Die Silberne Festung
soll. Ich habe den Auftrag, mit Ihnen zu sprechen, Ihnen zuzuhören und ihm Ihre Mitteilungen zu überbringen.«
Alientar zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen, aber ich bin trotzdem enttäuscht. Und weshalb muß dieses Treffen in Schottland stattfinden?
Mitten im Winter? Keine gute Wahl.«
»Entschuldigen Sie, Sir, aber dies ist der bei weitem sicherste Ort für unser Treffen. Ich möchte Ihnen davon abraten, sich allzu nahe an diese Royal Scots Dragoons heranzuwagen. In den vergangenen Monaten haben zu viele schottische Seeleute in der Royal Navy wegen der von Ihrem Vorgänger befohlenen Angriffe auf britische Geleitschiffe im Persischen Golf ihr Leben verloren.«
McDonough machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr.
»Wegen interner Auseinandersetzungen in Ihrer eigenen Revolutionsgarde sind Sie in Ihrem Teheraner Palast Ihres Lebens nicht mehr sicher.
Die Hälfte aller islamischen Nationen lehnen Sie ab oder fürchten sich davor, Ihnen freundlich zu begegnen, und die andere Hälfte wünscht Ihnen den Tod. Sogar Frankreich, wo Sie die letzten Wochen verbracht haben, ist dicht davor, Sie auszuweisen, weil Ihr Aufenthalt dort Terroranschläge provoziert hat. Nach Großbritannien haben Sie nur einreisen dürfen, weil mein Präsident sich persönlich für strikte Geheimhaltung verbürgt hat.
Insgesamt müssen wir froh sein, daß wir im Amtszimmer des Gouverneurs von Schottland statt in einer Hütte im südamerikanischen Urwald sitzen…«
»Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, ich sei der Diktator irgendeiner Bananenrepublik, der einen drittrangigen amerikanischen Bürokraten anbettelt. Ich bin der Präsident der Islamischen Republik Iran. Ich bin der politische und religiöse Führer von fünfzehn Millionen moslemischer Soldaten Allahs, die bereitwillig für ihn und mich sterben würden. Beleidigen Sie mich bitte nicht!«
McDonough zuckte mit den Schultern. Dieser Iraner war offenbar noch empfindlicher, als er erwartet hatte.
»Ich bitte wegen meiner Bemerkungen um Entschuldigung.«
»Diese Entschuldigung möchte ich vom Präsidenten selbst hören.«
»Das ist unmöglich, fürchte ich.«
» Weshalb unmöglich?«
McDonough seufzte. »Sir, in diesem Wahljahr wäre es für keinen amerikanischen Politiker ratsam, mit Ihnen gesehen zu werden. Allein unser Treffen ist schon riskant genug… Der Präsident hält es jedoch für dringend erforderlich, einen Dialog mit Ihnen zu beginnen. Und ich bin nun einmal von allen seinen Mitarbeitern am besten dazu qualifiziert, mit Ihnen über Ihre Situation zu reden.«
»Und Sie sind auch… wie soll ich sagen?… leichter dementierbar ? Ein Staatssekretär oder Minister wäre dem Kongreß Rechenschaft schuldig.
Ein untergeordneter Mitarbeiter aus irgendeinem Kellerbüro des Weißen Hauses läßt sich mühelos vor der Öffentlichkeit verstecken.«
McDonough mußte unwillkürlich lächeln. »Sie kennen sich in der amerikanischen Politik aus, Monsieur le President.«
Diese kleine Schmeichelei zeigte große Wirkung, denn sie half Alientar, das Gesicht zu wahren. »Bitte weiter, Mr. McDonough. Sie sind unverschämt, aber ich glaube, daß wir trotzdem ernsthaft miteinander reden können.«
Der Amerikaner nickte. »Nun, in diesem Fall geht’s lediglich um den Austausch von Informationen. Der Präsident möchte wissen, wie Sie die Lage im Iran beurteilen.«
»Mehr nicht?« Alientar ließ ein kurzes Lachen hören. »Vermutlich sind Sie darüber im Augenblick besser informiert als ich.« Er wandte sich ab und starrte aus einem der hohen Säulenfenster. »Viele haben den Ayatollah Khomeini für den wiederauferstandenen Christus gehalten«, fuhr er schließlich fort. »Die geächteten Sozialisten, die gelangweilten Studenten, die armen, hungernden moslemischen Fundamentalisten – sie alle wollten eine Neuauflage des Neuen Testaments mit Khomeini als Christus und dem Schah als Pontius Pilatus. Trotz der Geheimpolizei und der von beiden Parteien verübten Grausamkeiten ist der Iran zur Zeit des Schahs ein blühender Garten in der Wüste gewesen. Unter Khomeini sollte alles besser werden, und auch ich habe damals geglaubt, er werde den Iran als islamischen Staat zum Wohlstand führen. Aber er hat angefangen, die auf ihn gehaltenen Lobreden für bare Münze zu nehmen. Er hat alle bekämpft, die nach Meinung seiner geistlichen Ratgeber seinen Aufstieg hätten behindern können. Er hat Tausende von Beamten des Schahs hinrichten lassen – die einzigen Iraner, die etwas von
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