Die silberne Maske
in Cuan Bé ...«
»Er ist dort. Und er ist hier. Durch Sandra. Er ist nicht stark genug, um hier zu wirken, aber der Augenblick wird kommen, genau wie im Vulkan auch. Seine Macht vervielfacht sich in immer größeren Sprüngen, genau wie einstmals die Reiskörner auf dem Schachbrett.«
»Die Potenzierung, von der Milt vorhin gesprochen hat. Ich kenne die Geschichte der Verdopplung von Feld zu Feld. Zwei, vier, acht, sechzehn ...«
»Dann verstehst du, worauf ich hinauswill.« Arun wies um sich. »Der Schattenlord hat es irgendwie geschafft, sich aufzuteilen und in verschiedenen Personen zu manifestieren. Sobald er an einer Stelle stark genug geworden ist, setzt er sein Werk anderswo fort. Schließlich wird er alle seine Teile miteinander verbinden ... und dann überall in Innistìr sein. Ohne Krieg und Kampf. Er hat dann die volle Kontrolle.«
»Oh Scheiße!«, stieß Finn hervor, und die Knie wurden ihm weich. »Das ... das kann nicht dein Ernst sein! So einfach geht das? Aber woher willst du das wissen?«
»Hatte hinreichend mit windigen Typen zu tun«, antwortete der Korsar. »Vergiss nicht, ich habe die Sieben Stürme gezähmt.«
»Es ... ist dir ernst?«
»In dieser Hinsicht würde ich niemals scherzen.«
»Dann solltest du dafür sorgen, dass keiner mehr Sandra zuhört. Sie ist ein Mensch, verdammt noch mal, fast noch ein Kind! Laura hat den Schattenlord ganz allein aus sich getrieben!«
Aruns Blick wurde düster. »Ich habe bereits alles Notwendige und Mögliche unternommen, wie du soeben mitbekommen hast. Aber ich hege für Sandra keine Hoffnung mehr.«
Das war einer der seltenen Momente, da Finn so richtig in Zorn geriet. An einem solchen Punkt angekommen, diskutierte er nicht mehr weiter. Er wandte sich ab und ging wortlos davon.
Ich gehe jetzt zu Veda, entschloss er sich. Ohne ihre Hilfe geht es nicht mehr weiter.
Er sah nach oben. Die Sonne schien, und es war klar und schön. Dennoch hatte Finn den Eindruck, dass es nicht so hell war wie sonst. Sondern dass sich der Himmel ... ja, verdunkelt hatte. Und ein kalter Schauer rann ihm den Rücken hinunter.
11
Hinter den
Barrikaden
V or dreizehn Tagen.
»Da!«, stieß der Faitache aus. »Da vorne! Siehst du ihn?«
Erregt wies er auf das nachtdunkle Blattwerk am Straßenrand. Eine einsame Gestalt huschte zwischen den Büschen in Richtung Stadt.
»Ich sehe ihn. Glaubst du, er ist es, Asad? Der Spuk ?«
»Er muss es sein! Niemand, der es fast bis zum Himmelstor geschafft hat, würde wieder umkehren. Und merkst du, wie leise er sich bewegt? Fast lautlos.«
»Rück zur Seite! Ich schieße ihn ab.«
»Ach Nethan! Es ist dunkel, und er nutzt die Sträucher als Deckung, wie willst du ihn denn treffen? Los, hinterher!«
Geduckt kamen die beiden Krieger aus ihrem Versteck. Sie vergeudeten keine Zeit mit zwecklosen Befehlen wie »Halt! Stehen bleiben!« und versuchten gar nicht erst, leise zu sein - Faitachenstiefel hatten genagelte Sohlen, was der Haltbarkeit diente, nicht dem Anschleichen. Es klang wie Pferdetrappeln, als die Männer losrannten.
»Der Kerl ist verdammt schnell, Asad!«
»Und wir müssen schneller sein! Also red nicht, lauf! Denk an die Belohnung!«
»Und wenn er wirklich ein Spuk ist? Ich meine, ein echter Spuk?«
»Dann müssen wir ihn eben bannen.«
»Der ist bestimmt von allen möglichen Schutzzaubern umgeben, einschließlich der Täuschung.«
Asad antwortete nicht, konzentrierte sich ganz auf die fliehende Gestalt. Was da in der Dunkelheit zu entkommen versuchte, wirkte nicht wie ein Gespenst, sondern höchst greifbar und lebendig. Er war schlank und wendig, doch das musste nichts besagen. Unter dieser Fassade konnte ein um mindestens einen Kopf größerer Muskelberg stecken, der sich im geeigneten Moment zurückverwandelte und ihnen die Schädel einschlug.
Und dennoch ging etwas Unheimliches aus von diesem Spuk mit seinen katzenhaften Bewegungen und der leisen, fast gewichtslosen Art zu laufen.
Niemand kannte seine Identität oder wusste, wo er herkam. Er war urplötzlich aufgetaucht, nachdem die Kämpfe ausbrachen. Stand einfach da - hinter den Barrikaden - und verschwand gleich wieder. Ohne Spur.
Er hatte kein Wort gesprochen, niemanden angegriffen, weder die Rebellen noch die Anhänger der Priesterschaft. Trotzdem waren alle gleichermaßen erschrocken über die stille, schwarz gekleidete Erscheinung. Es konnte sich um eine verkleidete Furie handeln, die auf einen Fehler wartete, um mit vernichtender Macht
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