach den Backenriemen lockerte. Es wurde still im Geviert.
    »Ezzo von Riedern«, hallte Cillis Stimme über den Blutanger, »Ihr habt eine Tat vollbracht, die Ehre und Hochachtung verdient. Einen Ritter vor einem unritterlichen, beschämenden und unwürdigen Tod zu bewahren, ist wahrlich lobenswert. Und wenn es sich dabei noch um den eigenen Gegner handelt, zeugt dies von edelster Gesinnung. Ihr habt gehandelt wie es eines Ritters und Edelmanns würdig ist, und dies scheint mir allerhöchsten Lohnes wert. Nehmt den Helm ab und kniet nieder!«
    Ezzo beugte überwältigt das Knie. Auch alle anderen Ritter taten es ihm nach. Es war ein feierlicher Augenblick, eine Erhebung gleich nach der Schlacht, wie es seit alter Zeit bei besonderer Tapferkeit Sitte war. Der Turnierkönig zog sein Schwert und trat vor Ezzo hin. Leicht berührte er mit der Spitze seiner Klinge erst die eine, dann die andere Schulter des jungen Kämpfers. Und dann sprach er die Worte, auf die Ezzo ein Leben lang gewartet hatte:
    »Nimm diesen Schlag und sonst keinen mehr!«

    Später, als er vor lauter Glückwünschen und Schulterklopfen kaum noch wußte, wie ihm geschah, trat Cenek von Leipa vor ihn hin, immer noch voller Staub und leicht hinkend.
    »Herr Ritter«, schnarrte der Böhme, ganz heiser vom Einschnüren seines Halses durch den Kehlriemen, »ich verdanke Euch mein Leben. Wenn Ihr je die Hilfe eines Kampfgenossen braucht, seid sicher, ich werde an Eurer Seite sein.«
    »Es war mir eine Ehre, Euch zu Diensten sein zu können«, antwortete Ezzo höflich. »Ihr hättet dasselbe für mich getan.«
    Der Böhme nickte anerkennend. Dann

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