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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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hinkte er etwas umständlich um Ezzos Braunen herum, klopfte ihm auf die Kruppe, strich ihm über die Hinterhand. Schließlich lächelte er und meinte mit einem kleinen Kopfschütteln. »Wie ich sehe, Herr Ritter, habt Ihr da ein recht einfaches Ross. Seid so gut und macht mir die Freude, es gegen meines zu tauschen.«
    Ezzo wusste, dass eine Ablehnung einer Beleidigung gleichgekommen wäre. Unter den anerkennenden Rufen der anderen Ritter bestieg er den herrlichen böhmischen Schimmel und trabte aus dem Geviert.
    Als er vor dem Marstall absattelte, traf auch die Turniergesellschaft wieder im Burghof ein, angeführt von der Königin und ihren Damen, die unter Gelächter und begleitet von fröhlicher Musik dem Eingang zum großen Saal zustrebten. Ezzo beugte das Knie, als Barbara von Cilli an ihm vorbeikam. Sie hielt inne und lächelte.
    »Ihr habt Uns heute Ehre gemacht, dafür nehmt Unseren Dank«, sagte sie laut und vernehmlich. »Was wäre ein Turnier ohne Ritter wie Euch?«
    Ezzo hob den Kopf und sah sie an. Nie war sie ihm schöner erschienen als in diesem Augenblick. Verzweifelt suchte er in seinem Kopf nach einer höfischen Erwiderung, aber ihm fiel vor lauter Glück nichts ein. Sie wandte sich ab und ging. Und dann, während die Damengesellschaft weiter an ihm vorbei zum Palas lief, trat eine der königlichen Kammerzofen zu ihm und sagte leise: »Heute nacht um Schlag zehn in der Marienkapelle. Und seid pünktlich.«
    Er schluckte und hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht, wenn es noch mit der frisch gewonnenen Ritterehre vereinbar gewesen wäre. Aber dann hörte er hinter sich eine weibliche Stimme raunen.
    »Nehmt Euch in Acht«, wisperte es, »sie spielt nur mit Euch.«
    Ezzo drehte sich um und sah, wie eine gedrungene, dickliche Gestalt davoneilte. Es war die Hässliche, die er einmal geküsst hatte. Er runzelte kurz die Stirn, beschloss dann aber, die Sache nicht ernst zu nehmen.

    Ezzo konnte es kaum erwarten. Den ganzen Abend über horchte er auf das Schlagen der Turmuhr, rutschte beim Bankett auf seinem Platz hin und her und war überhaupt nicht bei der Sache. Die Festgäste schoben seine Zerstreutheit, seine flüchtigen Antworten und sein Herumstochern im Essen darauf, dass er die frisch verliehene Ritterwürde noch gar nicht recht fassen konnte. Endlich war die Zeit gekommen, und er drückte sich unauffällig durch eine Seitentür der großen Hofstube.
    Die Kapelle lag in einem Seitentrakt des Palas, gleich bei den herrschaftlichen Wohngemächern, und er fand sie nach längerem Weg durch schlecht beleuchtete Gänge. Die kleine spitzbogige Pforte war geschlossen, er hob den Riegel hoch, schob die Tür knarzend auf und trat ein.
    Drinnen brannten zwei dicke gelbe Bienenwachskerzen auf dem Altar. In ihrem flackernden Licht konnte Ezzo an der Wand die wunderschöne Schnitzfigur einer Madonna mit Kind erkennen. Die Muttergottes schien ihm freundlich zuzunicken, als ob sie das nächtliche Treffen billigte und schirmte. Gerade wollte er näher an den Altar treten, als er hinter sich das Rascheln von Frauenkleidern hörte.
    Und da stand sie, das Gesicht goldglänzend vom Kerzenschein. Ein kleines Perlenhäubchen betonte die hoch ausrasierte Stirn mit den schönen Schwalbenschwingenbrauen, unter denen dunkel geschminkte Augen leuchteten. Barbaras schlanken Hals schmückte eine einfache Perlenkette, und darunter ließ das tief angesetzte modische Mieder beinahe ihre Brustspitzen sehen. Ezzo machte ein paar schnelle Schritte auf seine Königin zu und beugte das Knie.
    »Herr Ritter«, sagte sie leise. »Ihr habt heute unter meinem Zeichen gefochten.«
    »Euer Handschuh«, entgegnete er. »Seit ich ihn besitze, ist er mein kostbarstes Gut, Herrin.«
    Sie blickte auf ihn hinab. »Niemand wäre würdiger als Ihr, ihn ans Schild zu heften, Ezzo von Riedern. Sagt, habt Ihr ein Liebchen, das heute stolz auf Euch ist?«
    Ezzo schüttelte heftig den Kopf. Natürlich gab es Mägde und Zofen bei Hof, die den königlichen Einrossern gerne entgegenkamen, und er war kein Kostverächter. Aber nicht eine war ihm wichtig gewesen. Und so war seine Antwort ehrlich, als er mit leiser Stimme sagte: »Keine ist wie Ihr, Herrin.«
    Sie sah ihn stumm an, und er glaubte, Begehren in ihrem Blick zu erkennen. Dann begann sie langsam, mit der rechten Hand die Bänder aufzunesteln, die ihren linken Ärmel an der Schulter hielten, einen fast durchsichtigen, glatten Seidenstoff. Er glitt von ihrem Arm, und sie hielt ihn Ezzo hin.

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