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Die silberne Maske

Titel: Die silberne Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz , Stephanie Seidel
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hoffte dadurch, dass einer von ihnen eines Tages Kronnos würde Einhalt gebieten können.
    Mit den Jahren, als sich die Welten entwickelten, sank die Bedeutung der Ostkrieger, und ihre Zahl schwand dahin. Menschen und Elfen führten nun ihre eigenen Kriege und fürchteten die Ostkrieger nicht mehr, die wiederum nach den jahrtausendelangen Feldzügen des Kampfes müde geworden waren. Er langweilte sie. So zogen sie sich zurück und gerieten in Vergessenheit.
    Beinahe.
    Nach der Trennung der Welten, als vor tausend Jahren die Zeit in die Anderswelt eingebrochen war, starb der Priesterkönig Johannes, nachdem die Quelle der Unsterblichkeit versiegte. Sein Vertrauter, Sinenomen, der Vater der Schöpferin, übernahm die Macht und regierte grausam.
    Und so kam es, dass die wenigen verbliebenen Ostkrieger, die es noch gab, in diesem Reich einfielen, angezogen von der finsteren Aura des Urvampirs.
    Kronnos’ letzte Armee nahm sich Al-Magundh vor. Al-Magundh aber war waffenlos, also gab es keinen Widerstand. Das erzürnte Kronnos. Er gab den Befehl, hundert edle Männer auszuwählen und in die große Palasthalle zu treiben. Dann ließ er den Eingang blockieren und Feuer legen. Als die Flammen aufloderten, zogen die Ostkrieger johlend durch die Stadt.
    Sie erschlugen Kinder und Greise. Missbrauchten die Frauen, nagelten sie an die Türen ihrer eigenen Häuser und schnitten ihnen die Kehle durch. Kein Elf, kein Tier wurde geschont.
    Erst als niemand mehr da war, den sie hätten quälen können, kehrten sie zum Palast zurück. Welche Freveltat sie an den verkohlten Leichen der Männer begehen wollten, blieb ihr Geheimnis, denn als sie den von Rauchwolken verhüllten Platz erreichten, war der Palast verschwunden.«
    »Verschwunden? Was heißt das: verschwunden?«, fragte Zoe verblüfft.
    Yem kratzte sich hinter dem Ohr. »Na ja, es heißt weg. Nicht mehr da. In Luft aufgelöst.«
    »Ich weiß, was das Wort bedeutet, vielen Dank«, murrte Zoe. »Was ich meinte, war: Wohin ist der Palast verschwunden, und wie war das möglich?«
    » Wohin, weiß ich nicht, Gesandte. Niemand weiß das. Aber ich kann dir erzählen, wie es dazu kam: Das Feuer begann sich schon durch die Wände zu fressen. Giftiger Qualm kroch unter den Türen herein, drohte die Eingeschlossenen zu töten. Da wagte der Stadtkönig einen sehr riskanten, außergewöhnlichen Rettungsversuch.
    Zulaimon, so hieß der kleinwüchsige Elf, bot Samhain einen Handel an: Wenn er ihm Hilfe schickte, wollte er mit den hundert Männern eine Armee der Gerechten gründen und Kronnos’ Mörderbande das Handwerk legen.
    Samhain im fernen Annuyn antwortete nicht. Er wartete auf die Toten, die bald bei ihm eintreffen würden. Das Dach des Tempels brannte bereits; es knisterte im Gebälk, erste Teile ruckten aus der Verankerung. Die eingesperrten Elfen drohten zu ersticken.
    In höchster Not ergänzte Zulaimon sein Angebot durch einen heiligen Eid: Seine Hundertschaft würde nur für das Gute kämpfen; keine Vergeltung suchen, nicht nach Land oder Reichtum trachten. Und niemals - niemals! - würden die Hundert Gerechten ein unschuldiges Leben auslöschen.
    Da endlich kam die Rettung.
    Vielleicht war es Samhains Mitleid, vielleicht aber auch das eines anderen, dem Sinenomens Schreckensherrschaft, die durch Kronnos eine weitere Krönung erfuhr, ein Dorn im Auge war. Denn das Gleichgewicht war in Gefahr und musste erhalten werden.
    So wurden Götter geschickt, denn nur Götter konnten hier noch helfen.
    Der Gott der reifen Früchte schickte seinen wildesten Wind, um das Feuer hinunterzudrücken. Wie flatternde Fahnen umringte es den Palastgrund, bis die Sommerfrau nahte, um aus blitzdurchzuckten Wolken ein Unwetter abzulassen. Die Flammen ertranken darin, und dem Herrn der Weißen Winternächte blieb die Aufgabe, das erhitzte Mauerwerk zu kühlen. Als der Tempel in Eisnebel gehüllt allen Blicken entzogen war, nahmen die Götter ihn mit.«
    Yem klang schon ein wenig heiser. Er räusperte sich und griff nach dem Wasserbeutel, um seine Kehle zu benetzen. Man sah ihm an, dass er gern eine Pause gemacht hätte. Doch die Krieger ließen es nicht zu.
    »Ja, und dann?«
    »Und dann?«, scholl es drängelnd von allen Seiten. Ob sie die Geschichte glaubten oder nicht - den Schluss wollte keiner verpassen.
    Yem räusperte sich erneut.
    »Zulaimon hielt Wort. Kurz nach ihrer Rettung machten sich die Hundert Gerechten an die Verfolgung der Ostkrieger. Sie waren in der Unterzahl; eine offene Schlacht

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