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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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und verhärmt aussah. David machte eine wegwerfende Handbewegung. «Nun, die Zeiten sind schlecht. Nur die wenigsten bieten einem wandernden Gesellen ein Nachtlager und eine Schüssel warme Grütze an.»
    Eva warf einen Blick auf die Papierbögen von schlechter Qualität, die er unter dem Arm geklemmt hielt.
    «Zeichnet Ihr wieder?», fragte sie.
    Der Silberschmied nickte. «Von irgendetwas muss der Mensch ja leben. Aber die Leipziger sind Banausen. Sie geben ihr Geld für Tand und Putz aus, anstatt sich zeigen zu lassen, wie sie wirklich sind.»
    «Woher wollt Ihr wissen, wie sie wirklich sind? Ist es nicht ein wenig anmaßend, zu glauben, Ihr wüsstet es bei der ersten Begegnung?»
    «Mag sein, dass es dreist wirkt. Aber das ist es nicht. Die Menschen verraten sich durch die Augen. Sie sind der Spiegel der Seele.»
    Eva erinnerte sich an die Momente vor dem Spiegel, als sie in ihren Augen eine ganz andere Eva entdeckt hatte. Vielleicht hatte dieser seltsame Geselle ja Recht. Aber was machte er hier auf dem Markt?
    «Warum sucht Ihr Euch keine Anstellung in einer Werkstatt?», fragte sie und betrachtete die abgerissene Kleidung und das hagere Gesicht.
    Sofort versteifte sich David. Sein Gesicht wurde ausdruckslos, nur in den Augen glomm es. «Ich bin niemandes Knecht und niemandes Herr. Ihr aber, Eva Silberschmiedin, seid die Magd Eures Standes und Eurer Dünkelhaftigkeit.»
    «Niemand wird als Knecht oder Herr, als Magd oder Herrin geboren. Habt Ihr nicht selbst gesagt, der Mensch sei fähig, sich seinen Platz zu suchen? Nun, wie ich sehe, habt Ihr Euch einen am Rande des Marktes gesucht. Nicht weit von den Abfällen entfernt.»
    Beleidigt raffte Eva ihr Kleid ein Stück in die Höhe und ging an David vorbei. Er griff nach ihrem Arm und raunte ihr ins Ohr: «Ihr seid ein Tier, Eva Silberschmiedin. Ihr wisst es noch nicht, aber ich habe es gesehen. Und Ihr werdet es eines Tages auch entdecken.»

Kapitel 5
    «Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht», jammerte Meister Faber. Er stand an der großen Arbeitsplatte in der Mitte der Werkstatt und klopfte seine Lederschürze vorsichtig ab, sodass kein Stäubchen Gold oder Silber verloren ging.
    «Seit die Silbervorkommen im Erzgebirge entdeckt worden sind, ist in dieser Stadt die Hölle los. Es scheint, als wollten sämtliche Frauen ihren Hausstand neu gründen. Silbernes Geschirr und Bestecke, Leuchter, Kannen und Kelche, goldenen Schmuck und versilberte Pokale wollen sie haben. Und die Kirchen scheinen ebenfalls im Silberrausch zu sein: Tafelaufsätze, Kruzifixe, Monstranzen und Taufbecken sind plötzlich so begehrt wie warmes Brot.»
    Er verschwieg, dass er die meiste Zeit mit Nachbesserungen verbrachte. Die Werkstatt bekam Aufträge, weil Mattstedts Name in der Besitzurkunde stand. Doch das Wichtigste fehlte ihr; das, was bloßes Handwerk von Kunst unterschied. Sämtliche Waren waren gut gearbeitet, doch es haftete ihnen nichts Besonderes an. Die gefertigten Kannen und Kelche hätten ebenso gut aus jeder anderen Werkstatt stammen können. Ja, das war es: die Beliebigkeit. Für einen Kannengießer war Beliebigkeit das tägliche Brot, für eine Silberschmiedewerkstatt der Untergang, sobald es genügend andere in der Stadt gab, die es verstanden, aus einem Kelch eine Kostbarkeit zu machen. Die Zunft wartete nur darauf, Evas Konkurrenten bei der Auftragsvergabe zu bevorzugen.
    Eva hielt einen Tontiegel über ein sehr heißes Feuer aus Buchenholzscheiten und schmolz darin Silber. Sie musste gut aufpassen, um den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen.
    «Hmm», murmelte sie deshalb bloß, zog den Tiegel vorsichtig vom Feuer und goss das geschmolzene Metall zu kleinen Kugeln, die sie für die Verzierung eines Pokals brauchte.
    Dieser Pokal beschäftigte sie schon seit einigen Tagen. Zuerst hatte sie eine Skizze nach den Wünschen der Patrizierin Hummelshain angefertigt. Sie hatte sogar mit ihr das Musterbuch durchgesehen, in das Eva auch viele Ornamente aus ihrer Florentiner Zeit aufgenommen hatte. Ranken im griechischen Stil, Kränze aus Lorbeerlaub und Rautenmuster italienischer Machart waren darin zu sehen. Die Hummelshainerin hatte sich schließlich für den Lorbeer entschieden, aber gleichzeitig gefordert, dass Edelsteine gut sichtbar auf dem Pokal prangen müssten. Schließlich sollte jeder, der ins Haus kam, auf den ersten Blick sehen, dass dem Handelsherrn Hummelshain ein beträchtlicher Teil einer Silbermine gehörte.
    Danach hatte Eva Gewicht und Wandung

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