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Die silberne Göttin

Die silberne Göttin

Titel: Die silberne Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Rowell
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sich auf und nahm seinen Arm.
    Beherrschung.
    Ein hörbares Gemurmel erhob sich, nachdem Lord Rosley die Verlobung verkündet hatte und dann auf Ianthas und Robs Wohl anstieß. Es schwoll an, und Applaus ertönte, als den Gästen langsam die Bedeutung seiner Worte klar wurde. Man drängte sich um die beiden und beglückwünschte sie. Iantha kämpfte gegen das Bedürfnis an, vor ihnen zurückzuweichen. Sie zwang sich zu einem starren Lächeln und erwiderte die Glückwünsche, wie sie hoffte, mit angemessener Wärme. Welche Gedanken verbargen sich wohl hinter diesen freundlichen Mienen? Waren die Gäste schockiert? Missbilligten sie die Verlobung?
    Oder freuten sie sich für sie?
    Sie konnte die guten Wünsche aber auch für bare Münze nehmen. Bald würde sie Lady Duncan sein, ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft und nicht länger eine in Schande geratene junge Frau, die bei ihrer Familie lebte. Sie würde ihre Rolle gut spielen. Das hieß aber nicht, dass irgendjemand der Anwesenden je vergessen würde, was geschehen war.
    Sie selbst bestimmt nicht.
    Sie fühlte Panik in sich aufsteigen, als ihr klar wurde, dass alle jetzt erwarteten, dass Rob und sie den Tanz eröffneten.
    In den letzten sechs Jahren hatte sie nur dieses eine Mal im Gesinderaum getanzt. Die freundliche Aufnahme, die sie durch die Dienerschaft erfuhr, hatte es ihr leicht gemacht. Doch hier würde jeder auf sie schauen und daran denken.
    Und sich fragen, ob Lord Duncan wohl den Verstand verloren hatte.
    Sie legte die zitternde Hand in seine und blickte zu ihm auf. Er schien so glücklich zu sein, wie man es von einem Bräutigam erwartete. Iantha holte tief Luft und versuchte, sein Lächeln zu erwidern.
    Und Rob blinzelte ihr zu.
    Mit einem Mal schwand ihre Anspannung dahin, als wäre ein Damm gebrochen. Sie lachte ihn an, und Seine Lordschaft führte sie zur Tanzfläche. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, einen Gefährten zu haben, mit dem zusammen sie es mit der ganzen Welt aufnehmen konnte. Ihr wurde vor Erleichterung fast schwindlig.
    Von diesem Augenblick an verlief der Abend viel angenehmer. Iantha tanzte mit verschiedenen Partnern, mied einige andere und begann, sich zu amüsieren. Doch nach Stunden engen Beisammenseins mit so vielen Menschen fühlte sie das Bedürfnis, sich zurückzuziehen. Es würde keinen guten Eindruck machen, wenn sie zu lange verschwände, deshalb trat sie in eine Fensternische, die von einem Vorhang verdeckt wurde, und schaute in die Nacht hinaus. Wie Rob gesagt hatte, tobte draußen ein wütender Sturm. Es war ein angenehmes Gefühl, aus dem sicheren Schloss in das Schneegestöber hinaus zu schauen.
    Ihr Frieden wurde jäh durch ein raues, betrunkenes Lachen zerstört. Iantha erstarrte. Sie schloss die Augen und lag plötzlich wieder auf der gefrorenen Erde, wie betäubt vor Schmerzen, der Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren, die Tränen gefroren auf ihrem Gesicht. In jener Nacht hatte sie dieses Lachen gehört. Dieses Lachen, das klang wie Eselsgeschrei, gab es kein zweites Mal auf der Welt.
    Großer Gott! Stand einer ihrer Peiniger vielleicht nur wenige Schritte von ihr entfernt?
    Sie versuchte, sich zu bewegen, hinter dem Vorhang hervor zu spähen, um denjenigen zu entdecken, der da lachte.
    Sie konnte sich nicht rühren. Die Angst drohte, sie zu ersticken.
    Iantha wusste nicht, wie lange sie regungslos dastand. Endlich begann ihr Verstand wieder zu arbeiten. Sie musste nachschauen. Vielleicht konnte sie endlich einen der Angreifer erkennen. Entschlossen ihr Entsetzen bekämpfend, wagte sie einen vorsichtigen Blick durch den Vorhang. Doch alles, was sie sehen konnte, waren die vielen Tänzer und einzelne Gruppen von Gästen, die sich laut unterhielten.
    Wo war Rob? Sie musste es Rob erzählen! Iantha eilte aus ihrem Versteck und blickte sich wild um. Jemand sprach sie an, aber sie lief weiter. Wo war er? Wo war er?
    "Iantha!"
    Sie unterdrückte einen Aufschrei, als jemand sie am Arm packte.
    "Iantha, bleiben Sie stehen. Ich bins."
    Rob! Sie barg das Gesicht in den Händen und versuchte, ihre Fassung wiederzuerlangen. Nach einigen tiefen Atemzügen brach es aus ihr heraus. "Er ist hier!"
    "Wer?" Rob blickte suchend in die Runde.
    "Ich weiß es nicht. Ich hörte ihn lachen. Er lachte genau so, wie er es in der Nacht tat, als sie …" Die Stimme versagte ihr.
    Einige Gäste waren stehen geblieben, um zu lauschen. Ihr verwirrter Gesichtsausdruck änderte sich, als ihnen nach und nach klar wurde, was Iantha meinte.

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