Die Silberne Festung
Selbsttests erschien auf ihrem Bildschirm: Alle Systeme arbeiteten fehlerfrei.
Der Laser funktioniert! dachte Ann. Er funktioniert einwandfrei.
»Er funktioniert nicht!«
Chief Master Sergeant Jake Jefferson deutete auf seinen riesigen Bildschirm. Er hatte bereits alle georteten Ziele unterhalb einer gewissen Mindestgeschwindigkeit, alle Bodenechos und alle schon zuvor identifizierten Objekte ausgeblendet; trotzdem wimmelte es auf dem Bildschirm noch von Radarechos, die vom Überwachungscomputer jeweils mit einem Code versehen wurden. An den Rändern des rechteckigen Bildschirms wurden nähere Angaben zu ausgewählten Zielen eingeblendet. Sämtliche weniger als 100 Kilometer vom Orbit der Raumstation entfernten Objekte wurden eigens hervorgehoben. Jetzt deutete der Techniker auf das nächste dieser Ziele.
»Das ist sie, Skipper.« Saint-Michael schwebte zum Bildschirm hinüber und verankerte sich auf dem Klettboden.
Das Objekt war eine Agena III aus der kleinen Flotte unbemannter Transportraketen zur Versorgung der amerikanischen und der europäischen Raumstation. Diese Transportrakete war mit Sensoren und Meßgeräten vollgestopft, um erzielte Lasertreffer aufzeichnen zu können. Der Skybolt-Computer war bereits darauf programmiert, die Agena als »feindlich« zu betrachten. In den nächsten drei Stunden würde die Agena mehrmals eine Bahn beschreiben, die Ähnlichkeit mit der einer sowjetischen ICBM auf dem Flug zu einem Ziel in den Vereinigten Staaten hatte.
»Höhe?«
»Genau fünfhundert.« Jefferson deutete auf die Bahndaten des Objekts, die eben eingeblendet wurden. »Die Antwort müßte jeden Augenblick kommen…« Unter dem Bahndatenblock erschienen drei weitere Zeilen, die das neue Objekt als in Vandenburg gestartete Agena III des United States Space Commands identifizierten. Nach drei Sekunden verschwanden diese Angaben, weil der Computer alle identifizierten Objekte ausblendete.
»Zurückholen!« befahl Saint-Michael. Jefferson drückte eine Taste, brachte den Cursor in die Nähe des verschwundenen Radarechos und drückte auf einen Knopf. Das Radarecho und die Bahndaten der Agena erschienen wieder.
»Skybolt hat das Ziel noch nicht erfaßt?« fragte Saint-Michael.
»Negativ.«
»Vielleicht hat er’s unterdrückt.«
»Skybolt unterdrückt keine Ziele«, erinnerte Oberst Walker den General.
»Er soll alles erfassen und bewerten, was das SBR ortet. Wird ein Ziel als feindlich erkannt, soll er es bekämpfen.«
»Vielleicht ist Skybolt nicht darauf programmiert, die Agena für feindlich zu halten«, sagte Scan Kelly, einer der Techniker.
»Oder vielleicht funktioniert das verdammte Ding nicht«, meinte Saint-Michael. Jefferson nickte zustimmend und drückte auf den Sprechknopf seines Mikrofons.
»Skybolt, hier Zentrale…«
Saint-Michaels Hand packte ihn an der Schulter. »Nein, Jake. Wir wollen sehen, was Skybolt tut.«
»Zentrale, ich höre«, sagte Ann.
Jefferson sah zu Saint-Michael und dann zu Walker hinüber. Der Oberst zuckte wortlos mit den Schultern. »Hat sich erledigt«, sagte Jefferson und ließ den Sprechknopf los.
Die Männer beobachteten, wie das Radarecho der Agena über den Bildschirm wanderte. Das SBR-Gerät verfolgte dieses Ziel mühelos.
»Noch immer nichts?« fragte Saint-Michael.
»Nichts«, bestätigte Jefferson. »Ziel auf Kurs. Noch zwei Minuten bis zum Ende der Brennschlußphase…«
Plötzlich hallten drei gellend laute Huptöne als Warnsignal durch die Station; dann erklang eine blecherne Computerstimme: »Achtung, Achtung, feindliches Ziel erfaßt!«
»Ungefähr dreißig Sekunden zu spät, aber immerhin erfaßt«, stellte Walker fest.
»Skybolt sendet Warnung an Falcon, an das Space Command Headquarter, Sir«, meldete der Nachrichtenoffizier. Nach kurzer Pause fügte er hinzu: »Falcon bestätigt die Warnung.«
»Jetzt haben wir also eine Maschine, die für uns kämpft«, murmelte Saint-Michael. »Das verdammte Ding übernimmt sogar den Funkverkehr.«
»Achtung…« Wieder die Computerstimme. »Feindliches Ziel wird bekämpft.«
»Endlich hat er kapiert, worum es geht«, meinte Saint-Michael. »Ich bin gespannt, wie gut er reagiert.«
»Noch dreißig Sekunden bis zum Ausstoßen der Sprengköpfe«, meldete Jefferson.
Die Agena würde nicht wirklich Sprengköpfe ausstoßen, aber um Skybolts Wirksamkeit zu testen, simulierte ihre Flugbahn genau die einer feindlichen ICBM. Der Laser sollte die ICBM so früh wie möglich zerstören – entweder schon in
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