Die Silberne Festung
manövrierte sich über die Raumstation.
»Versuchen Sie’s mit der SBR-Antenne eins.«
Saint-Michael löschte die Fehlerliste und hatte eben den Code eingegeben, der die beschädigte Baugruppe ausschaltete, als eine ohrenbetäubende Detonation das Kommandomodul erzittern ließ.
»Feuer im Kiel!« meldete Schultz sofort. »Treffer in der HauptBrennstoffzelle!«
Die Brandwarnleuchten der noch funktionsfähigen Konsolen blinkten aufgeregt. Saint-Michael ignorierte sie. »Das SBR ist betriebsbereit, Ann.
Beeil dich, der Strom kann jeden Augenblick…»
Bevor er den Satz zu Ende bringen konnte, erlosch die Beleuchtung des Kommandomoduls flackernd. Die batteriebetriebene Notbeleuchtung schaltete sich automatisch ein, aber sie erhellte einen Leichnam. Silver Tower war wieder tot.
Raumflugzeug Elektron III
Litwjaks zweiter Raketentreffer erzielte endlich ein spektakuläres Ergebnis, das noch wirkungsvoller als die demolierte Radarantenne war. Nach dem Treffer in die Brennstoffzelle erzeugten von einem Funkenregen begleitete sekundäre Explosionen ein vielfarbiges Großfeuerwerk mit Dutzenden von Metern Durchmesser und krochen dann den Kiel entlang auf die Module zu. Die Explosionen hörten auf, bevor sie die doppelte Modulreihe in der Kielmitte erreichten, aber für Oberst Litwjak war das Endergebnis trotzdem befriedigend: Die wenigen zuvor noch sichtbaren Lichter in der Station waren erloschen. Dieser letzte Treffer hatte ihr endlich den Rest gegeben.
Obwohl die Station nicht mehr funktionierte, war sie noch keineswegs zerstört. Goworow hatte befohlen, die Station zu zerstören. Den Amerikanern war es bereits einmal gelungen, ein »Wrack« zu reaktivieren; sie würden es vielleicht auch ein zweites Mal schaffen. Litwjak ließ das Quadrat seines Laservisiers über die Raumstation gleiten und entschied sich zuletzt für das beste und auffälligste Ziel: Goworows nicht detonierte Bombe.
Litwjak stellte seine drei letzten Sichel-Raketen scharf und behielt die Bombe am Kiel der Raumstation im Visier. Er drückte auf den Feuerknopf. Die drei Lenkwaffen rasten auf das unbeirrbar erfaßte Ziel zu…
Im nächsten Augenblick wurden sie von dem starken Laserstrahl erfaßt, der nach Elektron III griff. Skybolt hatte die schwindenden Energiereserven der Raumstation nur eine Millisekunde lang für den Zündstrom des Lasers in Anspruch genommen; danach lieferte seine eigene Batterie den Strom für den Laserimpuls. Skybolts Strahl ließ die heranrasenden Sichel-Raketen verdampfen; drei Millionstelsekunden später traf der Laserstrahl das Raumflugzeug und verwandelte es mitsamt seinem Piloten in einige Milligramm kosmischen Staub.
***
Während Ann Page und Jason Saint-Michael sich hastig in ihre Raumanzüge zwängten, waren die ersten sowjetischen Cruise Missiles GLM-25 keine 100 Kilometer mehr vom Meer entfernt. Ohne entdeckt zu werden, hatten sie die westlichen Ausläufer des afghanischen Berglandes überflogen, waren in die Täler der Wüste Margow hinabgetaucht und hatten die Tschagalhügel entlang der iranisch-pakistanischen Grenze als Deckung benützt. Jetzt befanden sie sich im Südwesten Pakistans mitten im Makran-Gebirge – nur wenige Flugminuten vom Golf von Oman entfernt. Ihr durch Trägheitsnavigation überwachter Kurs war sorgfältig so festgelegt worden, daß die Marschflugkörper durch stark gegliedertes Gelände getarnt wurden und Städte und bekannte Überwachungsstationen ganz mieden.
Jede der 50 GLM-25 hatte für nur zwei Drittel der Gesamtstrecke drei Viertel ihres Treibstoffs verbraucht, aber vor ihnen lag das leichtere Drittel. Über dem Meer würden die Cruise Missiles in mehreren Stufen auf 6000 Meter steigen, wo ihre Staustrahltriebwerke wirtschaftlicher arbeiteten. In dieser Höhe würden sie bleiben, bis sie auf 500 Kilometer an das nördlichste Geleitschiff der Nimitz herangekommen waren, um dann allmählich auf 15 Meter über dem Meeresspiegel herabzugehen. Etwa 150 Kilometer von der letzten bekannten Position der Nimitz entfernt würde ihr Zielsuchradar sich automatisch einschalten…
Und die Vernichtung der amerikanischen Trägerkampfgruppe würde beginnen…
13
OKTOBER 1992
Armstrong-Raumstation
Ohne Strom war Silver Tower wenig mehr als ein die Erde umkreisendes 50 Milliarden Dollar teures Mausoleum. Jeglicher Luftaustausch war unterbrochen, und der Druck in den Modulen ließ sich wegen der zahlreichen Lecks nicht aufrechterhalten. Die elektronischen Kohlenmonoxidfilter funktionierten
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